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Tagebuch von der Sommerreise nach Reichenau (1942)

Dieses Reisetagebuch wurde von den Brüdern Klaus ("KS") und Henning ("HS") Schlimm gemeinsam verfasst.

Tagebuch von der Sommerreise nach Reichenau.

Anno domini 1942.

HS

Reise: 5.-6. Juli.

Als wir von Köln-Deutz abfuhren war es ganz leer. In Köln Hbf. stiegen um so mehr ein. Eine Frau un eine Oma fuhren im selben Abteil bis nach Linz. In Köln konnte man viele Fliegerschäden sehen. hinter Köln schlief ich ein. Klaus hat die ganze Nacht durch gewacht. Um zwei Uhr wachte ich auf. Wir waren in Frankfurt. Dann schließ ich wieder ein und wachte in Würzburg auf. Hinter Würzburg wurde Es hell. Aus Langeweile aßen wir. Danach schliefen wir beide ein. Nach einer Stunde erwachten wir. Die Landschaft war sehr langweilig. Um 11 Uhr waren

wir in Passau. Dort hatte der Zug eine halbe Stunde Verspätung. Dann ging es weiter über Linz nach Sankt Poelten. Zwischendurch kamen wir an dem schönen Stift Melk vorüber. Dann ging es durch den Wiener Wald nach Wien. Dort erwartete uns Frau Stellwag auf dem Bahnsteig. Wir gingen in ein Kaffee und tranken Kaffee. Dann ging es mit der Straßenbahn nach dem Wiener Südbahnhof. Dort mußten wir eine halbe Stunde auf den Zug warten. In zwei Stunden waren wir in Payerbach. Dann fuhren wir mit der Raxbahn nach Reichenau. Todmüde gingen wir abends ins Bett.

 

 

HS

7. Juni.

Vormittags sind wir nach Payerbach gefahren. Dort haben wir unsere Koffer und einen Zentner Kirschen abgeholt. Wir haben geschwitzt wie die Affen! Zum Mittag gab es Eiernockerln und grünen Salat. Tante Stellwag hat uns zum Nachsagen die Wörter „Oachkatzerlschwaferl“ und „Zwirnknäulerl“ vorgesagt. Wir lachten grade, da sagte ich auf einmal ganz trocken: „Was ham’s g’sogt?“ Wir kamen kaum noch aus dem Lachen heraus. Am Nachmittag haben wir Kirschen ausgekernt. Die Hälfte haben wir nur geschafft. Es war sehr lustig! Abends sind wir früh ins Bett gegangen.

KS

Mittwoch, den 8. Juli 1942

Schon früh um 7 Uhr standen wir morgens auf. Heute Vormittag mußte unbedingt der restliche Teil der Kirschen bewältigt werden. Endlich um 1 Uhr waren alle Kirschen ausgekernt. Zwar hatten wir alle tüchtig Bauchweh, aber das schadet ja nichts, wenn man sich mal ordentlich an Kirschen sattgegessen hat. Nach dem Essen wurde schlechtes Wetter. Diese üble Tatsache nützten wir dazu aus, Briefe und Tagebuch zu schreiben. Gegen 5 Uhr brachte Henning mit dem Fahrrad die Post weg, und ich ging einholen. Zurückgekommen erwartete mich eine Hiobsbotschaft: „Henning hat eine Panne ins Vorderrad gerissen.“ Der Schlauch wurde sofort

 

 

geflickt. Als Herr Stellwag abends das Unglück sah, behauptete Frau St., sie wäre es gewesen. Henning war sichtlich erleichtert. Aber ich glaube Herr St. hat doch gemerkt, was los war. Nach diesem Unglück gingen Henning und ich noch ein Stündchen in den Kurpark. Zum „Nachtmahl“ gab es nochmal dasselbe wie zu Mittag. Danach spielten wir alle noch mit dem Ball. 9 Uhr gings ins Bett.

HS

Donnerstag, den 9. Juli.

Morgens gingen wir schwimmen. Im Bad war ein 1 m Sprungbrett. Käterl, Klaus und ich sind ein paarmal gesprungen. Unser Unterseeboot hatten wir auch mit. Beim letzten Start ist nicht wieder hochgekommen. Wir haben vergeblich danach getaucht. Klaus hatte es schon zwischen den Füßen aber es ist ihm wieder entwischt. Mittags gab es Salzheringe, Kartoffeln und grünen Salat. Nachmittags haben wir 1 ½ Stunde gerudert. die letzte halbe Stunde haben wir eine Frau mit einem Kind gerudert. Sie gab uns eine Mark als Lohn. Nach dem Nachtmahl spielten wir noch bis halb elf mit dem Ball. Todmüde gingen wir ins Bett.

 

 

KS

Freitag, den 10. Juli 42

Vor der ungeheuren Hitze des Vormittags suchten wir Rettung in den kühlen Fluten des Schwimmbades. Henning und ich wagten heute zum ersten Male den Kopfsprung. Es geht schon recht gut. Unser Uboot wurde auch wieder gerettet. Ziemlich spät kamen wir nach Hause. Gegen 4 ½ Uhr gingen wir in den Wald um Pilze zu suchen, verlegten uns aber, da selbige nicht zu finden waren, auf Blaubeeren, die Jagt nach ihnen war von großem Erfolg begleitet. Zum Abendessen gab es Eierkuchen mit selbstgesammelten Blaubeeren und Marmelade. Mir schmeckten sie einfach herrlich.

KS

Samstag, den 11. Juli 1942

Als wir morgens zum Fenster herausguckten, nahmen wir eine traurige Überraschung war: Regenwetter. Der Vormittag wurde mit Kartoffelschälen, Einholen und Lesen rumgebracht. Zu mittag gab es Kartoffelgulasch, der sehr stark mit Pfefferanis gewürzt war. Nachmittags machten Henning u. ich eine Rundfahrt mit der Lokalbahn. Wir fuhren: Reichenau, Payerbach, Hirschwang, Reichenau. Das machte uns viel Spaß. Zur Jause kamen wir zurück. Nach dem Nachtmahl betrachteten wir uns einen Teil von Onkels Briefmarkensammlung. Als es nun richtig dunkel war gingen wir ans experimentieren. Onkel mischte Kaliumklorat, Schwefel,

 

 

Magnesium zusammen. Die Mischung sollte eigentlich draußen als Feuerwerk dienen. Doch als Onkel noch Baliumklorith dazutat, war es aus. Qualm stieg auf, und unter bösem Zischen und Paffen explodierte mit grellem Lichtschein das „Mixtürchen“, ein großen schwarzen Flecken im Papierberg hinterlassend.

