Wartheland

Von 1940 bis 1945 war ein Teil des besetzten Polens unter dem Namen Wartheland dem nationalsozialistischen Deutschland als Reichsgau eingegliedert und wurde mit rigorosesten Mitteln „germanisiert“.

Nachdem die deutsche Wehrmacht Polen im September 1939 überfallen und besetzt hatte, wurden dessen westliche Territorien völkerrechtswidrig annektiert und dem Deutschen Reich eingegliedert (aus den südöstlichen wurde das „Generalgouvernement“ gebildet). In dem Gebiet, das von der Warthe (polnisch Warta) durchflossen wird, bevor sie in die Oder mündet, wurde der Reichsgau Posen errichtet und ab Januar 1940 umbenannt in Reichsgau Wartheland. Er war sowohl hinsichtlich seiner Fläche als auch der Bevölkerungszahl mit rund 45.000 Quadratkilometern und 4,2 Millionen Menschen der zweitgrößte aller Reichsgaue. Von den Einwohnern waren 85% Polen, 7% Deutsche und 8% Juden.

Unter dem gnadenlosen Regiment des Gauleiters Arthur Greiser wurde in Zusammenarbeit mit dem Leiter des Reichssicherheitshauptamts und „Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums“ Heinrich Himmler sogleich damit begonnen, die nationalsozialistische „Lebensraum“-Politik umzusetzen. Ziel war, dass innerhalb von zehn Jahren in den Eingegliederten polnischen Gebieten ausschließlich Deutsche siedeln sollten.

Zunächst wurden bereits im Herbst 1939 viele Tausend Polen der Führungsschicht, vom Politiker oder Professor bis zum Geistlichen, ermordet. Für Hunderttausende ihrer Landsleute begannen Vertreibung und Deportation ins Generalgouvernement; wer noch bleiben konnte, wurde völlig entrechtet. Polnische Bauern wurden unter Gewaltandrohung von ihren Höfen gejagt, um Platz zu schaffen für sogenannte Volksdeutsche, die unter oft chaotischen Umständen aus dem Baltikum, dem sowjetischen Ostpolen, aus Bessarabien, der Bukowina, Rumänien und dem Generalgouvernement umgesiedelt wurden.

Nach dem Überfall auf die Sowjetunion am 22.6.1941 gerieten diese Menschenverschiebungen ins Stocken, u.a. weil Arbeitskräfte gebraucht wurden, und so wurden allein bis 1943 über 400.000 Polinnen und Polen als Zwangsarbeiter aus dem Wartheland ins Altreich verschleppt.

Die jüdische Bevölkerung des Warthelandes wurde ins Generalgouvernement deportiert, in Ghettos oder ins Vernichtungslager Kulmhof/Chelmo gepfercht und fast vollständig ausgelöscht.

Mitte Januar 1945 eroberte die Rote Armee in nur etwa einer Woche den Reichsgau Wartheland, aber der Zivilbevölkerung wurde in der NS-Presse noch am 19.1.1945 versichert, der Gau bleibe auf ewig deutsch. Umso überstürzter und planloser verlief am darauffolgenden Tag in bitterster Kälte die Evakuierung und kostete viele Menschenleben. Nur um die eingekesselte Verwaltungshauptstadt Posen, die zur Festung erklärt worden war, tobte noch einen Monat lang eine sinnlos-blutige Schlacht. Am 23.2.1945 war das Wartheland endgültig in sowjetischer Hand.