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Jugend! Deutschland 1918-1945
Editionen zur Geschichte
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Chronik der evang. Volksschule Bochold II

Essen-Bergeborbeck, Roggenstr. 5
ab Ostern 1932-1936

III.
Chronik (2. Fortsetzung)
der evangelischen Volksschule Bochold II
Essen-Bergeborbeck
ab
Ostern 1932-Ostern 1936.
Rektor Hans Röhm

Schuljahr 1932/33

Schuljahr 1932/33.

Mit dem 1. April 1932 schied der bisherige Leiter der Schule, Rektor Graefe, auf Grund der Abbauverordnung über Vorverlegung der Altersgrenze auf die Vollendung des 62. Lebensjahres aus dem Schuldienst aus. Rektor Graefe hat die Schule vom 1. Oktober 1921 bis 31.3.1932 geleitet und schied verbittert aus der ihm lieb gewordenen Arbeit, die er bei seiner noch jugendlichen Körperfrische gern weitergeführt hätte. Die Schule hat seinem emsigen, vaterländisch treuen Wirken viel zu danken.

Als Nachfolger wählte die Schuldeputation der Stadt Essen am 21.3.1932 den bisherigen Hilfsschulleiter Hans Röhm - Essen, Engelbertstr. 4. Er ist geboren am 25. März 1894 in Netra Kreis Eschwege-Werra. Seit 1897 in Essen-Altstadt, besuchte in Essen 8 Jahre die evangelische Volksschule, 3 Jahre die evangelische Präparandenanstalt und anschließend das evangelische Lehrerseminar in Essen, an dem er 1914 das 1. Lehrerexamen ablegte. Bei Kriegsausbruch meldete er sich kriegsfreiwillig zum Infanterieregiment 57 (Wesel) u. stand ab Oktober 1914 beim Regiment 57 an der Westfront. Mehrfach verwundet bei Verdun. Im Juni 1917 geriet er schwerverwundet als Offizier am Chemin des Dames in französische Gefangenschaft und kehrte mit bleibenden körperlichen Schädigungen im Juni 1919 über die Schweiz ins Vaterland zurück. Ab 1. Juli 1919 im Volksschuldienst der Stadt Essen. Vom 1.4.1926-1.4.1932 betätigte er sich heilpädagogisch an der ev. Hilfsschule II Essen. 1927 legte er das heilpädagogische Examen ab und 1931 das Mittelschullehrerexamen in Religion und Geschichte. Er ist seit 1925 verheiratet und hat 4 Kinder.

Mit Beginn des neuen Schuljahres (8. April 1932) übernahm der neue Schulleiter - zunächst kommissarisch - die Leitung der Schule. Die offizielle Ernennung durch die Regierung zu Düsseldorf geschah erst unter dem 1.5.1932.

Am 2. Juni 1932 erfolgte die Einführung und Überreichung der Bestallungsurkunde durch Herrn Schulrat Zellmer in Gegenwart des Kollegiums im Klassenraum I. Schulrat Zellmer hielt eine Ansprache, in der er die Wichtigkeit und Größe des Amtes, die Notwendigkeit, die positiven Kräfte zu fördern, die negativen zu hemmen, hervorhob und dann die Urkunde überreichte. Herr Konrektor Fenge gratulierte im Namen des Kollegiums mit einer kleinen Rede. Anschließend führte der neue Schulleiter etwas aus: In schwerer Zeit übernehme ich das Erbe von meinem noch arbeitsrüstigen und -frohen Vorgänger. Es jetzt in der Zeit des Abstieges treu zu wahren, ist heilige Pflicht. In Zukunft frommt uns nur ernste Arbeit, nicht pädagogisches Geplätscher. Nicht Autonomie der Pädagogik, sondern Verbundenheit mit dem Gesamtleben ist nötig. Gemeinschaft brauchen wir. Sie beruht auf Arbeit und Opfer in der Familie und im Staat. Hindenburg ein Vorbild der Wesenshingabe an die uns gestellte Aufgabe. Zuvor leiht der Staat mir Autorität für mein Amt, aber Ziel kann nur die innere Autorität sein. Mein Wirken will Dienst sein an den Kindern zum Wohle der Kinder und damit des Staates. -

An dem Tage schloß auf Anordnung des Schulrates der Vormittagsunterricht um 11 Uhr.