N.S.: Im Laufe des Nachmittags hatten wir schon mehrere andere Versuche gemacht.

[x des Tisches]

HS

Sonntag 12. Juli 1942.

Morgens gingen wir mit Stellwags in die Kirche. Dann spielten, während Käti und Tante das Mittagessen bereiteten – Herr Stellwag, Klaus und ich mit dem Ball. Zum Mittag gab es Schnitzel, frische Karoffeln und grünen Salat. Dann führten wir Käti aus. Wir gingen im Kurpark spazieren. Nach der Jause gingen wir wieder – diesmal aber noch mit Frau Stellwag – in den Kurpark. Nach dem Nachtmal gingen wir zum dritten mal in den Park. Wir wollten eigentlich rudern. Aber alle Boote waren vermietet. Ein Soldat nahm uns mit und wir kamen doch noch zum rudern. Um neun Uhr gingen wir nachhause und in Bett.

 

 

KS

Montag, den 13. Juli 42.

Heute war wieder garnicht viel los mit dem Wetter. Nach dem Frühstück gingen wir auf Ansichtskartenjagt. Wir erwischten sogar noch ein Heftchen mit 12 Originalphotographien von Reichenau und der Rax. Im Laufe des Vormittags schrieben wir dann 6 Karten. Zu Mittag gabs mein Leibgericht, eingebrannte Kartoffeln. Nach dem Essen brachten wir die Post weg und gingen anschließend rudern, der „Olle“ vergaß ganz uns reinzuholen. Wir ruderten eine Viertelstunde länger als wir bezahlt hatten. Als wir wieder nach Hause kamen, spielten wir Ball, und kletterten in den Apfelbäumen des Gartens herum. Nach dem Nachtmal spielten Kath., Henning und ich mit dem Ball.

HS

Dienstag den 14.7.42.

Vormittags haben wir häusliche Sachen gemacht. Nachmittags sin wir Blaub. suchen gegangen. Abends müde ins Bett.

4 F.

Schlechter Stiel! Zu wenig! Schlecht geschrieben!

Was ist denn das??!

Soll das eine Seite sein?

 

 

KS

Mittwoch, den 15.7.

Frühmorgens um 6 Uhr weckte uns die Tante mit den Worten: „Aufstehen! Wir gehen auf die Rax!“ Welch eine Freude. Nach Hirschwang gingen wir zu Fuß. Dort ging es in die Seilbahn. Wir bekamen einen einen schönen Fensterplatz. Langsam hob sich unser Wagen zur Bergstation Empor. Dort oben war es Empfindlich kalt. Wie gut, daß wir uns so dick angezogen hatten. Von hier marschierten wir zur herrlichen Höllentalaussicht. Viele Alpenpflanzen gab es auf dem Wege. Nach kurzer Rast wanderten wir nach der Bergstation. Dort gab es ein gutes Mittagessen.

Nachdem wir uns gut ausgeruht hatten, gingen wir über das Ottohaus, wo wir einige Karten kauften, bis halbwegs zum Preiner Kreuz. Dort gruben wir einige Pflanzen aus, und nahmen sie mit. Plötzlich fing es an zu regnen, und wir konnten nicht mehr weiter zum Preiner Kreuz gehen, sondern mußten zurück. Doch das Wetter besserte sich schnell, und wir konnten unbehelligt durchs „Torl“ den Abstieg vornehmen. Nach kurzer Zeit machten wir nochmals eine Rast, und essen unsere Stullen auf. Durch den holprigen Weg waren wir, als wir ankamen so ermüdet, daß wir kaum noch weiter konnten. Hundemüde gingen wir ins Bett. Das war herrlich!

 

 

HS

Donnerstag den 16. Juli 1942.

Heute hatte Klaus Geburtstag. Morgens bekam er die Bonbons von Omi und Opa und ein „Buch für Pilzfreunde“ von Stellwags. Er war hocherfreut und ging sofort an in letzterem zu lesen. Ich holte mir einen Stockbeschlag für meinen Spazierstock. Dann gingen wir nach Payerbach zu einer Gräfin aufs Schloß. Es war ganz prachtvoll. Nachmittags gingen wir mit Frau Stellwag und Käti in den Wald um Blaubeeren zu suchen. Wir fanden eine ganze Menge. Zum Nachm. gab es: 1.) Kohl mit Bratklopsen und Kartoffeln, b.) Scheiterhaufen, c.) Heidelbeeren. Es schmeckte [?] herrlich. Onkel zauberte uns noch etwas vor und wir gingen eifrig darüber nachdenkend ins Bett.

KS

Freitag, 17.7.1942

Nach dem Frühstück wanderten wir drei, Tante, Henning und ich in den Wald, um Beeren, Pilze und Holz zu suchen. Heute mittag sollte es selbstgesammelte Pilze und als Nachtisch Waldbeeren geben. Unsere hochtrabenden Hoffnungen erfüllten sich. Der Erfolg war sehr gut. Wir bekamen eine große Menge Pilze zusammen. Auch die Holzausbeute war nicht schlecht. Nach dem Essen schrieben, lasen, und halfen wir gegen Abend ging es schnell nochmal in den Kurzpark. Wir beide ruderten noch eine halbe Stunde. Zurückgekommen gabs Nachtmahl. Bevor wir ins Bett gingen machte uns Onkel zwei verblüffende Zauberkunststücke vor.

 

 

HS

Samstag, 18.7.1942.

