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Jugend! Deutschland 1918-1945
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Walter Jonathal

geb. in Essen 1927

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„Stenze“ und „Swing-Jugend“
Unangepasste Jugend

Swing-Musik: „Wir hielten von allem anderen nichts, wir wollten unser Leben führen.“

Obwohl ihn einzelne Aspekte der Hitler-Jugend - wie etwa die Angebote der Motor-HJ - durchaus ansprechen, steht Walter dem militärischen Drill und der strikt hierarchischen Ausrichtung der HJ weiterhin ablehnend gegenüber: „Sie konnten ihrer Neigung nachgehen und das haben Sie natürlich mitgenommen: Klar, wenn Sie so etwas geboten kriegen! Wenn es um den normalen Dienst oder die Ideologie geht, war das wieder etwas anderes."

Abseits der HJ sucht Walter in einer Gruppe gleichgesinnter Jugendlicher ein freieres Leben. Sie treffen sich regelmäßig am Essener Nordbahnhof oder besuchen gemeinsam die Kirmes - vor allem wegen der Musik: „Das war das Wichtigste". Die Jugendlichen sind fasziniert von der im NS-Deutschland als „entartet" verbotenen amerikanischen „Swing-Musik". Auch im Auftreten und der Kleidung orientieren sie sich am offiziell verpönten „american way of life": „Der große Mann von Welt mit Zigarette und so." Doch „der große Mann", so erzählt Walter Jonathal heute im Rückblick, sei eigentlich noch ein Kind gewesen; Liebschaften und Kontakt zu Mädchen gibt es nicht: „Das war zu der Zeit Nebensache. Wir waren mit uns beschäftigt - nicht mit Mädchen."

Die Gruppe besteht aus sieben bis acht Jugendlichen, die sich regelmäßig treffen. Ihre Herkunft aus der Essener Innenstadt schweißt sie zusammen: „Alles was in der Innenstadt war, war anders; mit Holsterhausen oder Bredeney überhaupt nicht zu vergleichen. Auch dieser Zusammenhalt in der Innenstadt - man kannte sich und stand für einander ein."

Zum Musikhören treffen sich die Jugendlichen heimlich in ihren Elternhäusern. Oder sie ziehen mit einem transportablen Grammophon an abgelegene Plätze: „Da wurden dann schon mal Platten aufgelegt." Hier singen sie auch Lieder der „Edelweißpiraten" wie „Jenseits des Tales" - aus Angst, festgenommen zu werden, allerdings immer im kleinen Kreis. Auseinandersetzungen mit der Hitler-Jugend geht die Gruppe wenn eben möglich aus dem Weg. „Wir waren keine Widerstandskämpfer! Da war gar nicht dran zu denken. Allerdings haben wir uns mit denen gerieben."