Die zur Schule gehörende Dienstwohnung des Schulleiters Roggenstraße 3 wurde von Rektor Graefe am 29.4.1932 geräumt. Er zog nach Kettwig. Die Dienstwohnung wurde vom Nachfolger nicht bezogen, da sie für seine Familie ungünstig ist. Ab September 1932 vermietete die Stadt die Wohnung an den Kruppschen Angestellten Franz Buttgereit.

Das Amtszimmer, welches bisher in der Dienstwohnung lag, wurde in die II. Etage des Schulhauses verlegt.

Lehrer Hahn, Heinrich (Schulamtsbewerber) u. technische Schulamtsbewerberin Anneliese Mühlig werden ab 1.4.32 der ev. Schule Bochold II überwiesen. Frl. Mühlig steht der Schule für 12 Stunden zur Verfügung, 12 Stunden gibt sie in ev. Bochold III u. 4 an der bekenntnisfreien Schule Bergeborbeck.

 

Klassenverteilung im Schuljahr 1932/33.

Klasse I

7. u. 8. Schuljahr

Kn. + Mdch.

Rektor Röhm

Klasse II a

6. Schuljahr

Kn.

Konrektor Fenge

Klasse II b

6. Schuljahr

Mdch.

Lehrer Vogel

Klasse III a

5. Schuljahr

Kn.

Lehrer Conrad

Klasse III b

5. Schuljahr

Mdch.

Durchziehklasse

Klasse IV

4. Schuljahr

Kn. + Mdch.

Lehrer Hahn

Klasse V a

3. Schuljahr

Kn.

Lehrer Heck

Klasse V b

3. Schuljahr

Mdch.

Lehrerin Hotop

Klasse VI

2. Schuljahr

Kn. + Mdch.

Lehrerin Hillebrand

Klasse VII

1. Schuljahr

Kn. + Mdch.

Lehrerin Moeller

 

Für die Durchziehklasse ist Lehrerin Moeller verantwortlich. Bis zum 1. Oktober 32 arbeitete der Hospitant Arthur Steckel 11 Stunden in der Durchziehklasse u. hospitierte 4 Stunden wöchentlich in verschiedenen Klassen. Am 1.10.1932 wurde er als Hilfslehrer nach Essen-Dellwig versetzt, u. die Klasse III b wurde ohne Ersatz der Lehrkraft durchgezogen.

 

Klassenstärken 1932/33.

 

Kl. I

II a

II b

III a

III b

IV

V a

V b

VI

VII

Summe

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kn.   Md.

1.5.32

21+30

44

8+35

43

45

20+29

36

39

20+35

31+26

223+239=462

1.6.32

21+30

44

8+36

42

45

20+31

35

39

19+35

31+25

220+241=461

1.7.32

21+31

45

8+36

42

45

20+32

35

39

18+35

30+25

219+243=462

27.7.32

21+31

45

8+36

42

45

20+32

35

40

18+36

30+26

219+246=465

1.10.32

21+30

44

8+33

42

43

20+33

34

38

16+36

29+26

214+239=453

1.11.32

21+30

43

8+31

42

43

18+33

34

37

16+34

28+25

210+233=443

1.12.32

21+30

42

9+32

42

43

18+33

35

37

17+33

28+24

212+232=444

10.1.33

21+30

41

9+31

41

43

18+33

35

36

17+33

28+25

211+231=442

1.2.33

22+30

41

9+32

41

44

18+34

34

37

17+33

29+25

211+235=446

1.3.33

22+30

41

9+34

41

43

18+33

35

37

18+32

30+25

214+234=448

 

Da das Schulgebäude nur 8 Klassenräume hat, mußten 2 von den 10 Klassen auswärts untergebracht werden. Kl. V a in der kath. Schule Bochold II Germaniastr.
Kl. III a (Lehrer Conrad) in kath. Schule Bochold III Lahrstraße.

Im Laufe des Schuljahres 1932/33 sind zu- bezw. fortgezogen.

 

 

zu:

ab:

Kl. I.

