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KLV-Tagebuch von Hanna Menzel (1941)

Hanna Menzel verfasste dieses Tagebuch über ihre erste KLV-Verschickung mit der Essener Luisenschule nach Mscheno bei Budin im "Protektorat Böhmen und Mähren".

Nr. 1
Tagebuch für (Erlebnisse)

Hanna Menzel

Vom - 27. April 1941. [- 12. Okt.]
Tagebuch
aus - dem

K. - L. - V. -
Lager

Mscheno - bei
Budin

1. Tag. den 27. April 1941

Heute um 11.20 Uhr sind wir vom Essener-Hauptbahnhof abgefahren. Im Zug konnte ich nicht schlafen.

2. Tag. Mscheno, den 28. April 1941

Um 16.00 Uhr sind wir auf dem Mscheno-Bahnhof angekommen. Wir bekamen dann im Haus unsere Zimmer angegeben. Um 16.30 Uhr bekamen wir Rindfleischsuppe zu essen, so verlief der erste Tag.

3. Tag Mscheno, den 29. April 41

In der Nacht zum 29.4.41 bin ich aus dem oberen Lagerbett gefallen. Heute Vormittag mußten wir unser Fach im Kleiderschrank einräumen.

Sonst verlief der Tag wie gewöhnlich.

4. Tag Mscheno, den 30. April 1941

Heute sind wir mit den Lehrerinnen (die Grenzen abgegangen) in den Wald gegangen bis zu einer gewissen Grenze. Dieses waren die Lagergrenzen. Wir sind auch noch auf der Landstraße bis zu einer gewissen Stelle gegangen.

5. Tag Mscheno, den 31. April 41

Heute Nachmittag sind wir mit den Lehrerinnen in den Wald gegangen und haben uns allerlei schöne Tiere und Bäume besehen.

 

 

6. Tag. Mscheno, den 1. Mai 41

Den 1. Mai haben wir sehr schön gefeiert. Am Morgen war eine sehr schöne Morgenfeier. Am Abend ebenfalls eine Abendfeier. Den Nachmittag über haben wir im Wald „Räuber und Schandarm gespielt.

7. Tag. Mscheno, den 2. Mai 41

Heute hatten wir Schreibstunde, es war aber sehr schönes Wetter darum sind wir draußen auf die Wiese gegangen und haben uns dort gesonnt und zu gleicher Zeit geschrieben. Das Essen war wie jeden Tag, sehr gut.

8. Tag Mscheno, den 3. Mai 1941

Heute sind wir auf die Wiese am Strandbad gegangen, dort haben wir Ball gespielt. Es war sehr schön, nur die Sonne brannte so.

9. Tag. Mscheno, den 4. Mai 1941

Diesen Sonntag hatten wir wie immer Freizeit. In dieser haben wir Blumen gepflückt und gepreßt.

Abbildung: Zum Andenken aus Mscheno

 

 

10. Tag Mscheno, den 5. Mai 41

Heute, Montag, sind wir durch den Park gegangen. Unterwegs haben wir allerlei Tiere gefunden, z. B. Schnecken, Maikäfer und sogar eine wunderschöne Blindschleiche konnten wir beobachten. Nachher sind wir frohen Mutes nach Hause, also ins Lager. Am Vormittag war erster Schultag, auch das war sehr schön und spannend.

11. Tag Mscheno, den 6. Mai 41

Als wir heute Nachmittag Freizeit hatten, haben wir diese ausgenutzt, indem wir Schule ge-

spielt haben. 3 Mädel waren Lehrerinnen, die anderen waren die Schulkinder. Frl. Warmstall habe ich dargestellt. Angezogen habe ich mein Nachthemd, einen Stoffhut aufgesetzt und eine Einkaufstasche in die Hand genommen. So kam ich nach Frl. Warmstalls Art in die Klasse vielmehr Zimmer. Der Tag verlief zu lustig und zum Schluß sind wir alle mit friedlichem Gesicht ins Bett gegangen.

12. Tag. Mscheno, den 7.5.1941

Heute hatten wir einen Heimnachmittag und haben allerlei Spiele gemacht.

