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KLV-Tagebuch Hanna Menzel (1943)

Hanna Menzel verfasste dieses Tagebuch über ihre zweite KLV-Verschickung mit der Essener Luisenschule nach Mährisch-Weißkirchen und Klein Skal im "Protektorat Böhmen und Mähren".

Hanna Menzel, Kl. 3 Luisenschule

Tagebuch von den K.L.V. Lagern
„Mährisch-Weißkirchen" u. „Klein-Skal".

Tagebuch von den K.L.V. Lagern
Mährisch-Weisskirchen in der Zeit vom
12. Februar - 16. März 1943

und

Klein-Skal in der Zeit vom
16. März - 26. September 1943

[Nachtrag 11. April 2004

Abschlußdatum muß Irrtum sein - späterer Nachtrag; denn im Lager-Album (Poesie) sind die letzten zwei Eintragungen von Reisekameradinnen aus Prag, am 23.8.1943!

Johanna Menzel]

Schlüsselblume    Sumpfdotterblume    Schlüsselblume

Essen, den 12. Februar 1943

Eine lange Reise.

Nun schreiben wir den 12. Februar 1943, und der Tag der Abreise in das K.L.V. Lager Mährisch-Weißkirchen ist gekommen. Mein Brotbeutel ist schon gepackt, den Koffer mit den Kleidern hat Vati gestern abend zum Hauptbahnhof geschafft. Nun geht Mutti mit mir und meinen beiden Brüderchen zum Bahnhof, wo wir unseren Vati treffen werden. Im Treppenhaus gibt mir Frau Spieß noch ein 2 RM Stück, da sie nichts für mich für die Reise hatte. Auf dem Bahnhof gibt mir Vati ebenfalls noch 5 RM. Auf dem Bahnhof müssen wir uns dann Gruppenweise aufstellen. Ursula Balke, Doris Eggert sind in derselben Gruppe wie ich = Gruppe 3. Nachdem wir uns aufgestellt hatten, gingen wir auf den Bahnsteig. Wir standen nicht lange hier, als der Zug auch schon kam. Unser Gepäck hatten unsere Eltern. Wir mußten nun in den Zug steigen, und als alle Kinder im Zug waren, durften die Eltern an den Zug und uns unsere Koffer durch das Fenster herein reichen. Nach einiger Zeit, in der wir uns noch einmal richtig verabschiedet haben, fuhr der Zug ab. Zuerst wurde nun, nachdem wir unseren Eltern noch tüchtig gewunken haben, unser Abteil schön aufgeräumt. Unsere Koffer kamen

in das Gepäcknetz und die Mäntel und Brotbeutel wurden aufgehängt. Jeder setzte sich jetzt auf seinen Platz. Zunächst schauten wir uns erst noch einmal die Gegend und Umgegend von Essen an. Dann fingen einige mit Essen an und ein paar andere lasen in den Büchern, die sie mitgenommen hatten. Ich schaute mir noch die Gegend an, denn man kommt nicht gleich wieder hier vorbei. Mit Ursula Balke, Doris Eggert, und noch 4 anderen Mädeln aus der 2. Klasse war ich in einem Abteil. Nach einer Wei[le] begann U. Balke das Buch „Boot Silberpfeil" vorzulesen. Bald wurde das aber auch langweilig. Da kam die Führerin Marga von Nida herein, sie war unsere Transportbegleiterin. Nun begannen wir Lieder zu singen. In dieser Zeit war aber auch schon der Mittag herangeschlichen. Jeder packte seine Eßsachen heraus und begann sein Mittag-brot zu verspeisen. Zum Mittag verspeißte ich 4 Brötchen und 1 Ei, dazu trank ich, den von Vati zurechtgemachten Apfelsinensaft. Nach dem Mittagessen versuchten wir etwas zu schlafen. Mir gelang dies jedoch nicht und ich schaute wieder aus dem Fenster. In Soest bekamen wir noch Mittagessen, es war ungefähr um 13.00 Uhr. Was wir zu essen bekamen, war Erbsensuppe mit Möhren und Speck. Na ja, als wir

