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Chronik und Quellen
1937
Oktober 1937

Bericht des SD-Abschnitts Erfurt

Am 17. Oktober 1937 gibt der SD-Abschnitt Erfurt II 112 folgenden Bericht über das Kaufhaus „Römischer Kaiser“ in erfurt ab:

In den ersten Tagen des Monats Oktober wurde die Erfurter Bevölkerung plötzlich mit der Nachricht überrascht: Das KRK ist am 1.10. in arischen Besitz übergegangen. Gleichzeitig erschienen in der Tagespresse Anzeigen, die dasselbe sagten, und es wurden Handzettel verteilt, in denen die arische Bevölkerung Erfurts zum Besuch des nunmehr arischen KRK aufgefordert wurde. Als äußeres Zeichen wurde am Geschäftshaus die Hakenkreuzflagge gezeigt. Weiter meldete eine Pressenotiz im Wirtschaftsteil der TAZ v. 3.10., daß das Unternehmen von dem bisherigen Leiter des Warenhauses Knoop in Leipzig, Hans Quehl, von einem Dr. W. Ahlburg, Berlin, und dem Bankdirektor Dr. von Zabienski, Erfurt, übernommen worden sei und in Form einer Kommanditgesellschaft mit dem Namen ''Kaufhaus Römischer Kaiser Hans Quehl und Co, Erfurt'' unter der Hauptleitung des Quehl weitergeführt werden würde.

Die Folge dieser Meldungen war, daß vom Tage der sogenannten Neueröffnung an ein Andrang von Käufern - darunter sehr viele Pg . und Angehörige der Gliederungen - im KRK eintrat, wie ihn die Besitzer selbst wohl kaum erwartet hatten. Einen kleinen Rückschlag und große Aufregung in der Bevölkerung hat dann eine in den Zeitungen einige Tage später erschienene Bekanntmachung des Amtsgerichtes hervorgerufen, aus der hervorging, daß die bisherigen Firmen ''Römischer Kaiser Immobilien-Erwerbsgesellschaft mbH'' und ''Kaufhaus Römischer GmbH'' erloschen und auf die neu gegründete Firma ''Kaufhaus Römischer Kaiser Pinthus und Arndtheim'' übergegangen sind. Die neue Firma wurde im Handelsregister A unter Nr. 3050 eingetragen und als ihre persönlich haftenden Gesellschafter die Juden Siegfried Pinthus und Artur Arndtheim vermerkt. Auf Grund dieser Bekanntmachung kam man in weiten Kreisen der Bevölkerung sofort zu der von mir gleich am Anfang vertretenen Ansicht, daß hiermit lediglich ein Theater aufgeführt wurde, um auf diese Weise die in letzter Zeit stark zurückgegangenen Umsätze der Juden wieder zu heben und den nichtarischen Charakter des Kaufhauses für die Zukunft zu verdecken.

Und diese Ansicht hat sich nunmehr bestätigt, indem heute eine weitere Bekanntmachung des Amtsgerichtes erschien, in der es u.a. heißt:

''In unser Handelsregister A ist heute (15.10.37) unter Nr. 3050 bei der offenen Handelsgesellschaft ''Kaufhaus Römischer Kaiser Pinthus und Arndtheim, Erfurt'' folgendes eingetragen worden: Der Kaufmann Hans Quehl, Erfurt, ist in die Gesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter eingetreten. Die Firma ist geändert in ''Kaufhaus Römischer Kaiser Hans Quehl und Co''.

Damit ist also zu den Gesellschaftern Pinthus und Arndtheim der Arier Quehl als neuer Gesellschafter hinzugetreten und diese nahm man zum Anlaß, die Firma in ''Kaufhaus Römischer Kaiser Hans Quehl und Co'' umzutaufen. Hinter dem Zusatz ''und Co'' sind nunmehr die beiden Juden verschwunden. Damit dürfte feststehen, daß das KRK auch weiterhin als jüdisches Unternehmen anzusehen ist. Dabei ist es m.E. ganz gleichgültig, ob später oder auch schon in einigen Tagen diese Firma in eine Kommanditgesellschaft, wie bereits am 3.10. in der Presse angekündigt wurde, umgewandelt wird. Das jetzt noch vorhandene jüdische Kapital wird sicherlich auch dann noch einen Bestandteil des Unternehmens bilden und infolgedessen die Gesellschaft ihren nichtarischen Charakter behalten.

Nach dem jetzigen Stand der Dinge muß man aber fragen, wie konnte ein Gericht die Änderung eines Firmennamens zulassen, für die eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit m.E. auf keinen Fall vorgelegen hat, sondern die lediglich erreichen sollte, daß nach außen der nichtarische Charakter der Firma verdeckt wurde. Das ganze Theater ist nichts anderes als ein grober Verstoß gegen die guten Sitten und eine freche Irreführung der Bevölkerung, durch die man unter Ausnutzung der Unkenntnis der näheren Verhältnisse neue Kunden werben will.

Auf Grund der bis jetzt vorliegenden gerichtlichen Eintragungen ist das KRK als jüdisches Unternehmen anzusehen u. es ist daher zur Bereinigung der Angelegenheit erforderlich, sofort zu unterbinden, daß von dieser Firma noch Anzeigen in den Zeitungen erscheinen und sonstige Reklame als arisches Unternehmen gemacht wird. Weiter ist notwendig, unverzüglich zu prüfen, ob das bisher Geschehene - z.B. Anbringung von Hakenkreuzfahnen, Zeitungsanzeigen als arisches Unternehmen, Kinoreklame usw. - nicht als strafbare Handlungen angesehen werden müssen und gegebenenfalls gegen die Schuldigen vorgegangen werden muß. Ferner erscheint es angebracht, daß zur Aufklärung der Bevölkerung eine entsprechende Pressenotiz gebracht wird.

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