Der Regierungspräsident berichtet aus Speyer
Der Regierungspräsident der Pfalz erstattet am 9. November 1937 folgenden Bericht für Oktober 1937:
Verfehlungen gegen das Heimtückegesetz (…)
Erheblich schwerer waren die Verfehlungen des 62 Jahre alten Juden Sigmund Rosenstiel aus Dahn (Bez.A. Pirmasens). Rosenstiel, von den Zeugen als der frechste Jude im Dahner Tal bezeichnet, hatte im Frühjahr 1937 einen Maurermeister mit dem Anbau einer Autogarage beauftragt. Als ihm von dem Meister gesagt wurde, daß er die baupolizeiliche Genehmigung benötige, fragte der Jude, ob dies auch zum Vierjahresplan gehöre. Auf den Hinweis, daß dies Vorschrift der Bauordnung sei, beschimpfte der Jude die Einrichtung des Vierjahresplanes mit nicht wiederzugebenden Ausdrücken und erging sich ferner in gemeinen Beschimpfungen über die Person des Generaloberst Göring . Rosenstiel hatte auch die Lieder der Bewegung als Gassenhauer gepfiffen, um damit die Bevölkerung zu ärgern. Er erhielt 8 Monate Gefängnis. [...]
Juden
Die jüdische Bevölkerung ist weiterhin im Abnehmen begriffen.
Die Juden Kurt Vollmer, Gerti Lämmle und Karl Weiß, sämtliche von Hagenbach (Bez.A. Germersheim) wanderten nach Nordamerika aus. Aus Niederkirchen (Bez.A. Kaiserslautern) ist der Jude Leo Felsenthal nach Amerika ausgewandert; der Jude Max Felsenthal aus dem gleichen Ort beabsichtigt die Auswanderung .
Die jüdische Firma Nachmann in Rülzheim (Bez.A. Germersheim) hatte am 2.10.1937 durch den genehmigten Totalausverkauf und die dadurch herabgesetzten Preise einen sehr regen Geschäftsbetrieb. Die Käufer kamen in Massen und verließen zum Ärger der national gesinnten Bevölkerung mit großen Paketen das Geschäft. Die Wut der Bevölkerung steigerte sich umsomehr, als die Juden von Rülzheim sich in der Nähe des Geschäftes auf der Straße aufhielten und mit zynischem Lächeln den Geschäftsverkehr ihres Rassegenossen Nachmann verfolgten. Es sammelten sich immer mehr Leute an, die schließlich in das Geschäft einzudringen versuchten. Die Gendarmerie Rülzheim, die herbeigeeilt war, versuchte zunächst beruhigend auf die Versammelten einzuwirken. Auf Weisung des Bezirksamts Germersheim mußte jedoch das Geschäft zur Vermeidung von Unruhen geschlossen werden. Es ist heute noch nicht geöffnet.
Der jüdische Futterhändler Ludwig Weil aus Pirmasens wurde wegen Sabotage des Vierjahresplanes festgenommen. Er hatte entgegen den Bestimmungen Weizen aufgekauft und zum Füttern seiner Hühner verwendet.