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Chronik und Quellen
1937
November 1937

Bericht des SD-Hauptamtes II 112

Am 12. November 1937 erstattet das SD-Hauptamt II 112 in Berlin folgenden „Kurzbericht für C über das Judentum“:

Die Lage im Judentum - Die geistigen Gruppen

Das Judentum wie es in der Welt und in Deutschland in Erscheinung tritt läßt sich in drei große geistige Gruppen eingliedern:

1) Die Assimilanten , die unter äußerlicher Aufgabe ihrer rassischen Eigenheiten versuchen, in alle Lebensgebiete ihres Wirtsvolkes einzudringen

2) Die Orthodoxen , die fest an ihrer jüdischen Religion festhalten und auf dieser Grundlage die Zusammenfassung des gesamten Judentums anstreben

3) Die Zionisten , die sich frei zu ihrem Judentum bekennen und die Gründung eines eigenen jüdischen Staates anstreben.

 

Zu 1.

sind an deutschen Organisationen zu nennen:

a) der ''Jüdische Zentralverein '', der 1893 zur Bekämpfung des Antisemitismus und zur ''tatkräftigen Wahrung der staatsbürgerlichen und gesellschaftlichen Gleichstellung'' seiner Mitglieder begründet und heute satzungsgemäß die Pflege des jüdischen Lebens, sowie die seelische, rechtliche und wirtschaftliche Betreuung der in Deutschland lebenden Juden verfolgt. In Wirklichkeit ist er aber nach wie vor seiner assimilatorischen Tendenz treu geblieben.

b) Der ''Reichsbund jüdischer Frontsoldaten ''

1919 ebenfalls zur Abwehr des Antisemitismus gegründet, seit November 1936 jedoch die Betreuung jüdischer Frontkämpfer beschränkt.

 

Zu 2.

die bedeutendste Organisation dieser Gruppe ist die ''Agudas Isroel '' mit ihrem Hauptsitz in Nürnberg. Das Ziel ihrer religiös eingestellten Mitglieder ist in Palästina begraben zu werden. Sie ist dem gleichnamigen Weltverband angeschlossen.

 

Zu 3.

Aus dieser Gruppe ist die ''Zionistische Vereinigung für Deutschland '' zu nennen. Sie unterhält zahlreiche Umschulungslager, um ihren Mitgliedern die Auswanderung nach Palästina zu ermöglichen. Die Vereinigung ist der zionistischen Weltorganisation angeschlossen.

 

Das Weltjudentum

Allgemein ist zu sagen, daß sich jetzt fast alle jüdischen Organisationen in Deutschland in irgendeiner Form mit der Auswanderung befassen. Die Gelder für die Auswanderung der unbemittelten Juden gehen zumeist von den Hilfsorganisationen ein, die in Amerika ihren Sitz haben.

Als wichtigste ist aufzuführen das ''American Jewish Joint Distribution Committee '', das Gelder an alle jüdischen Hilfskomitees zur Auswanderung und Unterstützung verteilt.

Als wichtigste jüdische Weltorganisation sind neben diesem Finanzinstitut der ''American Jewish Joint Consultation Council'', der das Bestimmungsrecht über die zur Verteilung gelangenden Gelder hat - bis vor kurzem fast ausschließlich durch den verstorbenen Finanzjuden Felix M. Warburg dirigiert - und der jüdische Weltlogenbund ''B'nai B'rith '', dem die maßgeblichsten Juden aller Länder angehören.

 

Statistik über die Juden in Deutschland

a)Februar  1933:515.000 Konfessionsjuden (Schätzung!)
   Juni       1933:499.000 Konfessionsjuden

b)Juni 1937:392.000 Konfessionsjuden (Schätzung)
                  107.000 Juden sind ausgewandert.
nach Palästina:         35.000
Übersee:                 26.000
Ost-europ. Länder:   19.000
Übrige eur. Länder:   27.000

Die Gesamtzahl der in Deutschland lebenden Juden erhöht sich nach Schätzungen des Direktors des Statistischen Reichsamtes Berlin um etwa 120.000 Volljuden nichtjüdischen Bekenntnisses und etwa 160.000 Halb- und Vierteljuden. Gesamtzahl 672.000 Juden.

Durchschnittliche Auswanderung seit 1933 pro Jahr: 26.750,      monatlich: 557.

 

Ziele der Judenpolitik

Vollkommene Ausschaltung der Assimilation und Förderung der Auswanderung.

Dabei sind innenpolitisch zu überwinden der Widerstand der Juden, die geistige Unterstützung der Assimilationsjuden durch Katholizismus und Teile der bekennenden Kirche , die die Lösung der Judenfrage in der Judentaufe sehen und schließlich die devisentechnischen Schwierigkeiten.

Außenpolitisch ist zu berücksichtigen der Plan zur Errichtung des Judenstaates, wodurch die Juden zur Minderheit werden können und die Absperrung der meisten Länder gegen die Judeneinwanderung.

Zu einem eventuell entstehenden Judenstaat nimmt das Reich eine ablehnende Haltung ein, da die Juden auf diplomatischem Wege den Boykott gegen den Nationalsozialismus in verstärkter Weise aufnehmen könnten.

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