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Walter Erker

geb. in Köln 1924

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Walter Erker (1924)

Walter Erker wird am 25. Dezember 1924 als zweites von drei Kindern in Köln geboren. Die Eltern, beide Kölner, sind gemäßigte Katholiken und im kleinbürgerlich handwerklichem Milieu verwurzelt. Zu Hause wird die sozialdemokratisch orientierte „Rheinische Zeitung“ gelesen. Bedingt durch seine Erfahrungen im 1. Weltkrieg hat der Vater auf den Krieg einen nüchternen bis ablehnenden Blick. Abgesehen davon wird Politik im Hause Erker aber wenig thematisiert.

Anfang der 1930er Jahre kommt es infolge der Weltwirtschaftskrise zu einem ersten Bruch in Walters Leben. Der Vater verliert seine Arbeit, so dass die Familie genötigt ist, ihre Wohnung in Kalk aufzugeben und nach Köln Höhenhaus umzuziehen. Die schwere wirtschaftliche Lage der Familie erinnert Walter Erker rückblickend aber nicht als besonders bedrohend. Auch die Machtübernahme stellt in seiner kindlichen Sicht keinen auffälligen Bruch dar. Erst seit 1936 nimmt er Veränderungen in der Schule und den Vereinen war. Einige der damaligen Neuregelungen betrachtet er aus heutiger Sicht als Zwangsmaßnahmen. Damals aber fügt sich Walter ohne erkennbare Probleme in die Diktatur ein und nimmt die Angebote des nationalsozialistischen Regimes gerne wahr. Nach der Volksschule nimmt er am Landjahr teil, wobei Walter Erker diese Zeit auch rückblickend noch als besonders prägend und diese Erfahrung zu den schönsten Erlebnissen seiner Jugend zählt. Den Kriegsausbruch, den er während des Landjahres erlebt, empfindet er hingegen als bedrückend und beängstigend.

Im Anschluss an das Landjahr beginnt Walter eine Lehre zum Maschinenschlosser und tritt gleichzeitig er in die Flieger-HJ ein, was neben dem Landjahr zur herausragenden Erfahrung seiner Jugend wird. Die Flieger-HJ bietet ihm Abwechslung und die Möglichkeit, das eigene Interesse zu verfolgen. Da das Interesse am Modellbau und am Fliegen groß ist, nimmt Walter gerne und regelmäßig am Dienst teil. Bald wird er Scharführer und meldet sich zur Flugschule, die er zum Ende seiner HJ-Zeit im Dezember 1942 mit dem Segelflugzeugführerschein verlässt. Durch die Fliegerschule fühlt sich Walter besonders ausgezeichnet und hat das Gefühl, etwas Besonderes geleistet und erreicht zu haben.

Als sein Bruder im Oktober 1942 in Russland ums Leben kommt, stellt das für Walter und seine Familie ein tragisches Ereignis dar, das laut seiner rückblickenden Betrachtung zur inneren Distanzierung vom NS-Regime führt.

Nach Abschluss der Ausbildung wird Walter zur Luftwaffe einberufen. Aufgrund der langwierigen Ausbildung zum Flugzeugführer und einen dabei erlittenen Unfall bleibt er vom Kriegseinsatz verschont. Dem Unfall folgen die Einweisung ins Lazarett und schließlich die Kriegsgefangenschaft.

Rückblickend beschreibt Walter Erker sein Entsetzen über die nach Kriegsende aufgedeckten NS-Verbrechen. Das meiste, so skizziert er seinen damaligen Wissenstand, sei an ihm ohne eigentliches Wissen vorübergegangen, wobei er aber zugleich einräumt, dass man jedoch manches geahnt habe. Noch heute fühlt er sich daher während seiner Jugendzeit missbraucht und ausgenutzt.

Die hier präsentierte Lebensgeschichte basiert auf einem am 22. Oktober 2015 geführten Videointerview sowie auf Aufzeichnungen, die Walter Erker bereits zuvor zu Papier gebracht hatte.

 

zuletzt bearbeitet am: 05.09.2016