 

 

13. Tag Mscheno, den 8. Mai 41

Als ich heute morgen aufwachte stieg der Gedanke in meinem Kopf: Heute ist dein Geburtstag, heute bist du 12 Jahre alt geworden. Es war ein schöner Gedanke, aber jetzt würden wir geweckt und da hieß es aufstehen. So schnell wie möglich machte ich mich fertig und punkt 8.00 Uhr gingen wir zum Kaffeetrinken. Wie ich in den Speisesaal kam leuchtete mir mein Platz schon von weitem entgegen. Als ich nun davor stand konnte ich erst richtig sehen wie er geschmückt war und wieviel Mühe sich meine Stubenkameradinnen gemacht haben. Da war zuerst alles mit Tannen geschmückt und Blumen standen auch da, in der Mitte war ein Schild mit der Aufschrift: „Wir – wünschen – unserer – lieben –

Hanna – ein – frohes – Geburtstagsfest“. Zu essen gab es heute morgen 2 Schnitten mit Marmelade, 1 Schnitte mit ganz dicker Butter und eine Tasse mit Kaffee, ich muß sagen es schmeckte bald besser wie Kuchen und Kakao. Am Vormittag hatten wir wieder Schule, zum Frühstück haben wir eine Apfelsine und zwei Semmeln bekommen, dieses haben wir oben im Wald an der Ruine verzehrt. Die Ruine war früher eine Kapelle die nicht ganz fertig gebaut worden ist. Zum Mittagessen gab es 1 Teller Rindfleischsuppe mit Fadennudeln, Fleisch, Erbsen und Möhren Gemüse mit Kartoffeln, zum Nachtisch gab es 1 Glas Pflaumensaft, auch das schmeckte wunderbar. Am Nachmittag fing es ganz sachte zu schneien an, doch als wir zum Kaffeetrinken gingen war wieder das schönste Frühlingswetter.

 

 

Zum Nachmittagkaffee gab es 1 Schnitte mit fingerdicker Butter, 1 Schnitte mit Marmelade und 1 Semmel, zu trinken gab es eine Tasse Milch. Am Nachmittag haben wir Geburtstag gefeiert. Aber mein versprochenes Geburtstagspaket kam nicht an und so habe ich Geburtstag ohne diesem gefeiert.

14. Tag Mscheno, den 9. Mai 41

Weil ich heute nichts besonderes erlebt habe, will ich mal ganz genau unser Lager beschreiben.

Unser Lager besteht aus 6 Häusern welche alle schön im Wald versteckt. Unser Haus wo wir drin wohnen liegt auf einer kleinen Anhöhe von da aus können wir über viel schöne Felder sehen. Auch ist unser Haus schön von Tannen umgeben. Wenn wir in unser Haus wollen, müssen wir erst einen kleinen Berg heraufsteigen, was uns dazu veranlaßt, daß wir japsend im Haus ankommen. In unserem Hause sind 33 Zimmer. Wir sind oder ich bin mit 7 anderen Kameradinnen in Zimmer „1“ dem „Hexenreich“ wie wir es genannt haben untergebracht. Marianne Obermüller, Sigrid

 

 

Seuster, Ursula Balke, Magret Ullrich, Wiltraud Fahlbrück, Marliese Hollenberg, Inge Richter und ich waren zusammen im Zimmer und haben dort den Spruch vom Hexenreich gedichtet:

„Hexenreich – heißt – unsre – Bud –
Kommt – nur – herein – Euch – gehts – nicht – gut.
Wissen – solls – nur – jedermann
daß – unsereins – auch – prügeln – kann.“

Unser Zimmerspruch ist dann draußen an die Tür gekommen. Heute war unser Zimmer das aller ordentlichste vom Haus und wir hatten zur Belohnung den ganzen Tag Freizeit. In dieser habe ich mich ans Fenster gestellt und die Felder betrachtet. Das rauschen der Tannen habe ich auch angehört, dieses

klang wie im Märchen und so stand ich bis zum Abendessen und war darin versunken.

Foto: Das ist unser schönes Haus „Am krausen Bäumchen“.

 

 

Das zweite Haus aus unserem Lager heißt: „Pütt“. Dort sind die Kinder von der Maria Wächtler Schule. Auch dieses Haus ist von Tannen umgeben. Das Haus „Pütt“ nennen wir auch „Badehaus“, denn weil untendrinnen unser Badehaus ist.

Foto: Das ist unser „Badehaus“ oder der „Pütt“.

Das dritte Lagerhaus heißt „Tannek“. Im „Tannek“ sind auch noch Mädel von der Maria Wächtler Schule untergebracht. Unten im „Tannek“ ist das „Lazarett“ von unserem Lager in dieses werden die kranken Kinder eingeliefert. Auch dieses Haus grenzt an den Wald. Den Namen „Tanneck“ hat das Haus wegen der schönen Tannen Ecke.