2

1

Kl. II a

1

3

Kl. II b

7

7

Kl. III a

2

3

Kl. III b

2

3

Kl. IV

6

5

Kl. V a

5

6

Kl. V b

3

4

Kl. VI

4

9

Kl. VII

9

12

 

41

53

 

Ostern 1933 wurden aus der Schule entlassen:

aus dem

8. Schuljahr

7. Schulj.

6. Schulj.

5. Schulj.

 

Knaben:

7

6

1

-

14

Mädchen:

10

4

1

1

16

 

17

10

2

1

30 Kinder.

 

Von den 30 entlassenen Kindern hat ein Mädchen eine Lehrstelle als Verkäuferin erhalten und ein Knabe eine Stelle als Laufjunge bei Krupp. Alle anderen sind berufslos. Drei Knaben wollen zur Ausfüllung der Zeit die Industrieschule mit 36 Wochenstunden besuchen, u. einige Mädchen möchten das Nähen in Kursen erlernen.

Von dem Entgegenkommen der Stadt, daß berufslose Kinder noch ein neuntes Jahr in der Schule bleiben dürfen, machten die Eltern keinen Gebrauch, obwohl einige Kinder gern geblieben wären.

Ostern 1931 wurden 56 Schulneulinge (30 Knaben u. 26 Mädchen) eingeschult; drei davon wurden vom Schularzt für ein Jahr zurückgestellt.

Zu Beginn des Schuljahres 1932/33 mußte die Schule Bochold II auf Anordnung des Schulrates eine Reihe Kinder mit der Schule Bochold III austauschen, um an beiden Schulen überfüllte bezw. zu schwach besetzte Klassen zu vermeiden. Diese Umschulungen brachten mancherlei Schwierigkeiten mit den Eltern vor allen Dingen wegen der weiten Wege nach den ausquartierten Klassen.

Ostern 1933 wurden
1 Knabe aus dem 1. Schuljahr
3 Mädchen aus dem 3. Schuljahr der Hilfsschule überwiesen.
1 Knabe aus dem 2. Schuljahr wurde mitten im Schuljahr nach der Hilfsschule umgeschult.
1 Mädchen 4. Schuljahr kam im Februar 33 in die Fürsorgeerziehung.

Zur Aufbau-, höheren, mittleren Schule gingen Ostern 1933:
Knaben 1
Mädchen -.

Während des Schuljahres 1932/33 besuchten 251 Kinder die Sprechstunden des Schularztes.

In den oberen Jahrgängen der Mädchen fielen sehr viele Mädchen durch Rückgratverkrümmungen auf. Eine Reihe dieser Kinder nahmen an dem von der Stadt eingerichteten orthopädischen Turnen teil. Die Rückgratverkrümmungen sind neben der Unterernährung vieler Kinder in dem vorsintflutlichen, gesundheitschädlichen Bankmaterial der Schule begründet. Unter viel zu kleine Bänke hat die Stadt 7-10 cm dicke Klötze schlagen lassen, damit die Kinder sitzen können, aber alle anderen Größenverhältnisse sind unproportional, und die Kinder können einfach gar nicht gerade sitzen beim Schreiben. Mehrere Anträge um anderes Bankmaterial konnten wegen Geldknappheit von der Stadt nicht berücksichtigt werden.

Anfang September 1932 wurden 8 Klassen der Schule vom Schulzahnarzt untersucht.
Von 130 anwesenden Knaben waren 74 zahnkrank
240 anwesenden Mädchen waren 129 zahnkrank,
d. h. 56 % der Knaben u. 54 % der Mädchen.
In der Schulzahnklinik waren als zahlende Mitglieder von etwa 460 Kindern nur 18.

 

Schulversäumnisse 1932/33.