 

zu Mittag gegessen hatten, fingen einige an zu schlafen. Ich schaute, wie ich ja schon geschrieben habe, aus dem Fenster. So verging dann der Nachmittag. Um 3.00 Uhr, bzw. um 15.00 Uhr tranken wir Kaffee. Ich aß, 1-2 Brötchen und einige Drops. Die anderen Drops verteilte ich unter den Mädeln, die mit mir im Abteil waren. Nach dem Kaffee sangen wir noch Lieder und lasen aus dem Buch „Boot Silberpfeil" etwas vor. Am Abend bekamen wir in Nordhausen feine Kartoffelsuppe zu essen. Zwar war diese Suppe etwas nüchtern, aber da war ich natürlich der rettende Engel, denn ich hatte 1 Töpfchen mit Salz bei mir. Nun bekamen alle etwas Salz davon, gleich schmeckte die Suppe noch besser. Als wir gegessen hatten kam aufeinmal Marga herein und sagte: „So, jetzt muß ich Euch etwas trauriges mitteilen. Ihr müßt dieses Abteil räumen und kommt in einen anderen Wagen. Ebenfalls die anderen Mädel müssen ihre Abteils räumen, denn dieser Wagen muß frei gemacht werden, als Lazarett-wagen." Mit murren nahmen wir die Nachricht entgegen, doch wir mußten gehorchen. Schnell packten wir unsere paar Sachen zusammen und siedelten über. In einem 3. Klasse-Wagen hatten uns die Pimpfe 3 Abteile frei gemacht. Wir zogen nun hier ein. Aber zum Schlafen war es hier viel zu eng. Da kam Marga und sagte U. Balke, Doris Eggert, Ruth Gserer, und ich sollten in ein anderes Abteil, das im anschließenden Wagen

frei gemacht worden war. In den beiden durchgehenden Abteils waren allerdings nur Jungens. Aber wir störten uns nicht weiter daran sondern versuchten einzuschlafen. Nachdem ich ungefähr 3 Stunden geschlafen habe werde ich wach. Dann schlafe ich wieder ein Stück, aber da werde ich durch die Pimpfe geweckt. Diese haben sich Witze erzählt und darüber gelacht, davon bin ich natürlich wach geworden. Nun kamen Totte Zahn (=Marielotte Zahn) Inge Iding Peter (=Sigrid Peterson.) und Rose Schatz in unser Abteil. Diese wurden nun von den Bengels geärgert. Sie wurden an den Haaren gezogen, gezwickt und gepisackt. Da kam aber der Jung-Zug-Führer „Frensch", und gebot mit schriller Stimme „Ruhe", die dann auch eintrat. So verging die Nacht. Am Morgen gingen wir dann zurück in unser richtiges Abteil. Wir waren alle sehr dreckig und schmudellig. Doch hatten wir eine Seifenschale voll Wasser ergattert. In diesem Tropfen wuschen sich ungefähr 8 Mann. Es war ganz gottvoll. Der Tag verlief wie der vorige mit Singen, Lesen und Erzählen. Frühstück erhielten wir in Kolin. 2 Semmel und einen Pott Kaffee. In Böhmisch-Trübau bekamen wir schöne Nudelsuppe mit viel, viel Fleisch. Am Abend um 19.30 waren wir an Ort und Stelle. Jedoch nicht in Weißkirchen, son-

 

dern in Teplitz an der Bedschwar; denn unser „Trapolei" hatte angeordnet, daß wir nach Teplitz kämen und die Jungens nach Weißkirchen. (Das stimmte allerdings nicht.) Jedoch wir mußten gehorchen. Hier in Teplitz angelangt marschierten wir zur Küche „Satischi", wo wir immer essen sollten. Wir bekommen Erbsensuppe mit großen Kartoffeln. Es schmeckt alles sehr gut. Nun wird aber aufeinmal so gemunkelt, als sollten wir jetzt noch nach Weißkirchen marschieren. Nachher sagt aber eine Führerin, daß wir in „Mita" übernachten könnten. Wir sind alle sehr froh und freuen uns auf die Nachtruhe. Nachdem wir uns im Waschraum gewaschen haben und alle auf dem „Klo" waren, geht es jupp-hei-di ins Bett. Ich bin diese Nacht zusammen mit: u. Teckentrup, G. Teckentrup, D. Eggert, Brunhilde Hagemann und Ruth Gserer in einem Zimmer. In unseren quietschenden Eisenbetten schlafen wir dann bald wie die „Murmeltiere".

[Zeichnung:] Abschied

Ein neues Lager.

Februar, den 14. 1943.

