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Wilma Mützel

geb. in Göttingen 1924

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Wilma Mützel (1924)

Wilma Mützel, geboren am 19. Oktober 1924, wächst in bürgerlich-geordneten Verhältnissen in Göttingen auf. Im Jahr 1933 wird sie Jungmädel. Es sind zunächst primär die vielfältigen Freizeitangebote, das Gemeinschaftserlebnis und die Uniformierung der NS-Jugendorganisationen, die das Mädchen anziehen.

1939 beendet sie die Volksschule. Trotz eines sehr guten Zeugnisses kann sie aus finanziellen Gründen keine weiterführende Schule besuchen. Dennoch hat sie die Hoffnung, einmal Lehrerin zu werden.

Um sich diesen beruflichen Traum trotz fehlenden Abiturs zu erfüllen, scheint das Landjahr eine Perspektive zu bieten. Sechs Monate ist Wilma auf Burg Dattenberg am Rhein und wird dort ideologisch geschult.

Der Beginn des Zweiten Weltkriegs macht ihre Pläne jedoch zunichte. Aus Angst vor möglichen Kriegshandlungen holen die Eltern Wilma vorzeitig zurück nach Göttingen. Hier beginnt sie 1940 durch Vermittlung ihres Schwagers eine Ausbildung zur Technischen Zeichnerin an der Aerodynamischen Versuchsanstalt.

Gleichzeitig engagiert sie sich im BDM. Durch ihre Ausbildung im Landjahr traut man ihr von Anfang an Führungsämter zu. Schnell macht sie Karriere und steigt von der Schaftführerin bis zur Ringführerin auf. Als solche ist sie für ein großes Einzugsgebiet rund um Göttingen zuständig und muss mit dem Fahrrad oft stundenlang zu den einzelnen Einheiten in den Dörfern fahren.

1943 nimmt sie am „Osteinsatz“ des BDM teil und betreut russlanddeutsche Umsiedler, die man in Bauernhöfen untergebracht hat, aus denen zuvor die polnischen Bewohner vertrieben worden sind. Bei einem Besuch in Lodz sieht sie erstmals jüdische Deportierte und bekommt eine Ahnung vom Unrecht des NS-Staates.

Vom direkten Kriegsgeschehen bleibt Wilma ansonsten weitgehend verschont, da Göttingen nicht zum Ziel von Bombenangriffen wird. Durch den Tod ihres Verlobten im März 1945 rückt der Krieg dennoch nah an sie heran.

Distanz zum NS-Staat kann Wilma erst nach dem Krieg aufbauen. Dabei helfen ihr Gespräche mit Freunden und vor allem die Beschäftigung mit der bis dahin „verfemten“ modernen Kunst und Literatur. Sie blickt nun nach vorne und sucht sich vor allem beruflich weiter zu qualifizieren. Dafür geht sie nach Düsseldorf, wo sie als Sekretärin arbeitet und gleichzeitig eine Ausbildung an der Werbefachschule in Köln macht. Anschließend arbeitet sie sich bis zur Werbeleiterin in einem großen schwedischen Büromaschinenkonzern hoch.

Die NS-Zeit hat Wilma Mützel nicht als prägend für ihr Leben in Erinnerung, auch wenn der BDM ihre Jugendjahre vielfältig geformt hat und ihr zeitweise die Hoffnung gab, gesellschaftlich und beruflich aufzusteigen.

Das Interview mit Wilma Mützel wurde im März 2013 geführt.

 

zuletzt bearbeitet am: 11.11.2016