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Jugendgruppen

Die 1920er Jahre waren ein Jahrzehnt aufstrebender Jugendgruppen und von deren Organisationen. Ob konfessionell, politisch oder bündisch orientierte Gruppen: sie nahmen erheblich an Größe zu, gewannen deutlich an Selbstvertrauen und traten mit Beginn der 1930er Jahre zunehmend formiert und uniformiert auf. Nach 1933 beanspruchte dann die Hitlerjugend den Alleinvertretungsanspruch für den Jugendbereich, während alle anderen Gruppierungen nach und nach verboten wurden. Das rief schließlich – und besonders im Krieg - die Gruppen unangepasster Jugendlicher auf den Plan.

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„Wir bauen für den Führer, wir formen seine Gedanken in Holz und Stein“ – Die Heime der HJ

Die Versorgung der HJ-Einheiten mit passenden Heimen blieb während der gesamten NS-Zeit ein beständiges Problem. Nur ein Bruchteil der Einheiten verfügte über eine eigene Unterkunft, alle übrigen mussten auf Schulen, Kellerräume oder Gastwirtschaften ausweichen. Dadurch kam es nicht nur zu Konflikten mit anderen Nutzern der Räume, auch die Gestaltung der Heimabende litt darunter. So forderte die RJF die Kommunen zwar wiederholt zum Bau neuer Heime auf, doch wurden entsprechende Vorhaben nur in den seltensten Fällen umgesetzt.

Vor 1933 besaß die HJ keine eigenen Heime. Sie war darauf angewiesen, dass sie von Privatpersonen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt bekam, die sie sich für ihre Zwecke herrichten durften. Häufig wurde auch in Gastwirtschaften getagt, was allerdings voraussetzte, dass die Betreiber der Lokale mit dem Nationalsozialismus sympathisierten.

Nach der Machtübernahme und dem Verbot konkurrierender Jugendverbände übernahm die HJ zahlreiche Heime und Räume der aufgelösten Gruppen. Dies reichte allerdings bei weitem nicht aus, um eine Organisation, die innerhalb weniger Monate auf mehrere Millionen Mitglieder gestiegen war, mit Räumlichkeiten zu versorgen. Daher blieb es vor allem der Initiative der einzelnen Einheiten überlassen, sich um Räume zu kümmern.

Zumeist wurden jedoch lediglich Schulräume zur Verfügung gestellt. Die Hausmeister und Leiter der Schulen waren davon vielfach wenig begeistert, weil die Jugendlichen die Räume nicht immer sauber und aufgeräumt hinterließen. Auch aus Sicht der HJ galt die Nutzung von Klassenräumen nicht als ideal, weil ihnen das Spezifische eines HJ-Heims fehlte, da die Jugendlichen die Räume nicht einfach nach ihren Vorstellungen herrichten konnten.

Um den Heimbau zu forcieren, wurde das Jahr 1937 zum „Jahr der Heimbeschaffung" deklariert und die Kommunen durch den Reichsinnenminister zum Bau von HJ-Heimen aufgefordert. Anfang 1939 wurde dies durch das „Gesetz zur Förderung der Hitler-Jugend-Heimbeschaffung" noch einmal bekräftigt und festgelegt, dass die Gemeinden für die Errichtung und den Unterhalt der Heime zuständig waren. Partei und Staat mussten sich lediglich „nach Maßgabe der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel" beteiligen.[1]

Zur Ausarbeitung der Gestaltungsgrundlagen für die neuen Heime wurde in der RJF ein Heimbeschaffungsausschuss eingerichtet, der die Pläne und Modelle für Neubauten begutachtete und Weisung für ein „landschaftsgebundenes Bauen" gab. „Deutsch sein, heißt klar sein!", wurde dabei nach einem Zitat aus einer Reichsparteitagsrede Hitlers als architektonisches Leitmotiv vorgegeben. Wiederholt wurden geplante Bauten mit Hitler besprochen, seine ästhetischen Vorstellungen gaben den Maßstab. Baldur von Schirach fasste dies bei einer Rede 1938 pathetisch in die Worte: „Wir bauen für den Führer, wir formen seine Gedanken in Holz und Stein. Jedes Haus sein Denkmal!"[2]

So sollte den neuen Heimen auch nach Schirachs Vorstellung eine „erzieherische Bedeutung" zukommen, sie sollten ein neues „Stilgefühl" prägen, das durch Klarheit, Schlichtheit und „Materialechtheit" gekennzeichnet war, und gleichzeitig die Jugendlichen „erheben und begeistern" sollte.[3]

Heime, die diesen Anforderungen genügten, entstanden allerdings bezogen auf die Gesamtzahl der Einheiten nur sehr wenige - bis 1943 waren es nicht mehr als 1.071. Daneben gab es rund 40.000 Unterkünfte, „die nicht in jeder Weise befriedigen"[4]. Heime in genügender Anzahl standen also zu keinem Zeitpunkt zur Verfügung.

Während des Krieges wurden überdies viele der Räumlichkeiten, die von der HJ genutzt wurden, durch kriegswichtige Nutzungen belegt oder im Bombenkrieg zerstört, so dass der allgemeine HJ-Dienst dort nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr durchgeführt werden konnte.

Fußnoten

[1] Vgl. Hitler-Jugend 1933-43, in: Das junge Deutschland, Nr. 1., 1943,  30
[2] Schirach, Revolution der Erziehung, S. 96
[3] Vgl. Schirach, Revolution der Erziehung, S. 86f.
[4] Vgl. Hitler-Jugend 1933-43, in: Das junge Deutschland, Nr. 1., 1943,  S. 30