„Reichsprotektorat Böhmen und Mähren“

Nach der „Zerschlagung der Rest-Tschechei" verkündete Adolf Hitler am 16. März 1939 die Errichtung des „Reichsprotektorats Böhmen und Mähren" als Bestandteil des „Großdeutschen Reichs". Das Deutsche Reich übernahm ab sofort die Aufsicht über das gesamte Verkehrs-, Post- und Fernmeldewesens. Außerdem nahm es nun die auswärtigen Beziehungen des Gebietes wahr. Der zum Reichsprotektor ernannte Konstantin Freiherr von Neurath als Repräsentant des Deutschen Reichs war Hitler direkt unterstellt und konnte nur von ihm Weisungen entgegennehmen. Er hatte die Aufgabe die Organisation des Protektorats, welche durch eine autonome tschechische Verwaltung erfolgte, ebenso wie den von der tschechoslowakischen Nationalversammlung Ende November 1938 gewählte Staatspräsident Emil Hácha (1872-1945) zu kontrollieren. Alles sollte im Einklang mit den politischen, militärischen und ökonomischen Interessen Deutschlands erfolgen. Konstantin Freiherr von Neurath besaß gegenüber der Protektoratsregierung unbegrenzte Eingriffsmöglichkeiten und konnte deren Gesetze jederzeit aufheben. Seine Macht wurde im Verlauf des Zweiten Weltkriegs noch dadurch verstärkt, dass nahezu alle Schlüsselfunktionen der Verwaltung von Deutschen besetzt wurden.

Auch wirtschaftlich profitierte das Deutsche Reich von dem Reichsprotektorat. Die von Kriegseinwirkungen weitgehend verschonten böhmischen und mährischen Gebiete boten dem NS-Regime optimale geographische und strategische Bedingungen für ihre Kriegsproduktion.

Die insgesamt 250 000 deutschstämmigen Bewohner der Gebiete empfingen die deutschen Besetzer 1939 mit viel Jubel, während die tschechische Bevölkerung sie als Feinde sahen und mit wütenden Protesten begegneten. Unmittelbar nach der deutschen Besetzung entstand ein dichtes Netz von Organisationen, die nachrichtendienstliche Tätigkeiten übernahmen, Sabotageakte verübten, aktive Widerstandskämpfer ausbildeten und illegale Zeitungen veröffentlichten. Mit harter Unterdrückung wie Massenhinrichtungen, aber auch mit einer Befriedungspolitik durch Verbesserung der Lebensumstände versuchte Reinhard Heydrich, den wachsenden Widerstand der tschechischen Oppositionsbewegung zu brechen. Heydrich wurde zum Synonym für den von den Deutschen ausgeübten Terror, und zum Symbol der verhassten Fremdherrschaft. Mindestens 38.000 Tschechen fielen den sogenannten Säuberungsaktionen zum Opfer. Auch zahlreiche deutsche Emigranten, die in der Tschechoslowakei Zuflucht gefunden hatten, wurden verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt. Fast die gesamte jüdische Bevölkerung des Protektorats wurde von den Nationalsozialisten in dem Lager Theresienstadt interniert und von dort zumeist weiter nach Auschwitz deportiert.

Bis Kriegsende kam es immer wieder zu Widerstandshandlungen Einzelner oder sogenannter Nationalausschüsse. Im Gegenzug hingen die Nationalsozialisten zur Abschreckung öffentliche Bekanntmachungen mit den Namen hingerichteter Saboteure überall im Protektorat auf.

Erst am 5. Mai 1945 begann in Prag ein vom kurz zuvor ins Leben gerufenen Tschechischen Nationalrat organisierter Aufstand gegen die deutschen Besatzer bis zur deutschen Kapitulation am 8. Mai.