Morgens gingen Klaus und ich in den Wald um Beeren zu suchen. Wir fanden einen 2-Liter-Topf voll. Tante holte uns auf halbem Weg ab. Zum Mittagessen gab es grüne Bohnen und Pellkartoffeln. Nach dem Mittagessen kamen die Eltern vom Onkel zu Besuch. Wir „jausten“ alle zusammen. Dann erzählten wir uns was. Zum Nachtmahl gab es Eierkuchen mit selbstgesuchten Blaubeeren. Es schmeckte herrlich. Nach dem Nachtmahl spielten wir „Bauernrührerl“ (mit Spielkarten). Es war sehr Lustig. ½ 10 Uhr gingen wir ins Bett. Wir schliefen heute im Turmzimmer. (Das „Turmfräulein“ ist nicht gekommen.)

KS

Sonntag, den 19.7.1942.

Heute war immer noch schlechtes Wetter. Seit dem 10. Juli ist hier kein schöner, heißer Tag mehr gewesen. Am Vormittag lasen wir also, schrieben das Tagebuch, oder halfen in der Küche mit. Nach dem sehr leckeren Mittagessen hörte es auf zu regnen, und wir gingen alle zusammen spazieren. Unser Ziel war die Kammerwandgrotte. Sie besteht eigentlich nur aus einer großen Halle Unter dem Felsen. Auf dem Rückweg kamen wir durch einen Wald, von wo der Onkel und Herr Stellwag [?] einige seltene Pflanzen mitnahmen. Im strömenden Regen kamen wir nach Hause. Nach dem Nachtmahl spielten wir Karten.

 

 

HS

Montag, den 20.7.1942.

Heute morgen das Wetter noch genauso. Wir brachten Stellwags sen. zur Bahn. Als wir zurückkamen halfen wir mit das Mittagessen zu bereiten. Es gab mein Lieblingsessen: Eiernockerln. Nach dem Mittagessen Lasen wir etwas und gingen rudern. (1 ½ Stunde) Dann lasen wir etwas und bestiegen einen sagenhaften Kahlschlag. Von dort aus hatte man eine gute Aussicht auf Reichenau. Man sah auch Schloß Wartholz und Schloß Hinterleiten. Wir riefen ein paarmal „ahu“. Das hatten sie aber unten im Tal nicht gehört, nur ge[.?.]. Nach dem Nachtmahl spielt Klaus, Käti und ich mit dem Ball. Als es 20:16 stand gingen wir ins Bett.

KS

Dienstag, den 21. Juli 1942

Früh am Morgen brachten wir Käthe zur Bahn. Sie fährt für einen Monat nach Hause. Zu Hause schrieb ich einen Brief an Omi und Opa. Danach gingen wir mit einer Kiste und einer Mistschaufel bewaffnet (nach Hause) Pferdeköttel für den Garten. Zu Mittag gab es gab mein Leibgericht: Eingebrannte Kartoffeln. Am Nachmittag gingen wir in den Kurpark rudern (1/2 Stunde). Sodann gingen wir in die Bibliothek und holten uns jeder ein Buch. Bei uns steht ein Kirschbaum des Hausmeisters. dieser erntet ihn aber nicht ab, sodaß die Kirschen Abfallen. Da hat Henning mal etwas mit dem Besenstiel nachgeholfen. Der brave Junge hat ja nur die Spatzen verjagt!!

 

 

HS

Mittwoch den 22. Juli 1942

Morgens gingen wir mit Tante um Steinpilze zu suchen bis übern Auerhahn. Wir fanden keinen einzigen. Wir waren ganz betrübt über die schlechte Ausbeute. Zum Mittag gab es eingebrannte Kartoffeln. Mit Heißhunger wurden sie verschlungen. Dann begaben wir uns in Turmzimmer und lasen. Dann gingen wir mit dem kleinen Mädchen unserer Putzfrau spazieren. Im Kurpark ruderten wir eine Stunde. Dann hörten wir dem Konzert zu. Als wir nach Hause kamen halfen wir der Tante etwas mit und gingen Onkel abholen. Dann aßen wir Abendbrot und gingen ins Bett.

KS

Donnerstag, den 23. Juli 1942

Heute standen wir wieder sehr früh auf. Es sollte ja auf Kirschenjagt gehen. Beim ersten Bauern empfing uns nur ein kläffender Köter. Beim zweiten bekamen wir mit Müh’ und Not 2 kg Kirschen. Die Bauern haben keine Zeit zum pflücken, und selbst darf man daß nicht. Eher können die Früchte an den Bäumen abfallen und verfaulen, als daß sie andere darauf lassen. Das Herz und der Kirschenhunger können einen beim Anblick der vielen todgeweihten Kirschen bluten. Aber so sind nun einmal die Bauern! Am Nachmittag schrieben, lasen, halfen wir und gingen einholen. Bei der abendlichen Stopfarbeit las ich der Tante aus dem Karl-May „Unter Geiern“ die Geschichte „Der Geist des Lano Estekado“ vor.

 

 

Freitag, den 24. Juli 1942.

HS

Heute war wieder schlechtes Wetter. Wir fuhren mit Tante nach Payerbach um [..?..] zu holen. Dann aßen wir früh Mittag es gab Kochsalat. Nachmittags schrieb Klaus einen Brief an euch und ich eine Karte an Pfarrer Busch. Während Tante schlief gingen wir zur Post und zu Frau Fogt. Wir holten uns Briefmarken und eine Ausflugkarte. Dann lasen wir in unsern Büchern aus der Bücherei. Als Tante mit der Arbeit fertig war las Klaus aus Karl-Mai vor bis Onkel kam. Zum Abendessen gab es Milchnudeln. Dann spielten wir noch mit dem Ball und schmiedeten den Plan, das wir morgen auf die Rax wollen.