Heute morgen wurden wir von unsere augenblicklichen Führerin Ilse Grewe geweckt. Als wir uns angezogen hatten und unsere Zimmer aufgeräumt waren, marschierten wir zur Küche „Satischi". Hier bekamen wir 1 Tasse Kakao 1 Apfel und 2 Stutenschnitten mit Marmelade. Es schmeckte alles ganz ausgezeichnet. Direkt nach dem Essen marschierten wir nach M.-Weißkirchen, das ungefähr eine ½ Stunde von Teplitz entfernt ist. Als wir in Weißkirchen in unserem Lager ankamen, wurden wir von Frl. Dr. Ortmeyer und Frl. Mantzel empfangen. Dann gingen wir in den Tagesraum. Es war ein sehr schöner Raum mit großen Fenster. An den Wänden hingen einige Bilder aus Essen. So fühlten wir uns hier gleich heimisch. Im Raum standen 3 lange Tische mit „Blau-weiß-karierten Decken" gedeckt. Wir setzten uns an die Tische, und nun stellte uns Frl. Dr. Ortmeyer als Lagerleiterin, Ruth Köhler als Lagermädelführerin und Else Gores als Unterführerin vor. Von Ruth Köhler war ich gleich sehr erbaut; denn sie sah sehr freundlich u. auch ganz hübsch aus. Else aber bekam von mir ein recht schlechtes Urteil, sie sah sehr mürrisch aus und verzog

 

keine Mine. Immer stand sie stumm in der Ecke. Doch meine Meinungen sollte ich bald ändern. Nach dem Mittagessen bekamen wir unsere Zimmer zugewiesen; denn die Jungens waren auch schon inzwischen aus unserem Lager gewandert. Nun waren wir aber alle etwas enttäuscht; denn erstens erfuhren wir, daß hier im Haus nur 7 Zimmer waren. 1 sechszener Zimmer, 2 Zwölferzimmer, 1 achter-Zimmer und 3 zehner Zimmer. Zweitens, daß wir uns nicht wählen durften, mit wem wir in ein Zimmer gehen wollten, sondern wir wurden in die Zimmer so zu sagen „rein gestopft". Das brachte heraus, daß ich zusammen mit „Leni Happe, Sigrid Seuster, Margret Ullrich, Wiltraut Fahlbruch, Doris Siebel, Inge Teller, Ursula Litterscheidt, Rosemarie Schatz, Marianne Koch, Elke Stein und Ilse Fiedler in ein 12ver Zimmer kam. Ursula Balke und Doris Eggert kamen zusammen in ein 10ner Zimmer. Eigentlich hätte ich ja zu denen ins Zimmer gekommt, aber ich war ganz froh, nicht bei Ulla zu sein; denn sie kam mir immer so aufdringlich vor! Unsere Kosenamen waren:

Für mich = Haunamen
" L. Happe = Leuken
" S. Seuster = Sis
" M. Ullrich = Maggi
" W. Fahlbruch = Willi
Für D. Siebel = Dolly
" I. Teller = Inka
" U. Littersch. = Allu
" M. Koch = Nanne
" R. Schatz = Rosamunde
Für Elke Stein = Steinchen
" Ilse Fiedler = Ille.

So hatte bei uns jeder seinen Namen. Den von Elke habe ich für mich gemacht!

(Die Namen galten aber nur in Stube 12)

Spind aufräumen.

Februar, den 15. und 16. 1943

Gestern abend sind wir alle schnell eingeschlafen; denn wir waren sehr müde. Als wir uns nun heute morgen angezogen hatten, kam Ruth in unser Zimmer und sagte: „So, nun werden mal die Spinde eingeräumt. Eure Koffer stehen unten im Hausflur und Ihr könnt gleich anfangen. Die Spinde werden so eingeräumt: Die Weißwäsche kommt auf einen Haufen. Vorne, links und rechts müßen sich die Kanten decken. Die bunte Wäsche wird rechts von der Weißwäsche liegen auch hier müssen sich die Kanten decken. Unten in den Spind kommen die Wollsachen, auch Kante auf Kante. So nun wißt Ihr was Ihr zu tun habt. Nun macht Euch an die Arbeit." Das taten wir dann auch. Zuerst war es ein heilloses Durcheinander. Immer wieder mußten die Stücke gefalten werden. Dann, als ich meinen Spind glücklich eingeräumt hatte, war der 1 Wäschehaufen zu breit, und ich mußte noch mal von vorn anfangen. Zum Schluß war mir doch alles gelungen und mein Spind war der beste aus dem ganzen Lager. So verging der 15. Am 16. haben wir alle noch mal die Spinde aufräumen müssen. Es war genau so wie am vorigen Tag. Dann mußten wir noch die leeren Koffer auf den Boden schaffen. Die Tornister und Schulbücher kamen in das Tornisterkämmerchen. So verliefen dann die ersten Tage

 

im neuen Kinderlandverschickslager Mährisch-Weißkirchen.