Foto: Hier ist das Haus „Tannek“

 

 

Ein viertes Haus von unserem Lager heißt „Uhlenhorst“. In diesem sind die Mädel von Mühlheim und Rheinhausen untergebracht. Den Namen „Uhlenhorst“ hat das Haus bekommen, weil dort im Wald so viel Eulen hausen.

Das fünfte Haus von diesem Lager ist die „Kommandantur“ oder „Verwaltung“. Diese ist aber nur im vorderen Teil des Hauses in den anderen Räumen sind Tagesräume eingerichtet worden.

 

 

Nun kommen wir zum 6. und letzten Haus aus unserem Lager, nämlich das „Schlaraffenland“. Im Schlaraffenland erhalten wir immer unsere Speise welche immer so gut schmeckt, daher schon der Name des Hauses „Schlaraffenland“.

Foto: Das ist das „Schlaraffenland“ von der Seite

An unseren Kurpark grenzt eine Badeanstalt wo wir im Sommer wenn es heiß ist uns erfrischen können. Diese Badeanstalt ist fast mitten im Wald.

Foto: Das hier ist die „Badeanstalt“ von unserem Lager

 

 

In unserem Kurpark ist ein Teich, in diesem sind Goldfische und Schwäne schwimmen auch meißtens auf dem Teich.

Foto: Hier sehen wir den Teich aus unserem Lager.

Nun mal zum Schluß den heutigen Tagesplan

7.30 Wecken
8.30 Morgenapell
8.45 Frühstück
9.30 Schulbeginn
12.53 Schulschluß
13.00 Mittagessen
14.30 – 15.30 Bettruhe
15.30 Baden und Wiegen (in der Zwischenzeit Schulaufgaben.)
19.00 Abendessen
21.00 Nachtruhe

So verlaufen bei uns die Tage.

 

 

15. Tag. Mscheno, den 10. Mai 41

Heute war wieder herrliches Wetter, so, daß wir mit Frl. Mantzel eine kleine Wanderung machen konnten. Unterwegs sahen wir eine ganze Menge Berge und Burgen. Der Tag war überhaupt wieder sehr schön denn am Nachmittag machten wir auch noch Turnspiele.

16. Tag Mscheno, den 11. Mai 41

Heute haben wir wiederum einen Spaziergang gemacht. Unterwegs stießen wir auf eine Gänsin mit 5 jungen Gänschen, es sah zu süß aus wie die 5 Gänschen hinter der Gans her gingen.

17. Tag. Mscheno, den 12. Mai 1941.

Heute Abend hat mich Wilma ins Zimmer gezogen. Dabei habe ich mir den Arm verstaucht und so mußte ich ins Revier und mir den Arm verbinden lassen.

18. Tag Mscheno, den 13. Mai 1941

Heute Morgen mußte ich wieder mit meinem Arm ins Revier gehen und dort wurde ich an meinem Arm massiert.

19. Tag Mscheno, den 14. Mai 41

Heute hatten wir wieder einen Heimnachmittag. Unsere Führerin Hannelore Osterkamp hat uns

 

3 neue Lieder beigebracht. Zum Schluß hat sie mit uns Liederraten, stille Post, Telefonieren und andere Spiele gemacht. So hatten wir einen ganz lustigen Heimnachmittag.

20. Tag Mscheno, den 15. Mai 41.

Heute konnte ich nicht verfolgen denn wir hatten Ordnungsdienst u. allerlei andere Dinge zu erledigen, auch ist heute nichts besonderes passiert.

21. Tag. Mscheno, den 16. Mai 41

Als wir heute in die Schule kamen welch in

den Tagesräumen stattfindet, wurde uns von Frl. Waldmann gesagt, daß wir nicht mehr von Frl. Dr. Jäger unterrichtet würden. Als wir das hörten waren wir sehr traurig, denn Frl. Dr. Jäger war so nett. Zum Schluß hörten wir das Frl. Dr. Jäger in ein anderes Lager gekommen ist, weil dort so wenig Lehrerinnen waren. So gingen wir am Abend alle mit traurigen Gesichtern ins Bett.

22. Tag Mscheno, den 17. Mai 41

Heute war das Essen wieder sehr lecker. Heute abend haben wir Kartoffelsalat mit Ei gegessen. Ich habe mir das notiert weil es so gut geschmeckt hat.

 

 

23. Tag. Mscheno, den 18. Mai 41.

Als wir heute sahen, daß es regnete sind wir ins „Schlaraffenland“ gegangen und haben uns dort das „Wunschkonzert“ angehört. Dabei haben wir garnichts von dem schlechten Wetter gemerkt.