KS

Sonnabend, den 25.7.1942

Schon gestern Abend stand es bei uns fest: Heute besteigen wir zum zweiten Male die Rax! Nach Onkels voraussage war seit langer Zeit wieder einmal herrliches Wetter. Voller Freude wanderten wir früh am Morgen nach Hirschwang hinaus. Dort traf es sich günstig, wir bekamen die letzten Plätze in der Raxbahn mit. Anders wie das letzte Mal empfing uns oben heute herrliche warme Höhensonne. Am Vormittag wollten wir uns in der Nähe eines Schneefleckens von ihr braun braten lassen. Also: „Auf Schneesuche!“ Onkel behauptete steif und fest: „In mindestens 5 Min. sind wir an einem Tal mit Schnee!“

- Errare humanum est –

In dem betreffendem Tälchen war

 

 

der Schnee schon alle weggetaut. Weiter in Richtung Höllentalaussicht ging’s also. Bald trafen wir auf auf einen schönen sonnigen Schneeflecken. Wir schwitzten wie die Affen. Als erstes warfen wir unsere Kleidung vom Leibe und rieben uns tüchtig mit Schnee ein. Darauf legten wir uns ins Gras um uns von der Sonne backen zu lassen. Leider mußten wir schon wieder sehr zeitig bei der Bergstation zum Mittagessen sein. Schnell noch eine Schneeballschlacht gemacht, bei der Onkel und ich nach erbittertem Kampf Henning und Tante glatt besiegten, und Henning zum feigen Rückzug zwangen. In der Bergstation gab es wie das letzte Mal gute, flotte Bedienung und sehr leckeres Essen. Hier nahmen wir uns vor

Nachmittags wieder zu unserer schönen Schneestelle zu gehen, da das bei der Hitze sicher mehr Spaß machen würde als wandern. Nach dem Essen pilgerten wir also wieder dorthin zurück. – Ich fand durch Zufall hier einige Alpensalamander, und begab mich nun auf die Jagt nach ihnen. Henning übte sich unterdessen im Skilaufen auf der Schneefläche (allerdings ohne Skier). Er kann das einfach fabelhaft. Nach einiger Zeit gingen Onkel und ich auf Pflanzensuche. Wir brachten viele Exemplare zusammen. Vier Uhr gingen wir nach Hause. Diesmal nahmen wir den Abstieg auf dem schöneren Gsohlehirnweg vor. Am Knappenhof mußten wir beide „schmierestehn“

 

 

damit keiner von der „Bergwacht“ uns unsere schönen Pflanzen abnähme, und uns eine gehörige Strafe aufbrummen. Alles ging Glatt. Ziemlich müde kamen wir in Reichenau an, wo wir noch einige Besorgungen machen mußten. 8 Uhr waren wir zu Hause. Das war einmal wieder ein wunderschöner Tag.

HS

Sonntag, den 26.7.1942.

Wir sind heute um 7 Uhr früh bei schönem Wetter aufgestanden. Wir haben sofort der Tante in der Küche geholfen und Klaus hat die von der Rax mitgebrachten Blumen eingesetzt. Als wir um ca. 10 Uhr mit den Vorbereitungen für den Mittagstisch fertig waren, rüsteten wir um in das Schwimmbad zu gehen. Wir mußten etwas warten da Tante sich anziehen mußte. Im Bad hatten wir schönen warmen Sonnenschein und im Wasser 19 °C. Wir sprangen alle drei auf verschiedene Weise ins Wasser, und auch Tante versuchte un-

 

 

sere Künste nachzumachen. Bei einem Wettschwimmen war Klaus der 1. während bei einem Wettlauf um das Bad ich als erster am Ziel war! Wir beide wurden mehrmals von Onkel und Tante freiwillig mit großem Schwung in das Wasser geworfen. Um 1 Uhr gingen wir nach Hause und aßen Mittag. Es gab mein Leibgericht: a. Ochsenfußsuppe mit Leberknödeln, b. Schnitzeln mit Tomaten-Gurken- und grünen Salat und mit Kartoffeln. c. Hagebuttenwein, d. Kirschen gab es als Nachtisch. –

Reichlich angegessen und müde vom Bad und vom Raxausflug legten wir uns alle ins Bett. Um ½ 6 Uhr standen wir

auf, tranken wir Milch und aßen dazu Butterbrot mit Käse. Während Klaus Tagebuch schrieb, ging ich in den Kurpark zum Kurkonzert. Sie spielten unter anderem Muttchens Lieblingslied: „Sag beim Abschied leise Servus“. Um sieben Uhr abends als das Konzert zu Ende war kam ich nach Hause und wir aßen Abendbrot da auch Klaus mit dem Tagebuch fertig war. Wir aßen zunächst als Rest von Mittag Schnitzeln mit Kartoffelsalat und dann als Rest von Sonnabend Peuschel mit Knödel. So wie Mittag bekamen wir auch abends süßen Hagebuttenwein

 

 

zum dazutrinken. Nach Tisch wurde zunächst von Tante und Onkel unser Tagebuch durchgelesen. Nachdem hierbei Klaus sehr groß tat, daß er den Rekord aufgestellt hätte mit 3 ½ Seiten den längsten Tagesbericht geschrieben zu haben, setzte ich mich mit Onkel zusammen, um mit ihm den allerlängsten Bericht niederzuschreiben. Nachdem Klaus uns beim Tagebuchschreiben ständig störte, mußte er mit Tante in die Küche gehen um beim Geschirrabwaschen zu helfen. Nun so haben wir, Onkel und ich zusammen 4 Seiten Tagebuch für den heutigen Tag geschrieben und ich forde-

re Klaus heraus von nun an ebenso viel zu schreiben und sich vorläufig für besiegt zu erklären. Damit ist der Schandfleck für mich beseitigt.

Bestätigt: Heinrich Stellwag   Therese Stellwag   Schlimm.