 

wegen Krankheit

entschuldigt

Urlaub

unentschuldigt

Summe

Kl. I

2,84 %

0,72 %

0,04 %

3,60 %

Kl. II a

3,60 %

0,53 %

0,31 %

4,44 %

Kl. II b

4,37 %

1,19 %

0,08 %

5,65 %

Kl. III a

3,58 %

0,45 %

0,31 %

4,34 %

Kl. III b

4,23 %

0,77 %

-

5,00 %

Kl. VI

4,36 %

0,76 %

-

5,12 %

Kl. V a

5,57 %

0,22 %

-

5,79 %

Kl. V b

2,80 %

0,22 %

-

3,02 %

Kl. VI

6,32 %

0,63 %

-

6,95 %

Kl. VII

7,56 %

1,01 %

-

8,57 %

 

Ab Ende Januar wurde von England ausgehend Westeuropa von einer heftigen Grippeepidemie heimgesucht, deren einzelne Fälle im allgemeinen leicht u. gutartig verliefen. In der Schule fehlten am

28.1.33  27 % der Kinder
30.1.33  24 % der Kinder
31.1.33  27 % der Kinder
1.2.33    28 % der Kinder
2.2.33    28 % der Kinder.
Vom 3.2.1933 bis einschließlich 8.2.33 wurden alle Schulen der Stadt behördlich wegen der Ansteckungsgefahr geschlossen. Danach ebbte die Krankheit stark ab.

Kinderspeisung (Milch) im Sommerhalbjahr täglich 14 l Milch
                                        im Winterhalbjahr täglich 22 l Milch.

Von den etwa 460 Kindern der Schule traten 326 der Schülerunfallversicherung bei. Jährlicher Beitrag 0,22 M, Lehrpersonen und Hausmeister 1,- M. Sämtliche Lehrpersonen ließen sich versichern.

Ein Unfall trat ein und wurde der Versicherung gemeldet: Knabe Paul Grabowski geb. 14/12.1919 wurde in der Pause von einem Kinde gestoßen, fiel und zog sich einen Bluterguß am Blindarm zu. Nach einem Aufenthalt im Borbecker ev. Krankenhaus trat folgenlose Heilung ein.

Im Laufe des Schuljahres wurden
1. der Schulamtsbewerber Heinrich Hahn geb. 4.1.1902 am 1. August 1932 mit Besoldungsdienstalter vom 1.4.1929
2. der Schulamtsbewerber Rudolf Vogel geb. 24.1.1901 am 1. August 1932 mit Besoldungsdienstalter vom 1.10.1926
3. die technische Schulamtsbewerberin Anneliese Mühlig geb. 15.3.1906 am 1.12.1932 endgültig angestellt im Schulverband Essen.

Gesundheitsstand der Lehrpersonen; es fehlten

 

Rektor Röhm

7/8.5.32

2 Tage wegen Grippe und Furunkel

Konrektor Fenge

16/7.32

31/.-23.2.33

1 Tag wegen Magenerkrankung

15 Schultage wegen Grippe u. Bronchialkatarrh.

Lehrer Heck

7.+8.6.32

20/2.-25/2.33

2 Tage wegen Hornhautentzündung

6 Tage wegen Nervenschwäche

Lehrer Conrad

10/10.-13/10.32

7/11.-23/12.32

1.2.33-11.2.33

14/2.33

16.2.-18.2.33

3 ½ Tg. wegen Luftröhrenkatarrh

47 Tg. wegen katarrhalischer Lungenentzündung

5 Tg. wegen Grippe (dazwischen Grippeferien)

½ Tg. wegen Halserkrankung

3 Tg. wegen Rachen- u. Halsentzündung

Lehrer Vogel

17/12.32 u.

20.12.-23.12.32

5 Tg. wegen eitriger Entzündung

Lehrerin Moeller

28/4.-3.5.33

wegen Halserkrankung

Lehrerin Hillebrand

4.10.32

24.1.-25.1.33

31.1.-2.2.33

1 Tg. wegen Erkrankung

2 Tg. wegen Grippe

3 Tg. wegen Grippe

Lehrerin Hotop

28.1.33

1 Tg. wegen Halserkrankung

Lehrerin Mühlig

22.3.33

1 Tg. wegen Magenerkrankung.

 

Während der langen Krankheitszeit des Lehrers Conrad erhielt die Schule keinen Ersatz und mußte die Durchziehklasse u. die Klasse III a mitversorgen. Während der Grippezeit waren zeitweise drei Klassen ohne Lehrer. Dadurch wurde die Winterarbeit sehr gehemmt.

Ausflüge konnten nur in geringem Umfang mit den Kindern gemacht werden; denn es mangelte bei der großen Arbeitslosigkeit der Eltern an Geld, außerdem gab die Stadt keinen Pfennig für diese Zwecke.