24. Tag Mscheno, den 19. Mai 1941

Wie wir heute in die Schule kommen, wurde uns mitgeteilt das die Klasse 1 c für immer mit bei uns in die Klasse 1 a käme, also waren wir zu 47 Mädeln in einer Klasse.

25. Tag Mscheno, den 20. Mai 41

Als wir heute in die Schule kamen teilte uns Frl. Mantzel mit, daß sie jetzt unsere Klassenlehrerin wäre. Sonst ist heute nicht geschehen.

26. Tag Mscheno, den 21. Mai 41

Heute war wieder einmal Heimnachmittag und dieser verlief wieder mit Spielen. Heute ist eine neue B.B.M. Beauftragte in unser Lager gekommen. Sie heiß „Inge – Klinge“. Sie ist in Zimmer „4“ gekommen.

 

 

27. Tag Mscheno, den 22. Mai 41

Heute hat unser Zimmer „1“ das Märchen „Rumpelstilzchen“ aufgeführt. Wir haben es nach dem Film „Rumpelstilzchen“ gespielt. Ich war „Knecht“, „Page“ und das „Rumpelstilzchen“. Es war ganz schön. Wir haben das Märchen vor Inge Klinge, Stube 9, Stube 5, Stube 10, Hannelore Osterkamp, Inge Hügelin, Dorothee Schürmann, Margott Reuter und noch vor der „Pennkiste“ aufgeführt. Es war zu schön.

28. Tag Mscheno, den 23. Mai 41

Heute gab es wieder Kartoffelsalat mit Knackwurst. Sonst ist nichts besonderes passiert.

29. Tag Mscheno, den 24. Mai 41

Heute mußte ich wieder ins Revier und dort wurde ich nochmal an meinem Arm massiert und weil er nicht mehr wehtat brauchte ich keinen Verband mehr. Sonst habe ich nichts besonderes verlebt.

Mscheno, den 25. Mai 1941

Heute war wieder Sonntag und da haben wir uns im Schlaraffenland das Wunschkonzert angehört, wärendem haben wir Briefe geschrieben.

 

 

Mscheno, den 26. Mai 41

Als wir heute in der Schule waren, sagte uns Frl. Mantzel, wir wollten zu Pfingsten eine Wanderung nach Libochowitz zur Hasenburg machen, und dort den ersten Pfingsttag verleben.

Mscheno, den 27. Mai 1941

Heute gab es wieder sehr schönes Essen zum Nachtisch, sogar Mandelpudding. Der Tag aber verlief wie sonst. Nur haben wir noch allerlei Gesellschaftsspiele gemacht.

Mscheno, den 28. Mai 41

Heute zum Mittwoch gab es schöne Kuchen zum Nachtisch. Am Nachmittag gingen wir auf unseren Sportplatz und dort haben wir für den Reichssportwettkampf geübt. Gelaufen bin ich nach der Stoppuhr 10 Secunden lang. Geworfen habe ich 19 m weit und gesprungen bin ich 3 m weit.

Vom 29. Mai 1941 bis zum 31. Mai 1941 habe ich nichts erlebt. Nur das wir am 31. Mai 41. den Film Mutterliebe gesehen haben.

Mscheno, den 1. Juni 1941

Heute morgen nun war Pfingsten und als wir ins Schlaraffenland kamen war unser Platz ganz

 

 

voll gepackt. Zuerst lag da eine große Tüte mit Eßwaren die wir mit auf die Wanderung nahmen. In der Tüte waren 2 Schnitten mit Leberwurst, 2 Schnitten mit Butter und dazu eine halbe Knackwurst, 2 Schnitten mit Marmelade, 2 Stücke Kuchen, 2 Bund Radieschen, 2 Eier, 2 Apfelsinen und 2 Semmeln. Um 9.00 Uhr sind wir dann wie ein paar Wanderer abmarschiert, auf dem Weg sind wir von Frl. Waldmann begleitet worden. Unterwegs kamen wir durch schöne Felder, Wälder und Dörfchen gekommen. Als wir nun schwitzend vor einem Bächlein rasteten, konnten wir die Hasenburg richtig mal ansehen, wenn nicht gerade vor uns, so doch klar und deutlich. Nach einer kurzen Pause marschierten wir bis nach Libochowitz und dort rasteten wir in einem Gasthaus. Wir sollten nun

auf die Hasenburg, aber weil es schon so spät war, konnten wir nicht mehr hinauf. Neben unserem Gasthaus war ein Schloß was wir auch besichtigen wollten, aber weil diese Woche der Graf dieses Schloßes mit seiner Familie erwartet wurde und alles sauber war konnten wir nicht herein. Am Abend um 5.00 Uhr sind wir mit dem Zug von Libochowitz abgefahren und kamen um 5.30 Uhr hier in Mscheno an.

