Emigration

Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, setzte eine Flucht- und Emigrationsbewegung ein. Bis 1945 verließen etwa 500.000 Menschen den deutschsprachigen Raum, um der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entgehen. Mehr als 90 Prozent davon waren jüdischer Herkunft.

Die Menschen flohen in etwa 80 Länder in allen Kontinenten, zuerst aber meist in die Nachbarländer des Deutschen Reiches, später vornehmlich in die USA. Die jüdische Emigration führte hauptsächlich in die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Palästina, später auch nach Lateinamerika und Shanghai. Nach der Reichspogromnacht 1938 erreichte die Fluchtbewegung ihren Höhepunkt, bis im Oktober 1941 jegliche Auswanderung verboten wurde und die jüdische Bevölkerung zur Vernichtung deportiert wurde.

Die Anzahl der politischen Flüchtlinge betrug etwa 30 000 bis 40 000. Sie emigrierten überwiegend in der Zeit nach der Machtergreifung, da die politischen Gegner des Nationalsozialismus von Anfang an direkt verfolgt wurden. Viele kamen mit einer illegalen Flucht einer Inhaftierung im KZ zuvor. Neben politischen Aktivisten wie Kommunisten, Sozialisten und Gewerkschafter emigrierten zahlreiche Schriftsteller, Künstler und Wissenschaftler.

Das Schicksal der politischen Flüchtlinge ist bis heute am gründlichsten erforscht, Biographien und die antifaschistische Exilliteratur sind weit bekannt, die Emigranten engagierten sich oft aktiv gegen den Nationalsozialismus. Dieser Blickwinkel vernachlässigt allerdings die Massenflucht jüdischer Emigranten, die mit ganz anderen Problemen zu kämpfen hatten, da die meisten Exilländer die Aufnahme von Flüchtlingen beschränkte. Ihre Geschichten sind oft unbekannt.

Die materiellen Probleme, die Ungewissheit über zurückgelassene Angehörige und die erzwungene Emigration in die Fremde ließen viele Emigranten verzweifeln. Sie sahen keine Hoffnung mehr auf die Rückkehr in ein demokratisches Deutschland. Die Schriftsteller Stefan Zweig und Kurt Tucholsky etwa ließ die Verzweiflung den Freitod wählen. Um die Schwierigkeiten besser bewältigen zu können, bauten die Emigranten im Exil soziale, kulturelle und religiöse Netze auf.

Nach 1945 wurden viele Emigranten nach ihrer Rückkehr nach Deutschland bitter enttäuscht, da sie wenig willkommen waren. Viele verließen das Land wieder und emigrierten endgültig. Nur schätzungsweise vier Prozent der jüdischen Flüchtlinge kehrten nach dem Krieg in den Westen Deutschlands und Berlins zurück.