Die Klasse I machte vom 5.-7.7.32 eine Dreitagesfahrt nach dem Jugenderholungs- u. Landheim des C.V.J.M. (Christlicher-Verein-junger Männer) Essesn im Hespertal - Bernsmühle. Es nahmen 29 Mädchen und 20 Knaben teil. Infolge ganz besonderen Entgegenkommens der Landheimverwaltung konnte die Unterbringung, das Baden im Schwimmbecken u. die teilweise Verpflegung pro Kind mit 85 Pf. abgegolten werden. Hinzu kamen noch 25 Pf. für Straßenbahnfahrt nach Rellinghausen bezw. von Bredeney nach Bergeborbeck.

Die Kinder atmeten geradezu auf, als sie einmal drei Tage nur in Wald, Wasser und Wiesen tummeln durften. Die meisten waren das erste Mal eine Nacht von Hause fort. Einige sahen bei dieser Gelegenheit zum ersten Male die Ruhr. Vor allen Dingen zog die große Schwimmbahn die Kinder gewaltig an. Obwohl nur 3 Kinder schwimmen konnten, waren sie kaum vom Wasser zu trennen. Beiliegend eine Aufnahme aus jeden Tagen.

 

[Foto:] Kl. I. 7.+8. Schuljahr 1932 am 6/7. am Landheim Bernsmühle.

 

Am 20/12.32 durchwanderte die Kl. I. vom Stauwerk Merden[=?] beginnend den künftigen Boden des Essener Stausees bis Heisingen. Im Februar 1933 wurde der See endgültig gefüllt.

Am 24.3.33 machte die Klasse I mit 53 Kindern eine Autobusfahrt (Sonderfahrt) von der Schule Roggenstr. über Mülheim-Ruhr-Selbeck, Lintorf-Angermund nach Kaiserswerth. Dort eingehende Besichtigung der Kaiserswerther Anstalten, über deren Umfang die Kinder sehr staunten, u. Besichtigung des Suitbertusdomes. Den Rhein sahen viele Kinder an dem Tage zum ersten Male.

Im Schuljahr 1932/33 war an folgenden Tagen hitzefrei:
6. Juni 32 ab 12.00 Uhr
1. Juli 32 ab 11.00 Uhr
5. Juli 32 ab 11.00 Uhr
11. Juli 32 ab 11.00 Uhr
12. Juli 32 ab 11.30 Uhr

Herrn Schulrat Zellmer besuchte am 4./7.32 die Lehrer bezw. Schulamtsbewerber Vogel u. Hahn, um vor der endgültigen Anstellung ihre Klassen zu sehen. Am 11. Nov. 32 hörte er eine Stunde den Unterricht bei Lehrer Vogel u. eine Stunde bei Fräulein Hotop in der Durchziehklasse.

Am 11.3.33 weilte Herr Schulrat Zellmer 3 Stunden und am 26.3.33 eine Stunde an der Schule, um Lehrer Heck als Fachlehrer in Kl. I u. als Klassenlehrer in Kl. V a 3. Schuljahr zu hören.

Am 31.3.33 wurden vormittags 10.15-11.30 30 Kinder in einer kurzen u. schlichten Abschiedsfeier aus der Schule entlassen. Herr Pfarrer Klingbeil als Vertreter der Schulkommission u. Rektor Röhm hielten je eine kurze Abschiedsansprache. Der Elternbeirat hatte keine Vertreter gesandt. Nachfolgend die Knaben u. Mädchen der Klasse I, die am 31.3.33 entlassen wurden.

 

[Fotos]

 

Im Schuljahr 1932/33 wurden 9 Systemkonferenzen abgehalten, z. T. mit Unterrichtslektionen.

Am 26. Juni 32 fand eine Neuwahl des Elternbeirates statt. Da Dank der großen Einheitlichkeit der Elternschaft nur eine Vorschlagsliste eingereicht wurde, galt diese als gewählt. 2 Frauen u. 8 Männer gelten als gewählt. In der ersten Sitzung am 28/6.33 wurde Herr Alsen als 1. Herr Otto Stroegel als 2. Vorsitzender gewählt. 1. Schriftführer Herr A. Rudat 2. Schriftführer Herr Franz Hennig.