 

 

Mscheno, den 2. Juni 1941

Heute war der 2. Pfingsttag. Am Morgen hatten wir Freizeit. Am Nachmittag war Lagerzirkus. Da hatten nämlich die Kinder von der Klasse 4 allerlei kleine Stückchen vorgeführt was für uns natürlich sehr schön war.

Mscheno, den 3. Juni 1941

Heute nachmittag hat uns Klasse 2 das Märchenspiel vom „Verwunschenem Schloß“ vorgespielt. Sie hatten es zu schön gemacht.

Vom 4. Juni 1941 bis zum 18. Juni verliefen die Tage wie gewöhnlich nur zwischendurch gab es Erdbeeren und am 18. Juni sind wir wegen der Quarantäne 10 Tage aus der Schule geblieben.

Am 19. Juni 1941.

Heute gab es zum erstenmal Schweizerkäse. Heute waren wir auch beim Friseur und haben die Haare gewaschen bekommen. Beim Föhnen habe ich sogar mitgeholfen.

 

 

Vom 20. Juni bis zum 22. Juni ist nichts geschehen. Aber am 22. Juni, denn da hat Deutschland Rußland den Krieg erklärt. Bei uns im Lager war da zuerst große Aufregung aber nach und nach haben wir uns wieder beruhigt.

(Mscheno, den 23. Juni 1941)

Vom 23. Juni 41 weiß ich nichts zu schreiben aber am 24. Juni 41 habe ich endlich mein lang vermißtes Geburtstagspaket erhalten, heute gab es auch Wurstschnitten.

Vom 24. Juni bis zum 30. Juni 1941 ist wieder nichts geschehen aber am 27. Juni haben wir wieder nach 10 Tagen Schule gehabt. Am 1. Juni[Juli] ist auch nichts passiert.

Mscheno, den 2. Juli 1941

Heute morgen bin ich wie gewöhnlich in die Schule gegangen aber so frisch und munter wie sonst war ich nicht, auch hatte ich nicht soviel Lust zum lernen wie sonst. Also ich war müde, matt und hatte Halsschmerzen wie toll, so ging ich rauf ins Revier und dort wurde mir von dem G.d. Mädel Fieber gemessen, ich hatte aber keine Temperatur und mein Hals war auch nur etwas rot. Mir wurde gesagt ich hätte nichts und könnte

 

 

ruhig in die Schule gehen. Zum Kaffee (Morgens) konnte ich nichts Essen mir war als wär mein Hals ganz zu, ich war darum sprachlos, daß mir nichts fehlen sollte. In der Schule konnte ich nicht aufpassen, nicht einmal in meiner Lieblingsstunde – Geschichte. Zum Schluß machten wir noch mir zum Verdruß einen Biologie Ausflug. Diesen wollte ich erst nicht mitmachen denn ich konnte vor Schwäche kaum gehen und außerdem hatte ich abwechselnd mal einen Schüttelfrost aber dann Schwitzte ich wieder, daß mir die Schweißperlen auf der Stirne standen, doch ich riß mich zusammen und ging doch mit denn ich wollte auch da nichts versäumen. Bald gingen wir los doch ich erwartete mit Sehnsucht, daß wir wieder umkehrten. Zu Mittag konnte ich wieder nichts

essen, mir war als schnürte es mir die Kehle zu und ich konnte nur schlecht die aufsteigenden Tränen unterdrücken. Auf dem Weg zum Haus fragte mich Frl. Mantzel ob mir etwas fehlte, ich sagte ihr, daß ich gern ins Bett möchte und mal schlafen, da sagte sie, ja ich sähe so schlecht aus ich sollte mit ihr ins Revier.

Fortsetzung i. Tagebuch Nr. 2.