 

 

KS

Montag, den 27. Juli 1942

Als ich früh Morgens aufwachte galt mein erster Blick dem Fenster oder besser gesagt dem Wetter. Doch was mußten meine erschreckten Augen zu meinem größten Leidwesen sehen: Stark bewölkt, neigt nach Regen! Schade, ich hatte mir schon voller Freude vorgestellt, wie wir bei gutem Wetter Nachmittags in das Bad gehen und Tante ihr Strickzeug und ich meinen Karl-May zum vorlesen mitnehmen würden. Doch jetzt hieß es: Schnell heraus aus den Betten und fertigmachen, denn heute Vormittag suchen wir Pilze. Nach dem Frühstück erledigten wir noch einige Arbeiten in der Küche und dann ging es los. Unser Pilzwald liegt in der Gegend

halbwegs vom Auerhahn. Auf dem Weg dort hin liegen auch die Gehöfte unserer „Kirschenbauern“ den ersten hauten wir gleich auf dem Hinweg um Kirschen an. Wir wurden kurz mit der schönen Ausrede abgewiesen: „Wir haben leider gar keine Kirschen mehr. Heuer war es ja mit der Ernte sooo schlecht“. Draußen hingen allerdings die meisten Kirschbäume noch voll von diesen schönen Früchten. Im Wald angekommen wurden wir leicht enttäuscht. Nach den zwei Tagen Schönwetter hatten wir uns mehr Pilze versprochen. Nach einer Stunde eifrigen Suchens fing es an zu dröppeln, dann zu regnen und endlich zu gießen an. Das wurde uns dann doch zu bunt bunt. Pilze

 

 

für das Nachtmahl hatten wir schon genug beisammen. Also traten wir den Rückweg an. Schnell fragten wir auch noch Mal den anderen Bauern nach Kirschen, doch leider auch ohne Erfolg. Daraufhin klauten wir uns bei dem einen meine beiden Taschen voll Kirschen. Zu Hause gab es mein Lieblingsessen: Eingebrannte Kartoffeln. Henning mäkelte wieder einmal sehr. Nach dem Essen legte die Tante sich eine Zeit zur Ruhe und wir beide taten das Gleiche. Nach der Jause gingen wir mit der Tante einholen. Anschließend las ich, um der Tante die Stopfarbeit zu versüßen, aus einem Karl-May vor. Im Laufe des Nachmittags war das Wetter wieder schön geworden.

Dienstag den 28.7.1942.

Morgens gingen Klaus und ich in den Wald um Blaubeeren und Pilze zu suchen. Wir fanden einen zwei-Liter-Topf halb voll Blaubeeren, halb voll Pilze. Es war schlechtes Wetter. Zum Mittagessen gab es Klausens Lieblingsessen: Eingebrannte Kartoffeln. Heute war auch das Paket von Omi und Opa da. Es enthielt einen Esbit-Kocher, zwei Schachteln Trockenspiritus, eine Schachtel Konfekt, eine halbe Tafel Schokolade und für jeden 1 RM in bar. Am Nachmittag schrieben, lasen und halfen wir Tante. Zum Abendessen gab es Kirschenstrudel. Dann halfen wir Tante noch

 

 

in der Küche beim Abtrocknen. Klaus las noch etwas aus dem neuen Karl-Mai Band: „Durch wilde Churlos Tal“ aus dem ersten Kapitel vor. Dann gingen wir müde ins Bett.

N.S. Wir hatten uns in der Bücherei heute jeder einen Karl-Mai Band geholt. Meiner hieß „Das Vermächtnis des Inka“.

HS

KS

Mittwoch, den 29.7.1942

Am Vormittag halfen wir alle mit vereinten Kräften das Mittagessen herzurichten. Halb zwölf aßen wir schon. Nachdem das Geschirr gespült war, gingen wir drei direkt ins Bad. Henning und ich sprangen wieder sehr viel. Ich versuchte beim schwimmen einen Purzelbaum zu schlagen. Ganz richtig kann ich ihn noch nicht. Schon um halb vier gingen wir nach Hause. Dort war ein Brief von Vati angekommen. Hocherfreut setzte ich mich sogleich an die Antwort. Außerdem schrieb ich noch drei Karten. Henning ging derweile mit Tante einkaufen. Sodann halfen wir der Tante noch bis zum Abend-

 

 

brot. Es gab Schinkenfleckerln. Mir schmeckten sie wunderbar, auch der sonst so mäklige Henning konnte sie merkwürdig schnell verpitzen[=?]. Dann trockneten wir der Tante das Geschirr ab. Doch schon bald mußten wir ins Bett. Morgen soll es nämlich sehr früh rausgehn.

HS

Donnerstag den 30.7.1942.

Heute morgen sind Klaus und ich Blaubeeren und Pilze suchen. Wir fanden einen kleinen Pott voll Blaubeeren und ein kleines Täschchen voll Pilze. Das Wetter war sehr schlecht. Zum Mittagessen gab es Kochsalat und als Nachtisch Kirschen. Nach dem Mittagessen lasen wir etwas und gingen rudern. Der „Olle“ hatte ein ganz neues Boot. Wir nahmen natürlich sofort das neue. Es ließ sich viel Leichter mit ihm fahren denn es hatte nur geringen Tiefgang und kleinere Ruder. Wir ruderten eine ganze Stunde. Als wir nach Hause kamen „jaus-

 

 

ten“ wir und gingen Milch holen. Bei der Jause hatte Klaus Ein im Krieg doch so wertvolles Glas kaputt. Dann gingen wir noch für mich holen. (Wir wurden vom Ufer der Schwarza verjagt und konnten keinen bekommen) Zum Abendessen gab es Milchnudeln und wir gingen müde um halb zehn ins Bett.

KS

Freitag, den 31.7.1942

Heute war das Wetter wieder einigermaßen gut. Am Vormittag mußten Henning und ich Blaubeeren für einen Kuchen suchen. An einer Stelle, die wir schon gestern entdeckt hatten, pflückten wir eine Zweiliterkanne voll. Auch mehrere Butterpilze fanden wir noch. Zu Hause nahm Tante hocherfreut unsere gute Ausbeute entgegen. Zum Mittagessen gab es Kohlrabigemüse. Als sich danach die Tante hingelegt hatte, gingen Henning und ich in den Kurpark rudern an den „Zweier“, das neue Boot bekamen wir leider nicht mehr. Nach einer halben Stunde wurde es heiß. Da stand bald unser Entschluß

 

 

fest: Nach Hause laufen und fragen, ob wir ins Bad dürfen. Nachdem wir die Erlaubnis erhalten hatten, ging’s gleich los. Das Wasser war sehr schön, und auch sehr wenig Leute im Bad. Zu Hause nahm Henning eine Freudenbotschaft entgegen, es gab sein Lieblingsessen, Eiernockerln. Nach dem Nachmahl fragte Onkel: „Wandert ihr beiden morgen, wo das Wetter wahrscheinlich schön werden wird ins Höllental? Dieser schon so oft angeschnittene Plan erregte bei uns rege Begeisterung. Die Landkarte wurde vorgeholt, und alles sonstige für einen Höllentalausflug vorbereitet. Nachdem die morgige Fahrtrute festgelegt worden war, mußten wir aber schleunigst ins Bett.

