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Chronik und Quellen
1937
Januar 1937

Der Regierungspräsident berichtet aus Speyer

Der Regierungspräsident der Pfalz erstattet am 10. Februar 1937 aus Speyer folgenden Bericht für Januar 1937:

Juden

Den Ämterberichten war zu entnehmen, daß die Juden soweit sie nicht vorziehen, das Reichsgebiet zu verlassen, sich allmählich damit abzufinden beginnen, daß sie ihre frühere Rollen endgültig ausgespielt haben. Der Jude und Viehhändler [N.N.a] in Albersweiler (Bez. Amt Bergzabern), dessen Sohn [N.N.b] sich wegen Verstoßes gegen die Blutschutzgesetzgebung in Untersuchungshaft befindet, will nach Abschluß der Strafsache verziehen und hat sein Anwesen zum Verkauf gestellt.

Die Zurückdämmung des jüdischen Einflusses im Viehhandel hat für die Übergangszeit bis zur Einspielung der Viehverteilung durch arische Händler eine Absatzstockung hervorgerufen, deren Behebung im Interesse der Hochhaltung der Stimmung der landwirtschaftlichen Bevölkerung wünschenswert erscheint (vgl. Ziff. 1 a.E.)

Der jüdische Weinkommissionär [N.N.c] in Landau i.d.Pf. wurde wegen Verstoßes gegen das Blutschutzgesetz festgenommen.

Der jüdische Viehhändler Adolf Stein hat am 8.12.1936 bei dem Landwirt Arthur Wick in Weisenheim a. Sand (Bez. Amt Neustadt a.d. Weinstraße) 6 Schlachtochsen, 2 Einstellochsen und 1 Einstellrind gekauft. Das Verwiegen des Viehs auf der Gemeindewaage in Weisenheim a.Sd. wurde verweigert, weil Wick das Vieh an einen Juden verkauft hatte. Etwa Mitte Dezember war Wick bei Stein in Großkarlbach und soll dort zu Stein geäußert haben, es käme einer, der das Vieh holen wolle, der Betreffende habe am Auto ein Hakenkreuz und ein Abzeichen, er wolle einmal sehen, ob das Vieh nicht gewogen werde. Stein gab hierzu bei seiner Vernehmung an, er habe das Vieh auf dem Mannheimer Markt schon gemeldet, der Kommissionär Karl Niedermayer aus Ludwigshafen a. Rhein, der auf jedem Markt das Vieh von ihm absetze, weil er (Stein) es als Jude nicht dürfe, sei Parteimitglied, habe das Parteiabzeichen anstecken und auch eine Hakenkreuzfahne am Auto. Dieser käme und würde das Vieh abholen.

Der jüdische Manufakturwarenhändler Sally Katzenstein in Weisenheim a. Sand (Bez. Amt Neustadt a.d. Weinstraße) will abwandern und hat sein Warenlager zum Räumungsverkauf gestellt. Dabei hat er seinen Ausverkauf durch Postwurfsendungen angezeigt. Die Bevölkerung hat daran Anstoß genommen, daß die Post jüdische Reklamesendungen verteile: der Leiter der dortigen Postanstalt hat jedoch auf Vorstellungen hin erklärt, daß nach dem postgesetzlichen Bestimmungen keine Möglichkeit bestehe, die Beförderung derartiger genehmigter und den postalischen Anforderungen entsprechender Sendungen abzulehnen.

Die Auswanderungsbestrebungen der jüdischen Viehhändler im Bereich der Bezirksamtsaußenstelle Waldmohr halten an.

Der über das Vermögen einer Jüdin in Brücken (Bezirksamtsaußenstelle Waldmohr) eröffnete Konkurs wird nach einer Äußerung der Bezirksamtsaußenstelle vielen Volksgenossen die Augen über die Judenfrage öffnen, die Betreffende allgemein als sog. ''anständige Jüdin'' galt; sie sei unter Rücklassung beträchtlicher Verbindlichkeiten ausgewandert, die hinterlassenen Vermögensstücke reichen bei weitem nicht zur Deckung.

In der Synagoge in Brücken (Bezirksamtsaußenstelle Waldmohr) wurden einige Fensterscheiben von unbekannten Tätern eingeworfen nach einem Bericht der Bezirksamtsaußenstelle sind geeignete Maßnahmen getroffen worden, die eine Wiederholung dieser Vorgänge ausschließen.

Die Kopfstärke der jüdischen Bevölkerung in Neustadt a.d. Weinstraße ist um 3 Personen auf 222 gesunken, von denen sich 45 in einem jüdischen Altersheim befinden.

Das jüdische Damenkonfektionsgeschäft Strauß in Kaiserslautern, das sich früher lebhafter Inanspruchnahme erfreute, soll sicherem Vernehmen nach ab 13.2.1937 in arische Hände übergehen.

Der Jude [N.N.d] aus Niederhochstadt (Bez. Amt Landau i.d.Pf.) wurde vom Finanzamt Landau i.d.Pf. wegen Einkommenssteuerhinterziehung im Unterwerfungsverfahren mit einer Geldstrafe von 25.000 RM belegt.

Die Strafkammer des Landgerichts Landau i.d.Pf. verwarf am 11.1. die Berufung des Juden Scharff aus München gegen ein wegen Vergehens gegen die Reichsabgabeordnung ausgesprochenes Urteil. Die Berufung des Staatsanwalts, der Erhöhung des Strafmaßes auf ein Jahr Gefängnis gefordert hatte, war erfolglos.

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