[Zeichnung:] Ein ordentlicher Schrank.

Die Tage der K.L.V. Zeit in Weißkirchen!

Von Februar, den 17. - März, den 16. 1943.

Die Tage in Weißkirchen sind sehr abwechslungsreich. Wir machen Geländespiele. Dabei rennen wir die Hügel herauf. Wir verstecken uns unter Tannen, hinter Felsen und überall. Nach einiger Zeit kommen dann die Schandarme; denn wir spielen das Spiel „Räuber und

Standiz". Sie sind ganz dicht bei uns vorbei gegangen, jedoch haben sie uns nicht entdeckt. Als das Spiel beendet war hatten die Räuber gewonnen, aber durch eine ganz dumme Sache; denn die Jungens, die auch in Weißkirchen in Lager 3 waren, hatten anscheinend gewußt, das wir ein Geländespiel gemacht haben. So sind auch sie in den Wald gegangen und haben die ganzen Schandarme, die von nichts wußten, gefangen genommen. Die 5-6 Männchen der Schandarme konnte ja nichts mehr anrichten und zum Schluß sind auch sie gefangen genommen worden. Das gab nun ein großes Tamtam denn die Bengels haben die ganzen Mädel zum Nepomuck gebracht und dort eingekreist, damit sie nicht mehr entkommen konnten. Ein Mädel aus unserem Lager hatte versucht mit noch ein paar anderen zu entkommen, doch die Jungens sind hinterher gerannt. Unterwegs ist Inge Iding umgeknickt und hat sich ihren Fuß verstaucht. Nun konnte Inge nicht mehr laufen. Da nahm sie der Unterführer von dem Lager auf die Schultern und trug sie so ein Stück nach dem Lager. Der Lagermann-

 

schaftsführer Helmut löste den Dieter unterwegs ab. So wurde Inge ins Lager gebracht. Um 17.00 Uhr sammelten wir uns alle in unserem Lager und Else und Inge haben sich bei den Führern beschwert, daß die Jungens so wild und frech zu den Mädeln waren. Aus Strafe mußten die Jungens ungefähr 2-3 Wochen lang ohne Fahrtentuch und Knoten einher marschieren. Das war das eine Geländespiel vom 6. März 43. Die anderen verliefen alle ziemlich ruhig, also ohne Störung der Jungens. Am Sonntag, den 28. Februar 43. war auch die erste Zusammenkunft mit den Jungens. Es war nämlich abgemacht, daß ein bunter Nachmittag in Lager 3 stattfinden sollte zu dem wir eingeladen werden sollten. Aber da dieser ausfiel ist ein Spaziergang mit den Jungens festgesetzt worden. Als wir Kaffee getrunken und Friedensbutterkremtorte gegessen hatten kam Lager 3 anmarschiert und hielt in einer bestimmten Entfernung von unserem Lager. Die Mädel, die Lust hatten mitzugehen durften mit spazieren gehen. So sind fast alle Mädel mitgegangen. Unsere Stube und auch ich und noch andere Mädel sind dageblieben. Wir haben Spiele gemacht und haben geschrieben.

So verging auch für uns der Nachmittag sehr lustig. Zum Abendessen kamen die anderen wieder. Sie waren alle ganz verrückt mit ihren Jungens. Viele zankten sich und sagten: „Ich habe den zuerst gehabt und du hast ihn mir abspenstig gemacht." Wir anderen haben uns dann gefreut, daß wir  nicht mit waren. Die ganzen Tage danach haben die anderen immer noch geschwärmt. Unser Tagesplan von Weißkirchen lautet:

6.15 Uhr Wecken
7.15 Uhr Stubenappell
7.30 Uhr Morgenkaffee
8.00 Uhr Fahnenhissung
8.10 Uhr Abmarsch zur Schule
13.00 Uhr Mittagessen
14.00 Uhr Schreibstunde (Montags u. Freitags)
15.30 Uhr Nachmittagskaffee
16.00 Uhr Schulaufgaben
18.00 Uhr Abendbrot
18.40 Uhr Stubenappell
20.15 Uhr Lagerruhe

Lagermädelführerin: Ruth Köhler
Lagerleiterin: Dr. Ortmeyer.

 

In Weißkirchen sind wir 3 mal ins Kino gegangen.