Auch die Schulkommission mußte zu Ende des Schuljahres neu gebildet werden für 6 Jahre ab 1.4.33.
1. Werkmeister Wilhelm Stellmacher Mielendonkweg
2. Chefingenieur Dipl.-Ing. Jul. Wiegemann Weizenstr. 13
3. Postbeamter Wilhelm Alsen Endstr. 7
4. Pfarrer Helmut Klingbeil Fürstenstr. 12
5. Rektor Hans Röhm Essen Engelbertstr. 4.

6. Lehrerin Else Hillebrand Heißenerstr. 62

7. Lehrer Rudolf Vogel Hedwigstr. 14.

Das nunmehr abgeschlossene Schuljahr 1932/33 ist nach jeder Richtung hin für das Schicksal jedes Einzelnen, der Schule und des gesamten deutschen Volkes von einer Bedeutung, die sich zur Zeit noch nicht übersehen läßt, da wir noch im Anfang stehen. Kennzeichnend ist die Not, die täglich stieg. Die meisten Eltern unserer Kinder sind u. waren arbeitslos u. leben von der unzureichenden Wohlfahrtsunterstützung. Es mehren sich die Fälle, in denen Eltern die Kinder nicht zur Schule senden, weil sie ihnen nichts zu essen geben können oder kein genügendes Schuhwerk haben. Staunenswert, wie manche Familien tapfer mit der Not kämpfen u. trotz der Not in vorbildlicher Weise für die Kinder sorgen. In dieser Zeit zeigt es sich, welche Mütter u. Väter einteilen können. Auf der anderen Seite lassen manche die Flügel hängen, sinken herunter zum Lumpenproletariat, das von den anderen nur fordert, sich selbst aber nicht mehr anstrengen will u. es der Schule übel nimmt, wenn sie gerade auch in dieser Zeit der Zersetzung auf Zucht und Sitte hält. Manche Kinder gehen von sich aus betteln, manche stehlen, manche werden von Eltern zum Betteln ausgesandt. Ein krasser Fall kam zu Ohren der Schule. Ein Vater ließ durch seine 12 jährige Tochter den Klassenlehrer um eine freundliche Bescheinigung bitten, da eine wohlwollende Familie dem Mädchen gern Kleider und sonstiges schenken wolle, aber gern eine Bescheinigung der Schule sehen möchte. Nichtsahnend stellte Herr Lehrer Vogel beiliegende Bescheinigung aus. Durch eine Zufälligkeit bekam die Schule einige Tage darauf zu hören, daß der Vater die Bescheinigung zum organisierten Betteln seiner Kinder benutzte. Er hatte den Schein auf Stoff aufgezogen, damit er recht lange brauchbar war. Die Schule forderte den Schein sofort zurück, u. es war schwierig, dem Vater das Bedenkliche seines Handelns klar zu machen. Der Schein ist hier beigefügt als Zeitdokument.

Die Leistungen in der Schule litten sehr unter der Zeit.

Die Stadt Essen kürzte außerordentlich an den Ausgaben für die Schulen. Die Gelder für die Lernmittel für arme Kinder sind vollkommen unzureichend. Kinder, die es nötig hätten, unterstützt zu werden, können nicht mit halten u. Büchern ausgestattet werden. In oberen Klassen erscheint wieder die Tafel.

 

Evangelische Volksschule Bochold II

Essen-Bergeborbeck, den 11. Juli 1932
Roggenstraße 5

Familie Schmuckat, Friesenau 10, bekommt monatlich 72 M Unterstützung. Davon sind 28 M Miete zu zahlen. Es herrscht also große Not. Da im übrigen ein sehr ordentliches und ruhiges Familienverhältnis besteht, kann eine Unterstützung von privater Seite wohl empfohlen werden.

R. Vogel, Lehrer

(Stempel) Röhm, Rektor.

