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Paul Verbeek

geb. in Köln 1925

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Paul Verbeek (1925)

Paul Verbeek wird am 1. Juni 1925 in eine tief im rheinischen Katholizismus verwurzelten Familie hineingeboren und wächst mit drei älteren Geschwistern sehr behütet in Weiden am Stadtrand von Köln auf. Die Familie einschließlich Tante Anna, das elterliche Haus und der große Garten mit Gemüse, Obstbäumen und verschiedenen Haustieren bilden das Universum seiner Kindheit.

Mit dem festen Gehalt des Vaters, einem verbeamteten Studienrat, später Baurat, und den Erträgen aus dem Gemüse- und Obstgarten ist für die Familie ein bescheidener Lebensstil gesichert und daher leidet sie auch während der Weltwirtschaftskrise keine Not. Die Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 wird bei den Verbeeks mit großer Bedrückung aufgenommen, denn deren Ideologie und schreierische Propaganda sind den Erwachsenen, die als Katholiken Zentrum wählen, zuwider und lassen sie die Kriegsgefahr vorausahnen. Schon aus religiösen Gründen käme für den Vater nie eine Mitgliedschaft in irgendeiner NS-Organisation in Frage, seine Kinder werden sich dem aber nicht entziehen können.

Nach dem Besuch der Volksschule in Weiden wechselt Paul Ostern 1935 auf das traditionsreiche, katholische Dreikönigsgymnasium in Köln, wo die Leitung und die meisten Lehrer mit abnehmendem Erfolg versuchen, die Schule gegen Eingriffe der NS-Schulpolitik abzuschirmen. Doch sind in Paul Verbeeks Klasse fast alle in der HJ, einihe auch in Führungspositionen.

Auch Paul ist erst beim Jungvolk, dann bei der HJ angemeldet und geht bei der Flieger-HJ seiner Begeisterung fürs Segelfliegen nach. Im Herbst 1941 lässt er sich von der HJ als Lagermannschaftsführer für eine Kinderlandverschickung im schlesischen Riesengebirge anwerben, wird aber nach einigen Wochen abgesetzt und zurückgeschickt, weil er nicht davon ablassen will, jeden Sonntag mit der Lagermannschaft in die Kirche zu gehen. An Heimabende oder politische Schulungen kann er sich nicht erinnern, denn in Weiden ist die HJ ab 1934 eingeschlafen und praktisch nicht existent. Das führt so weit, dass sie ihre Luftschutzaufgaben im Krieg nicht erfüllen kann. Deshalb muss sie Ende 1942 an die katholische Pfarrjugend in Weiden, wo Paul sehr aktiv ist, herantreten und um Übernahme dieser verantwortungsvollen Aufgabe bittent.

Ostern 1943 legt er sein Abitur ab und meldet sich als Freiwilliger bei der Luftwaffe mit dem Hinweis, dass er Meteorologie studieren wolle. Er hofft, durch dieses Manöver beim Reichswetterdienst hinter der Front eingesetzt zu werden. „Kriegsfreiwilliger“ ist für ihn die erste Station seiner „Karriere“ als Jugendlicher unter Kriegsbedingungen und Zwängen des NS-Systems, die ihn auch zum NSDAP-Mitglied, später KZ-Aufseher und schließlich Deserteur werden lassen.

Nach einem Semester Studium wird er Ende Dezember 1943 eingezogen und im besetzten Frankreich in Lothringen, dann Südfrankreich, Burgund und im Elsass eingesetzt. Im Dezember 1944 wird der Neunzehnjährige in das Inferno der Schlacht im Hürtgenwald in der Nordeifel geschickt und entgeht dem Tod in mehreren Situationen nur mit sehr viel Glück. Das Kriegsende kommt für ihn bei einem Heimurlaub bei den evakuierten Eltern schon im April mit dem Einmarsch der Amerikaner, die ihn aber sofort gefangen nehmen.

Aus dem Rheinwiesenlager bei Remagen gelingt ihm die Flucht in ein anderes in Belgien mit etwas besseren Überlebensbedingungen. Dort werden ihm die überlegenen Werte der Demokratie erlebbar, als sich nach einem Inspektionsbesuch von US-amerikanischen Parlamentariern Ernährung und Behandlung im Lager schlagartig bessern. Bald wird Paul Verbeek die Leitung der Milchbar übertragen.

Im Dezember 1946 wird er endlich freigelassen, beginnt in Köln ein Jura-Studium und wird nach seinem Zweiten Staatsexamen 1955 zunächst beisitzender Richter. Zwei Jahre später schlägt er die Diplomatenlaufbahn ein und erlebt entscheidende Jahre der deutsch-französischen Versöhnung an der deutschen Botschaft in Paris. 1965 wird er als Fellow nach Harvard in den USA eingeladen, anschließend in der Bundeshauptstadt Bonn in verschiedenen Referaten des Auswärtigen Amtes und des Bundeskanzleramtes eingesetzt. 1973 wird er als Botschafter an die Elfenbeinküste, später nach Argentinien und schließlich zum Heiligen Stuhl in Rom entsandt. Seit 1990 lebt Paul Verbeek im Ruhestand in der Nähe von Bonn.

 

zuletzt bearbeitet am: 03.09.2016