Nr. 2

Tagebuch für (Erlebnisse)

Hanna Menzel

Fortsetzung von Tagebuch Nr. 1

Oben im Revier wurde bei mir Fieber gemessen und ich hatte 38.08 Temperatur. Nun mußte ich oben bleiben und dort wurde mir gesagt ich hätte keine Hals- sondern Drüsenschmerzen und bekam deshalb einen Afloxverband[=?] aber davon wurden die Schmerzen nicht besser, es waren doch Halsschmerzen und an den Drüsen hatte ich garnichts. Nachher wurde noch einmal Fieber gemessen und da hatte ich 39.09 Temperatur. Als ich nun im Bett lag bekam ich eine ganze Schwitzpackung und in der mußte ich 3 Stunden liegen bleiben. Nachher war meine Temperatur auf 38.04 gefallen. Auf einmal wurde ich wach denn ich hatte geschlafen und nun stand Schwester Erika vor meinem Bett und hatte mir den Puls gemessen, mein Pulsschlag war

128 in einer Minute. Diesen Tag hatte ich nichts gegessen. Am anderen Morgen sah ich rote Flecken auf meinem Körper. Nachher kam Schwester Erika und sagte ich sollte mich anziehen und Schreibzeug und Waschsachen zusammenpacken, kurz darauf fuhr ich im Krankenauto Prag zu. In Prag vor dem Krankenhaus angekommen mußte ich vor dem Dienstzimmer warten. Nachher wurde ich herein gerufen. Drinnen mußte ich mich ausziehen und nun wurde ich untersucht. Nun wurde mir zum Schrecken gesagt: ich müßte da bleiben ich hätte nämlich Scharlach. Jetzt fing das Leben im Krankenhaus an. Ich kam in Zimmer „71“. Meine Adresse im Krankenhaus war „Hanna Menzel Inf. Abteilung der 2. deutschen Universitäts-Kinderklinik Prag II Resselgasse 9“

 

 

Meine Stations Schwester war die braune N.S. Schwester Lore. Die Rote-Kreuz Schwester hieß „Helene“. Mit 13 anderen Kindern lag ich auf dem Zimmer. Nun unseren Tageslauf.

6.00 Morgen Wecken, Puls und Fieber messen, dann waschen und kämmen.
8.00 Kaffee
8.30 – 10.00 Freizeit
10.00 Frühstück
11.00 Visite
12.00 Mittagessen
12.30-15.00 Schlafen
15.00 Puls- u. Fieber-messen
15.15 Kaffee trinken
15.30 – 17.00 Uhr Freizeit
17.00 Uhr Abendessen
22.00 Uhr Bettruhe

So ist jeder Tag verlaufen. 6 Wochen lang mußte ich da bleiben und doch war es nicht so langweilig wie ich dachte. Die ersten 10 Tage durfte ich nicht auf das Klosett sondern ich mußte auf den Topf gehen. Nach 10 Tagen durfte ich dann auf das Klosett. Aber sonst durfte ich nicht aufstehen. Wir durften erst nach 3 Wochen also 21 Tagen zum ersten mal richtig herum gehen. Eines Morgens es war mein 10 Tag mußte ich und mehrere andere zu Frl. Dr. Schmidt und da bekam ich ein E.K.G. das ist eine Herzaufname, also da wird aufgenommen wie das Herz schlägt, wörtlich weiß ich es nicht mehr. Doch nach einer Woche mußte ich noch einmal hin die Aufnahme war nichts geworden. Als am 18 Tag wieder Vormittags Visite war, sagte Schwester Lore zu

 

 

mir ich müßte jetzt im Bett liegen bleiben und ich dürfte nicht mehr stehen und laufen sondern nur liegen und wenig sitzen ich bekäm auch einen Topf, damit ich nicht auf das Klosett gehen brauchte. Für mich war das nicht schön aber es mußte sein. Frau Dr. Brockmüller sagte dann zu mir. Ja, ich hätte eine Herz Bradiekhardie dieses hätte sich beim E.K.G. herausgestellt. Nachher wurde ich gefragt ob ich immer in der Schule mit geturnt hätte, ob ich die Kletterstangen immer herauf käme oder ob mir überhaupt das Turnen schwer viel. Als ich alles beneinte, fragte sie ob ich denn eine gute Note in Turnen hätte, doch als ich sagte ja die hätte ich sagte sie bloß: So, na wir wollen mal sehen. Eines Tages fielen Frau Doktor meine blassen

Backen auf, da sagte sie, sie wollte sie mir mal rot machen. Am Nachmittag kam dann die Ärztin aus dem Labor und machte ein Blutbild. Da stellte sich heraus, daß

 

[Spätere Notiz: Fortsetzung siehe z. T. in Briefen der Frau Dr. B. an Vati. Diese Unterlagen sind leider nicht überliefert]