Am 23. Februar 1943: „Spähtrupp - Hallgarten"
Am 25. Februar 1943: „Annelie"
Am 1. März 1943: „Schneewittchen"

Diese 3. Filme waren sehr schön. Allerdingst habe ich nur den 1. und 3. Film gesehen, den 2. Film konnte ich garnicht sehen, weil wir durch einen dummen Fall nicht mehr zur Zeit da waren. Das kam so. Meine Kiste mit Wäsche, die als Expressgut abgeschickt worden war, war schon seit dem 20.2.43. in Weißkirchen am Hauptbahnhof. Nun sind wir aber erst am 25. dazu gekommen, die Kiste zu holen. Also ging unsere Führerin und Inge Erdwig mit nach Weißkirchen. Hier waren wir um 3.00 Uhr. Wir bekamen dann auch meine Kiste doch haben wir den Zug verpaßt mit dem wir um 4.00 Uhr wieder im Lager sein sollten; denn um 4.00 Uhr begann der Film. Als wir nun in den nächsten Zug stiegen, der um 4.46 Uhr abfuhr, stellte sich heraus, daß wir in den falschen Zug gestiegen waren und unser richtiger Zug schon abgefahren war. Nun fuhr der nächste Zug erst um 6.15 Uhr rum. Also mußten wir jetzt laufen; denn sonst hätten wir bis in die späte Nacht

da warten können. Die Kiste war nun aber so schwer, daß wir nur ein kleines Stck. vorwärts kamen und dann halten mußten. Zum Glück kam aber gerade ein Pferdewagen mit 2 Soldaten daher. Diese waren so nett und nahmen uns bis nach Weißkirchen zum „Olympia" Kino mit. Von daraus mußten wir dann noch ungefähr ¼ Stunde mit der Kiste bis zum Lager laufen. Das war natürlich sehr anstrengend. Dafür bin ich aber am Abend um so eher eingeschlafen. Den Film konnte ich allerdingst nicht mehr sehen. Dann hat sich in Weißkirchen noch etwas ereignet. Ich bin nämlich wieder einmal krank gewesen, aber nur vier Tage, vom 10.3.43.-13.3.1943. Am 14.3.43. kam ich mit Inge Iding zusammen ins Revier. Inge kam wegen ihrem Fuß und ich wegen Hals- und Kopfschmerzen ins Revier. Hier war es nun sehr langweilig. Jeden Tag lauerten wir auf Entlassung. Inge kam dann nach 3 Tagen wieder ins Lager zurück. Ich kam nach 4 Tagen ins Lager. Meine Halsschmerzen, die sich als Angina herausgestellte hatten, waren vorüber und ich war

 

wieder gesund. Als ich nun am 13.3.43. wieder ins Lager kam, hatten die Mädel schon alle ihre Koffer gepackt und teilweise schon zur Bahn gebracht; denn es war herausgekommen, daß wir von Weißkirchen nach Klein-Skal umsiedeln wollten, wo noch ein anderer Teil unserer Schule war. Wir, also Klasse 2 u. 3 sollte nach Klein-Skal ins Hotel „Malá-Skála" kommen. Die anderen waren im Hotel „Kavka". Das war also Klasse 4 u. 1. Na, ja, nun mußte ich auch noch schnell meinen Koffer und mein Kiste packen. Die Sachen mußten wir aber auf das Bett oder irgendwo hinlegen und die Führerinnen haben dann die Koffer gepackt. Meine Kiste durfte ich selbst packen. Meinen Koffer hat aber Else gepackt. Mit der Packerei war ich nun garnicht zufrieden; denn sie würgte und stopfte alles nur so in den Koffer. Aber das konnte man ja nicht ändern. Am 16. März 43 sind wir dann morgens um 9.00 Uhr von Weißkirchen abgefahren. Abends um 19.45 Uhr waren wir in Klein Skal. Die Fahrt verlief sehr ruhig. In Prerau sind wir 1 mal umgestiegen. Als wir nun um 19.45 in Klein-Skal