 

Parallel zur äußeren Not wächst die deutsche innerpolitische Not u. Zerrissenheit. Schon seit über 2 Jahren regiert der Reichspräsident v. Hindenburg mit Präsidialkabinetten und besonderen Vollmachten nach Artikel 48 der Reichsverfassung. Liberialismus, Parteiegoismus und unerhört freches Auftreten des Kommunismus' mit seiner Gottlosenpropaganda zersetzen das Volk u. bringen das Vaterland an den Abgrund des Verderbens. Auch die Kabinette der sogenannten nationalen Konzentration (v. Papen u. v. Schleicher) können sich nicht halten. Am 30.1.33 beruft der Reichspräsident v. Hindenburg den Führer der nationalsozialistischen Partei Adolf Hitler als Kanzler. Mit einem ungeheuren Jubel des Gesamtvolkes wird Adolf Hitler begrüßt. Hinter ihm steht eine große Volksbewegung die in 14 Jahren aus dem Nichts im steten Kampf geworden ist. Mit eisernem Griff erfaßt der neue Kanzler die Zügel im Reich und in Preußen. Der Brand des Reichstages in der Nacht zum 27. zum 28/2.33, der von kommunistischer Seite entfacht war, zeigte dem Volke, an welchem Abgrund es stand. Die Neuwahlen am 5./3.33 brachten im Reiche eine absolute Mehrheit der nationalen Seite (Nationalsozialisten u. Deutsch-nationale Volkspartei) u. die Wahlen am 12./3.33 bringen dasselbe Bild für (Landtag und) Gemeindevertretungen (auch 5/3.33).

Am 8.3.33 hatten alle preußischen Schulen aus Anlaß des nationalen Sieges frei.

Am 11. März 33 fand in den Schulen ein Gedenken für die Gefallenen des Weltkrieges statt. An diesem Tage flaggte die Schule zum ersten Male wieder die alte Fahne Schwarz-Weiß-Rot gemeinsam mit Schwarz-Weiß. Die Fahne war schon vorher auf Kosten des gesamten Kollegiums (freiwillige Gaben) hergestellt worden.

 

[Foto:] Samstag, den 11.3.1933 Vortrag zum Volkstrauertag. Schwarz-Weiß-Rot zum ersten Male seit 1918.

 

Montag, den 13.4. bis Mittwoch, den 15./3.33 sollten alle öffentlichen Gebäude Schwarz-Weiß-Rot u. die Hakenkreuzfahne hissen. Der Reichspräsident hatte beide anerkannt bis zu einer kommenden Regelung der Flaggenfrage. Montag, den 13./3. vor Schulbeginn lieh sich die Schule in der Nachbarschaft eine Hakenkreuzfahne. Alle Kinder standen um 8 Uhr still, als die Fahne gehißt wurde. Nach einigen kurzen würdigenden Worten des Rektors sangen Lehrer u. Kinder gemeinsam vor dem Schulgebäude angesichts der wehenden Flaggen „Deutschland, Deutschland über alles 1-3, danach ließen wir Hindenburg u. unser geliebtes Deutschland hoch leben.

 

[Foto:] Schwarz-Weiß-Rot u. Hakenkreuz am 13./3.33.

 

Die Schuljugend war gewaltig ergriffen. Zwar verstanden die meisten Kinder - mit Ausnahme der Klasse I, die in den vergangenen Monaten die großen nationalen Probleme behandelt hatte - die Tiefe der Ereignisse nicht, aber an Begeisterung waren die Kleinen nicht zu überbieten.

Aus einer zufälligen Anregung heraus hatte Lehrer Vogel nebenstehendes Gedicht zu der altbekannten Melodie gemacht, u. alle Kinder der Schule sangen es wochenlang in u. außerhalb des Unterrichts. Das Lied hat auch den Weg in die Presse gefunden.

 

Flaggenlied für die deutsche Jugend.
von R. Vogel.
Melodie: Deutsches Flaggenlied.