N.S. Morgen sollte auch Käthe noch einmal kommen, um ihr Rad was sie zurückgelassen hatte zu flicken und abzuholen.

KS

Samstag, den 1.8.1942.

Heute früh um sechs Uhr, als ich aufstand, war schönes Wetter, die Höllentalfahrt kann also stattfinden! Mit dem Onkel zusammen aßen wir Frühstück. Kurz nach ihm, gingen dann auch wir fort zum Lokalbahnhof, um den Frühzug nach Hirschwang noch zu erreichen. Nach der Windbrücke empfing uns das herrliche Höllental. Rüstig und froh schritten wir beide in den schönen Morgen. Die riesigen Felswände zu beiden Seiten des Tales hielten die Sonnenstrahlen noch von uns ab, sodas es noch empfindlich kühl war, und wir sogar etwas froren. In den schwierigsten Kurven schlängelt sich die Autostraße längs der herrlich klaren, wilden und rauschen-

 

 

den Schwarza entlang. Als wir ca. eine Stunde den herrlichen Weg über viele Brücken entlanggegangen waren, sahen wir von ferne einige Häuser und Sonnenschein, das Tal weitete sich etwas, und vor uns lag Kaiserbrunn. Doch hier durften wir uns nicht aufhalten, und weiter ging es neben fabelhaften Wandabbrüchen immer neben dem grünen, brausendem Flusse. Wiederum nach einer halben Stunde befanden wir uns am Weichtaleingang[=?]. Dort entdeckten wir rein durch Zufall eine sehr große und ergiebige Himbeerstelle. Da es noch ziemlich früh am Tage war, legten wir hier eine größere Rast ein. Doch endlich mußten wir uns doch von den herrlichen Früchten losreißen,

denn wir wollten ja noch eine halbe Stunde weiter bis zum Kesselgraben. Auf dem Weg dorthin kamen wir durch große Quellenschutzgebiete, hier befinden sich nämlich die Quellen der ersten Wiener Hochquellenleitung. Bald waren wir an unserem Ziel, dem Kesselgraben. Dieser ist ein ganz schmales Engtal rechts und links begrenzt von phantastischen Felsmauern. Den Weg der in seiner Mitte führt wollten wir eigentlich eine Weile begehen zogen es aber vor, ihn wieder zu verlassen, weil vor und hinter uns einige Steinbrocken herunter kamen. Vom Steinschlag wollten wir dann doch nicht totgeschlagen werden. Wir gingen also wieder zurück zum Weichtal. Dort ist ein

 

 

Wirtshaus, in dem wir Mittagessen wollten. Weil es aber noch nicht zwölf Uhr war gingen wir noch auf die Himbeerstelle, um einige Himbeeren für Onkel und Tante zu pflücken und mitzunehmen. Pünktlich um 12 Uhr waren wir im Weichtalhaus. Wir setzten uns hin, verlangten ein Glas Limonade, und fragten ganz beiläufig mal nach dem Essen. „Markenfreie Gerichte haben wir leider nicht“, war die wenig freundliche Antwort „Da könnt ihr kein Essen haben.“ So ein Pech! Wir mußten uns also aufmachen, um in Kaiserbrunn unser Heil zu versuchen. Unterwegs machten wir noch einmal auf einem riesigen Felsblock mitten in der Schwarza Rast. Da

der Heißhunger uns zu sehr großer Eile antrieb, waren wir bald am Ziel. Doch zu unserem Schrecken war an dem einzigen Hotel dieses Nestes angeschlagen: Da der Betrieb die K.L.V. vorbereitet, kann warmes Essen an Privatpersonen nicht abgegeben werden. Niedergeschlagen setzten wir uns auf einen Holzstoß. Da nahm sich ein Mann unseres Leides an. „Habt ihr schon in der Küche nachgefragt?“ – „Nein“ – „Dann tut doch das mal.“ Diesem Rate folgten wir, und richtig, nach einigem Drängen bekamen wir jeder zwei Teller Beuschel mit Kartoffeln und eine Flasche Limonade für zusammen zwei Mark. Hocherfreut aßen wir. Danach machten wir unserem Plane

 

 

gemäß einen Abstecher in das wilde Krummbachtal. Zuerst führte uns der Weg über eine große Wiese. Dann wurde es sehr romantisch. Nachdem er sich in einen schmalen Waldpfad verwandelt hatte, trat er an dem mächtigen ausgetrockneten Bett des Krummbachs aus. Dieses war bedeckt von mächtigen Steinbrocken, von denen manche 2 m Durchmesser hatten. Zur rechten dieses Engtales stiegen an die 60 Meter hohe Felswände auf und links zog sich ein sehr steiler zum Teil bewaldeter und manchmal mit großen Felsen durchsetzter Hang hoch. Als wir den Steig der oft über vom Hochwasser halb zerstörte Stege und an riesigen Mauern entlangführte ¼ Stunde

gegangen waren, trafen wir auf ein kleines eiskaltes und kristallklares Quellchen, welches zwischen den Steinbrocken herauströpfelte. Hier stillten wir unseren Durst und traten dann den Rückweg ins Tal an. In Kaiserbrunn angekommen begannen wir nun nach kurzer Rast den letzten Abschnitt unseres Ausfluges. Auf halbem Wege trafen wir eine Höhle, konnten sie aber nicht begehen, weil der Gang so niedrig war, daß man kriechen mußte, und wir keine Kerze zum Leuchten mithatten. Nach ½ Stunde herrlichen Wanderns lag Hirschwang vor uns. Leb’ wohl, du schönes Höllental. – Unglücklicherweise kriegten wir in Hirschwang keinen Lokalbahnanschluß, mußten also zu Fuß nach