ankamen, wurden wir von den Mädeln aus Kavka am Bahnhof begrüßt. Sie hatten jeder Tannenzweige mit und sangen uns ein Lied. Wir waren alle sehr müde, und darum konnten wir uns auch nicht überall umschauen u. gleich alles bewundern. Eins nur sah ich, daß rundherum Felsen und Hügel waren. Der vom Bahnhof bis zum Lager war 2 Minuten. Unser Lager lag also nicht weit von ihm entfernt und dann liegt es auch noch sozusagen im Dorf, während Hotel „Kavka" etwas abseits liegt. Nachdem wir nun einige Lieder gesungen hatten gingen wir in den Speisesaal. Hier sah es ganz anders aus wie in Weißkirchen. Es war ein großer Saal, wo rechts im Hintergrund eine richtige Bühne war. Dann standen da nicht lange Tischreihen sondern kleine Tische zu je 6 Plätzen. Darauf waren schöne weiße Tischdecken und weiße Teller und Bestecke. In Weißkirchen dagegen haben wir aus Kümpchen mit Gabeln gegessen. Hier brauchten wir uns auch nicht selbst bedienen, sondern wir wurden von einem gallanten Piko-

 

lo bedient. Dieser teilt das Essen sehr schwungvoll aus. Darum haben wir ihn „Hoppchen" genannt. Ein anderer ist nicht so schwungvoll, sondern ziemlich langsam und „doov". Wir haben ihn erst Emil genannt, aber dann sagte uns Ruth, daß er Zuckerbäcker wäre. Seit dieser Zeit heißt er „Süschen". Als erste Speise bekamen wir eine schmackhafte Vorsuppe. Dann wurden die Suppenteller von Hoppchen und Süschen eingesammelt, und darauf erhielten wir einen Teller hoch voll Kartoffelmus mit Butter und mit „2" Knakwürstchen. Es schmeckte ganz ausgezeichnet. Zu trinken bekamen wir Himbeersaft. Oh, wie schmeckte dies alles gut. Man merkte garnicht, daß Krieg war. Nach dem Essen wurden wir in die Zimmer gebracht. Diesmal durften wir uns wählen mit wem wir auf eine Stube wollten. Ich bin zusammen mit Doris Eggert, Hannelore Friedrich, Inge Iding, Brunhilde Hagemann und Ursula Balke in ein Zimmer gekommen. Unser Zimmer hat die Nummer „10". Es ist ein niedliches und gemütliches Zimmer. Ein Waschraum ist auch noch mit in unserem Zimmer.

Am heutigen Abend schliefen wir sofort in unseren schönen Holzbetten ein. In Weißkirchen hatten wir Eisenbetten, diese quitschten, wenn wir uns nur ein bischen bewegten.

Mittwoch, den 17. Februar 43.

Als wir heute morgen aufwachten, wußten wir im ersten Moment garnicht wo wir waren. Dann verloren wir aber schnell wieder den Gedanken; denn wir mußten uns schnell fertig machen. Dann ging es zum Spint einräumen und Koffer auspacken. So hatten wir den ganzen Tag vollauf zu tun. Am Abend schliefen wir wieder vergnügt ein.

Donnerstag, den 18.2.43.

Heute morgen machten wir die geplante Wanderung zur Burg Friedstein und der deutschen Grenze. Es ging eine ganze Zeit auf der Landstraße entlang. Dann kamen wir auf einen schmalen Wiesenpfad. So gelangten wir zur Burg.

2.8.49 Reise nach Friedrichsbrunn über Blumenberg, Aschersleben, Halberstadt bis Quedlinburg u. von da mit Omnibus bis Friedrichsbrunn.

Die ersten Tage sehr schlechtes Wetter, wir haben gelesen (3.8. Hamlet) u. geschrieben. Am 4.8.49 kam Fr. Schürmann u. am 4.8.49 haben wir eine Wanderung nach Hüntersberge gemacht u. Versuchsgut in Bärenrodl besichtigt.

Sonntag, den 7.8.43

Wanderung zum Hexentanzplatz, Roßtrappe Thale und vom Bodetal aufwärts nach Treseburg u. von da aus nach Hause. (40 km)

(8. oder) 9.8. Wanderung nach Gernrode über Bad Suderode. Kirche von 961 besichtigt u. Volks[.?.]

11.8. Wanderung nach Treseburg, Altenbrak, Bodetal abwärts bis Thale u. Chaussee bis Friedrichsbrunn zurück. (35 km)

13.8. Fahrt nach Quedlinburg, Dorn, Schloß und Saatzuchtgut besichtigt.

14.8. Wanderung vormittags zum Forsthaus Uhlenstein

15.8. Wanderung über Siptenfelde Straßberg Neudorf nach Harzgerode. (Volksküche gegessen „Weißkohl") und zurück über Alexisbad nach Friedrichsbrunn.

Meine Geheimschrift. [...]