Entnazifizierung

Nach der Niederlage des nationalsozialistischen Deutschland versuchten die vier Besatzungsmächte mit der Entnazifizierung (angelehnt an den amerikanischen Begriff „Denazification“), die Nationalsozialisten und ihr Gedankengut aus dem öffentlichen Leben, insbesondere aus verantwortlichen Stellungen in der Verwaltung, dem Erziehungswesen und der Wirtschaft zu beseitigen. Obwohl sich die Siegermächte auf der Potsdamer Konferenz auf ein einheitliches Vorgehen geeinigt hatten, wurde die Entnazifizierung in den vier Besatzungszonen schließlich sehr unterschiedlich durchgeführt.

In der sowjetischen Besatzungszone wurde verhältnismäßig umfangreich und schnell entnazifiziert. Beispielsweise wurden über 520.000 Menschen bis zum offiziellen Ende der Aktion in der SBZ im Februar 1948 aus ihren Positionen entfernt. Allerdings trafen die Maßnahmen nicht nur Nationalsozialisten, sondern auch all jene, die der Umwandlung in einen kommunistischen Staat im Weg standen, darunter auch Demokraten und andere Gegner des NS-Regimes. In der US-Besatzungszone mussten 13 Millionen Menschen umfangreiche, 133 Fragen umfassende Fragebögen zu ihrer Vergangenheit ausfüllen. Aufgrund dieser Angaben wurden sie von Laiengerichten („Spruchkammern“) in Belastungskategorien eingestuft, wovon die Härte der Strafmaßnahmen oder die etwaige Verhängung eines Berufsverbotes abhing. Dieses Verfahren wurde mit Verzögerung und in kleinerem Umfang dann auch in der britischen und der französischen Besatzungszone übernommen.

Allerdings stellten sich viele Deutsche gegenseitig Leumundszeugnisse – die viel zitierten „Persilscheine“ – aus, um sich reinzuwaschen und so einer negativen Einstufung zu entgehen. Außerdem war es an der Tagesordnung, dass die Spruchkammern zunächst die leichteren Fälle behandelten und eine Beurteilung der schwerer Belasteten aufschoben. Da im Zuge des sich verschärfenden Ost-West Gegensatzes die Entnazifizierung ab 1948 für die Westmächte an Stellenwert verlor und eine Einbindung aller – auch der belasteten – Deutschen in den Kampf gegen den Kommunismus und in das beginnende „Wirtschaftswunder“ Vorrang gewann, wurden die zurückgestellten schwereren Fälle oft milder beurteilt. Zuvor schwer Belastete mutierten im Berufungsverfahren plötzlich zu reinen „Mitläufern“ des NS-Regimes. In der Bundesrepublik wurde die Entnazifizierung im Dezember 1950 auf Beschluss des Bundestages eingestellt.