Evangelische Jugend in Essen - Einleitendes

Die Protestanten in Essen waren - und sind es auch heute noch - gegenüber den Katholiken in der Minderheit. Während der Zeit des Nationalsozialismus prägte der sogenannte „Kirchenkampf" auch hier das Bild der evangelischen Kirche, wobei in Essen deutlich die Fraktion der Bekennenden Kirche dominierte.

Zahlreiche junge Menschen engagierten sich damals in der evangelischen Jugendarbeit, die hier eine vielfältige Struktur auswies. Neben den durchnummerierten „Abteilungen" in den einzelnen Stadtteilen gab es in der Innenstadt mit dem heute noch existierenden Weigle-Haus das eigentliche „Herz" der Essener evangelischen Jugend. Hier versammelten sich allwöchentlich - vor allem sonntags - Jungen aus der ganzen Stadt, um gemeinsam an Bibelarbeiten und Freizeitaktivitäten teilzunehmen. Pfarrer Wilhelm Busch, der die dortige Jugendarbeit leitete, war eine charismatische und weit über die Stadt hinaus bekannte Figur.

Die Jugendarbeit des Weigle-Hauses betraf ausschließlich die männliche Jugend unter 18 Jahren. Die Älteren blieben entweder als Führungskräfte im Weigle-Haus tätig oder wechselten nach Vollendung des 18. Lebensjahres in den Christlichen Verein junger Männer (CVJM). Das Weigle-Haus war eine Einrichtung der „Offenen Tür" und hierin etwa dem Salesianerheim in Essen-Borbeck als katholischem Pendant vergleichbar. Auch ohne eine Mitgliedschaft im „Evangelischen Jugendverein" konnten die Jungen die offenen Sonntage besuchen, wobei es aber gern gesehen wurde, wenn sie sich dann durch einen Beitritt enger an die Einrichtung banden. Waren die Jungen Vereinsmitglieder, wurden sie den verschiedenen Abteilungen des Weigle-Hauses zugeteilt, die die Jugendarbeit in den einzelnen Stadtteilen trugen. Insgesamt gab es zu Beginn der 1930er Jahre 25 solcher Untergliederungen in den Essener Stadtbezirken.

Neben diesen Abteilungen, in denen sich vor allem berufstätige Jugendliche sammelten, trafen sich die städtischen Bibelkreise - rekrutiert aus höheren Schülern - an den Wochenenden sowie zu besonderen Bibelstunden unter der Woche im Weigle-Haus. Neben dessen Angeboten für die Jungen unter 18 Jahren bot auch der CVJM bis Ende 1933 nach Altersstufen getrennte Aktivitäten, Gruppenabende, Bibelstunden und weitere Veranstaltungen für die Jugendlichen an. Sie waren unterteilt in Jungvolk (14-17 Jahre), Jungtrupp (13-14 Jahre) und Jungschar I und II (10-13 Jahre sowie jene unter 10 Jahre). Nach der Eingliederung der evangelischen Jugend in die HJ gingen die CVJM-Jugendgruppen in der Weigle-Haus Jugend auf.[1] Die Christlichen Pfadfinder werden bereits im Herbst 1933 unter Verlust jeglicher Selbstständigkeit in das Evangelische Jugendwerk eingegliedert.

Der im Dezember 1933 von Reichsbischof Müller unterzeichnete Eingliederungsvertrag stieß in Essen auf wenig Begeisterung, wurde aber- wenn auch widerwillig - dennoch vollzogen. Aber trotz Kirchenkampf und Eingliederung wurde - nicht zuletzt wegen des ausgeprägten und furchtlosen Engagements von Jugendpfarrer Wilhelm Busch - die evangelische Jugendarbeit auch in der Zeit des Nationalsozialismus zumindest eingeschränkt fortgeführt. Hierbei blieben aber die Einschränkungen und die damit zusammenhängende Überwachung immer und überall spürbar.

Fußnoten

[1] Vgl. CVJM-Archiv, CVJM-Essen, Monatsanzeiger 1931-193.