 

 

Hause gehen. 5 Uhr waren wir da. Inzwischen war auch Käthe gekommen, das gab natürlich ein herzliches Begrüßen. Tante setzte uns sofort mehrere Stücke herrlichen Blaubeerkuchens vor. Bis zum Nachtmahl gab es ein eifriges Erzählen. Dann gabs noch eine besondere Überraschung für uns. Käthe hatte ein Hühnchen mitgebracht, und heute Abend gab es Brathähnderl. Das schmeckte mir herrlich. Als wir fertig waren, gingen wir nach Payerbach ins Kino. Dieses ist ein winziger schäbiger Kasten. Der Aparat hatte auch seine Mucken, so kam es, daß die Wochenschau 1 ½ Mal lief. Es wurde gezeigt „Drei Unteroffiziere“ ein Liebesfilm. Er gin so einigermaßen.

HS

Sonntag den 2.8.1942.

Heute war wieder schönes Wetter. Morgens gingen wir mit Onkel, Tante und Käte in die Kirche. Als wir nachhause kamen gingen wir mit vereinten Kräften ans Mittagessen. Es gab Nierenbraten mit neuen Kartoffeln und Salat. Dann gingen Klaus und ich ins Bad. Wir sonnten uns tüchtig und übten viele Sprünge. U. a. auch den Kopfsprung mit angelegten Händen. Mit roten Gesichtern kamen wir nachhause. Aber es war keiner zuhause. Kurzerhand kletterten wir durchs Fenster. Kaum waren wir drin, da kam auch schon Käte und sagte das Onkel und Tante im Kurpark wären und ruderten. Wir gingen natürlich sofort mit und Onkel ruderte uns alle zu-

 

 

sammen eine halbe Stunde. Als wir zurückkamen „jausten“ wir und erfuhren das Onkel einen kleinen, aus dem Nest gefallenen Vogel gefangen hatte. Wir nahmen uns sofort seiner an und fütterten ihn mittels eines Stäbchens mit Fliegen. Dann machten wir ihm ein Nestchen aus weichem Stoff. Dann ging ich mit Käte in den Kurpark. Als wir zurückkamen waren die andern schon beim Abendessen. Schnell setzten wir uns auch hin und verzehrten unser Backhänderl, Tantes Lieblingsessen. Es schmeckte herrlich. Dann gingen wir müde vom Bad ins Bett.

N. S. Den Vogel hatten wir „Fritzi“ getauft.

HS

Montag den 3. August 1942.

Heute standen wir erst um 8 Uhr auf. Erfreulicher Weise war es wieder genauso heiß wie gestern. Nach dem Frühstück ging ich Milch holen und Klaus schrieb Tagebuch. Dann befreiten wir alle zusammen die Fäden von den Bohnen. Wir aßen schon früh Mittag da Klaus und ich ins Bad gehen wollten und Käte um zwölf schon fahren wollte. Es gab zum Mittagessen Gemüsesuppe. Dann gingen wir wie schon erwähnt ins Bad. Wir sprangen tüchtig und ich machte heute zum ersten den Salto vom Brett. Zwar klatschte ich noch mit dem Rücken aufs Wasser aber es ging schon ganz gut. Als wir nachhause kamen „jausten“ wir und

 

 

Tante erzählte uns das Fritzi furchtbar viel fressen würde. Da er auch schon ziemlich mager geworden war, beschlossen wir, ihn auszusetzen und zu warten ob seine Mutter käme und ihn weglockte. Sie kam auch tatsächlich und verschwand mit Fritzi im Kurpark. Dann schrieben wir Tagebuch und halfen der Tante. Zum Nachtmahl gab es Kaiserschmarren mit Heidelbeeren. Dann spielten wir noch mit dem Ball wobei Onkel und ich nach hartem Kampf von Tante und Klaus besiegt wurden. Dann gingen wir müde ins Bett.

KS

Dienstag, den 4. August 1942.

Heute war das Wetter abscheulich. Eigentlich wollten wir heute eine „Himbeerwanderung“ ins Weichtal gemacht werden. Gegen 10 Uhr wurde es besser. Da wollten wir diesen Plan eigentlich doch noch ausführen, aber selbiger ertrank wieder in nachfolgenden Regengüssen. Bis zum Mittag schrieben oder halfen wir also, und bis zur Jause taten wir das selbe. Nach der Jause gingen Henning und ich in den Wald, um für die Milchnudeln, die es Abends geben sollte, eine kleine Fruchtbeilage, bestehend aus Heidelbeeren. Die Ausbeute war mäßig. nach dem herrlichen Nachtmahl spielten wir Ball. Es stand 29:30 für mich und Onkel.

 

 

Mittwoch, den 5. August 1942.

Heute war das Wetter besser. Die schon einmal geplante „Himbeerwanderung“ ins Weichtal konnte also steigen. In zwei Stunden waren wir am Ziel. Wir waren an der durch Zufall gefundenen Himbeestelle. Sie liegt gegenüber von Spielbichler’s Jausenstation „Weichtal“. Wir fanden einen zwei-Liter-Topf voll. Dann gin wir in das „Weichtalhaus“ um Mittagzuessen. (Zu unserem größten Leidwesen gab es nur Suppe ohne Marken, sonst alles „mit“.) Noch nicht mal ein „Kracher“ (Wiener Strudel) hatten sie für uns übrig. Kurz nach eins kam Tante gemäß dem Plane mit dem Rad. Wir fanden zusam-

men noch die Milchkanne voll. Dann nahm Tante alle Sachen mit, und wir konnten ungehindert nach Hirschwang gehen. Wir mußten uns sehr beeilen, da wir noch den Zug nach Reichenau mitkriegen wollten. Zuhause angekommen halfen wir noch Tante mit das Nachtmahl bereiten und gingen danach müde ins Bett.

HS

 

 

KS

Donnerstag, den 6. August 1942.