1. Stolz weht die Flagge Schwarz-Weiß-Rot - durchs weite deutsche Land. Die langen Jahre schwerer Not - für immer sind gebannt. Sie flattert wieder frei im Wind, die Schutz und Recht uns bringt; und jedes echte deutsche Kind sich freut und tapfer singt: Dir woll'n wir treu ergeben sein, getreu bis in den Tod; Dir woll'n wir unser Leben weih'n, der Flagge Schwarz-Weiß-Rot.
2. Und wie die deutschen Männer all, die Frauen weit und breit, so woll'n wir Kinder allzumal - sie lieben jederzeit. Wir woll'n nicht ruh'n und rasten nicht, bis Deutschland wieder frei. Wenn dich bedroht ein böser Wicht, so bleiben wir dir treu. Dir woll'n ...
3. Auch wollen nie vergessen wir, den Mann, der sie erneut, sein Name klinge für und für - durchs deutsche Land wie heut. Heil Adolf Hitler rufen wir. Heil Deutschland auch dazu, wir wollen immer danken dir - und treu sein auch wie du. Dir woll'n ...

 

Die Ereignisse im März 1933 überstürzten sich ständig. Die Reichsregierung arbeitete an der rücksichtslosen Ausrottung jeglicher Spur von Kommunismus und entfernte auch allen marxistischen Geist u. seine Vorkämpfer aus Reich, Staat und Kommune. Überall trat ein Wechsel in den leitenden Stellen ein. Aus der nationalsozialistischen Partei wurde eine nationalsozialistische Volksbewegung, die ihren Geist in die Familien, Schulen, Rathäuser, Gerichte, Geschäfte, Fabriken und Vereine trägt. Das große Kennwort des Tages wurde „Gleichschaltung". Wie ein Sturmwind durchrauscht die Bewegung die gesamte Nation und findet leider viel Morsches, Angefaultes, Krankes. (Leute) Männer, die bisher in Parteien, Wirtschaftskreisen und Stadtverwaltungen einen guten Namen hatten, wurden entlarvt als Betrüger und Schädlinge des hungernden Deutschland. Manche bisherige Minister und Ministerpräsidenten flohen ins Ausland und überließen die bisher von ihnen Geführten ihrem Schicksal. So erhebend die nationale Bewegung auf der einen Seite war und ist, so kläglich u. kümmerlich ist die Haltung der bisherigen Führer.

Am 21. März 1933 fand in der Garnisonkirche in Potsdam ein feierlicher Staatsakt zur Eröffnung des neuen Reichstages statt. An diesem Tage hatten alle Schulen frei und mußten sich in einer Schulfeier die Möglichkeit verschaffen, durch Radio an der Feier in Potsdam teilzunehmen. Unsere Schule besetzte mit sämtlichen Kindern den Saal Kislat in der Bocholderstraße und hörte voll Ehrfurcht die Worte unseres greisen Reichspräsidenten und danach die richtunggebenden Worte des Reichskanzlers Adolf Hitler. Im Anschluß daran sprach der Rektor zu den Kindern über die große Bedeutung des Potsdamer Tages. Deutschland ist von dem Weimar 1919 nach Potsdam zu dem Geist der großen Preußenkönige zurückgekehrt und will und wird nun an den Aufbau des 3. Reiches gehen, dem nicht nur unsere Begeisterung und Liebe sondern auch unser Tun und Opfern gehören soll. - Beim Gesang des Deutschlandliedes hoben sich alle Arme wie von selbst zu dem neuen Gruß der nationalen Bewegung. Hier erklang aus sämtlichen Kinderherzen u. von allen Kinderlippen zum ersten Male gemeinsam das „Horst-Wessellied" der Kampfgesang der neuen Bewegung. Nach Schluß der Feier verließen die Kinder spontan singend den Saal.

Nachmittags fand noch eine nationale Kundgebung der gesamten Jugend Groß-Essens auf dem Burgplatz statt, woran 80 Kinder der Oberklasse unter Führung des Schulleiters u. Frl. Hotops teilnehmen durften.

Reich, Staat und Schule haben alles getan, um der Jugend die Bedeutung der großen geschichtlichen Wende ins Herz zu graben. Auf die reiferen Schüler u. Schülerinnen hat das Neue einen tiefen Eindruck gemacht.

Zwar ist die äußere Not noch die gleiche, aber der gewaltige innere Druck, die stumme Verzweiflung ist aus den deutschen Landen und Herzen geschwunden, und wir verlassen das alte Schuljahr mit Freuden u. einem großen Hoffen auf einen kommenden nationalen und wirtschaftlichen und kulturellen Aufstieg und mit Dank gegen Gott und unsere nationalen Führer.

Hans Röhm, Rektor.