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Chronik und Quellen
1937
April 1937

Bericht aus Wildbad

Am 16. April 1937 erstattet der Bürgermeister von Wildbad folgenden Bericht über die „Behandlung der Nichtarier in den deutschen Bädern und Kurorten“:

Die Erfahrung lehrt, daß die Juden beim Besuch von Kurorten sich besonders nach solchen Plätzen ziehen, von denen sie wegen Fehlens einer Gegenpropaganda annehmen, daß sie dort nicht gerade ungern gesehen werden. Gegen einen solchen verstärkten Zuzug bestehen schwere Bedenken. Im Hinblick hierauf und namentlich auch mit Rücksicht auf die in den benachbarten Kurorten (Baden-Baden, Freudenstadt usw.) vor einiger Zeit getroffenen Maßnahmen habe ich als Vorsitzender des Kurvereins im Einvernehmen mit den politischen Stellen (Ortsgruppenleitung und Kreisleitung) die Fremdenvermieter veranlaßt, möglichst geschlossen zu erklären, daß sie Juden als Gäste nicht aufnehmen. Gleichzeitig wurde festgelegt, daß das vom Kurverein herausgegebene Wohnungsverzeichnis, soweit es zur Verteilung in Deutschland bestimmt ist, den Aufdruck: ''In Wildbad sind Juden unerwünscht'' erhalte, und daß bei der staatl. Bäderverwaltung und beim Verkehrsbüro eine Liste der judenfreien Häuser geführt werde, um sowohl den anfragenden Juden als auch den Judengegnern, die sich vergewissern wollen, daß sie mit Juden nicht in Berührung kommen, entsprechende Auskunft erteilen zu können. Die Erklärung als judenfreies haben die Inhaber der maßgebenden größeren Betriebe abgegeben. Ein Stück des Wohnungsverzeichnisses lege ich hiermit vor.

Aus dem Wohnungsverzeichnis ist zu ersehen, daß die Staatl. Bäderverwaltung an Juden nur solche Kurmittel abgibt, bei denen eine gemeinsame Benutzung mit anderen Personen nicht in Frage kommt; die Juden sind also insbesondere von den Gesellschaftsbädern ausgeschlossen. Diese Maßnahmen, die schon seit 2 Jahren durchgeführt werden und unbedingt notwendig sind, um Zusammenstöße zu vermeiden, haben sich sehr gut bewährt.

Daß die für die Beherbergung vorgesehenen Beschränkungen nur für inländische Juden gelten sollen, ist den Beteiligten besonders bekanntgegeben worden. Deshalb ist auch für die zur Verbreitung im Auslande bestimmten Wohnungsverzeichnisse der Aufdruck: ''Juden sind unerwünscht'' nicht vorgesehen worden.

Da die Beschränkungen für die Beherbergung von Juden, die ohne jeden Zwang durch freiwillige Erklärung der Beteiligten errichtet wurden, mit den in dem Erlaß gegebenen Anweisungen vielleicht nicht völlig im Einklang stehen, obwohl sie eine notwendige und zweifellos nicht angreifbare Maßnahme darstellen, habe ich veranlaßt, daß bei dem weiteren Druck und bei der weiteren Verbreitung der Wohnungsverzeichnisse der Aufdruck ''Juden sind unerwünscht'' wegbleibt.

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