Als wir beide, Henning und ich, heute aufwachten, kam Tante schon aus Payerbach zurück, sie hatte Einmachgläser ergattert. Wir beide mußten uns nun auch schnell fertigmachen, um auch unser Glück zu versuchen. Als wir, leider ohne Erfolg, zurückgekommen waren, liefen wir noch schnell zur Milch und bekamen dann unser Frühstück. Es war sehr schlechtes Wetter. Wir gingen mit Tante einholen, und halfen Tante noch etwas mit. Schon früh aßen wir Mittag. Es gab Kochsalat. Nach Tantes Schläfchen aßen wir zur Jause Kaiserschmarren. Dann gingen H. und ich zur Post, um eine Karte nach Hause zu Schreiben. Zurückgekommen las ich Tante zur Stopfarbeit aus Karl May’s „Winnetou“ BI bis zum Nachtmahl vor. Zu abend gab es Krautfleckerln, sehr gut.

HS

Freitag, den 7. August 1942

Heute Morgen war das Wetter etwas besser. Wir standen nicht alzufrüh auf. Nach dem Frühstück schrieben wir Tagebuch, und halfen der Tante mit. Zum Mittagessen gab es a. Kartoffelsuppe, b. Kochsalat. Nachdem wir uns reichlich sattgegessen hatten legte sich Tante hin und wir schrieben und lasen. Dann jausten wir und gingen zur Maseszech um Gemüse zu holen. Wir bekamen Paprika, Kochsalat, richtigen Salat und Gurken. Zurückgekommen las ich Tante noch vor und wir bereiteten das Nachtmahl. Zum Nachtmahl gab es Milchnudeln. Dann gingen wir schnell ins Bett, denn Morgen sollte es früher rausgehen. N. S. Eigentlich wollten wir heute Nachmittag Blaubeeren suchen gehn.

 

 

KS

Samstag, den 8. August 1942.

Heute früh standen wir um 6 Uhr auf. Es war gutes Wetter. Sofort ging es Blaubeeren für einen Kuchen suchen. Die Ausbeute war gering (1 ½ Liter), die Blaubeererntezeit geht zur Neige. Wir sahen eine ca. 70 cm lange und daumendicke Ringelnatter. 11 Uhr kamen wir zurück. Bis zum Essen halfen wir in der Küche mit. Mittagessen: Gefüllte Paprika (sehr gut). Dann trockneten wir noch 1 St. ab, und gingen dann rudern. Zurückgekommen gab es zur Jause Kuchen. Henning ging dann mit Tante einholen und ich las. Darauf spielten wir beide bis zum Nachtmahl Ball. Nachtmahl: Mangold (sehr gut). Bis zum Schlafengehen erzählten wir uns noch etwas.

HS

Sonntag den 9. August 1942.

Heute war herrliches Wetter. Wir standen halb acht auf. Nachdem wir gefrühstückt hatten, gingen wir mit Tante in die Kirche. Dann gings dierekt ins Bad. Klaus und ich sprangen wieder viel. Auch Onkel und Tante zeigten ihre Künste auch. Als wir gerade zuhaus waren klingelte es und wer war da: Herr Stellwag sen. Wir aßen alle zusammen Mittag und Onkel zeigte uns zwei Versuche. Der erste war: Ob ein Stück Zunder aus Eisen bestand oder nicht. Es war verblüffend. Dann stellte er Tränengas her. Der Erfolg blieb aber leider aus. Der Versuch hinterlies

 

 

nur Gestank. Zum Abendessen gab es Paprika. Dann gingen wir müde ins Bett.

Montag, den 10. August 1942.

Heute früh sollten wir uns noch einmal gut ausschlafen für die kommenden Tage, die ja wahrscheinlich nicht mehr viel Ruhe bringen würden. Erst 9 Uhr standen wir auf. Am Vormittag gingen wir in Richtung Kammerwandgrotte in den Wald auf Zy[...]jagt. Fünf Knollen brachte ich mit. Darauf holten wir Moos im Wald bei Schloß Wartholz. Mittag: Kochsalat. Während die Tante schlief, packte ich das Paket mit den Pflanzen. Nach der Jause ging’s ans Kofferpacken. Als wir damit fertig waren, brachten wir sie nach Payerbach zur Bahn. Tante fuhr mit dem Fahrrad nach Hause, und wir mit der Bahn. Zu Abend gabs als Henkersmahlzeit Milchnudeln. Vorm Schlafengehen bekam jeder noch ein Glas Likör.

 

 

HS

Dienstag den 11. August 1942.

Heute standen wir früh auf. Um ½ 4 h. weckte uns Tante mit den Worten: „Aufstehen, wir fahren nach Wien“. Wir standen sofort auf. Um ½ 5 h. ging es los. In 3 Stunden waren wir in Wien. Dann machten wir mit Onkel einen Rundgang durch Wien. (eine Stunde). Wir gingen zuerst nach dem Belvedere, vondaaus nach dem Schwarzenbergplatz und zum Schwarzenberpallais. Dann brachte uns Onkel in Kunsthistorische Museum. Es war herliches Wetter. Den ganzen Vormittag haben wir in Museum zugebracht. Um 12 h. hat uns Tante abgeholt. Wir gingen dann zusammen mit Tantes Freundin in ein Restaurant und aßen Mittag,

es schmeckte sehr gut. Dann gingen wir zur Stephanskirche. Klaus und ich bestiegen auch den „Steffel“. Man hatte von der Türmerstube einen guten Rundblick. Wir machten dann noch einige Besorgungen mit Tante und holten die Freundin wieder ab. Dann tranken wir Kaffee und fuhren anschließend in den Prater. Dort waren viele Menschen. Wir fuhren mit vielen Karussels und fuhren u. a. auch mit der Hochschaubahn (Achterbahn). Es war einfach herrlich. Zum Abschluß gingen wir noch essen. Dann gings mit der Straßenbahn nachhause. Dort angekommen tranken wir noch etwas und gingen dann

 

 

todmüde ins Bett. Wir mußten alle drei in einem Bett schlafen. Wir schliefen sofort ein und träumten von den schönen Dingen des Tages.