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Chronik und Quellen
1935
September 1935

Der Regierungspräsident berichtet aus Koblenz

Der Regierungspräsident Koblenz erstattet am 4. Oktober 1935 folgenden Bericht für den September 1935:

Aus Kreisen der kleinen und minderbemittelten Landwirte kommen Klagen über mangelnde Viehhandelsmöglichkeiten. Danach sei kaum möglich, den Viehbestand zu ergänzen, zumal es infolge der Ausschaltung der jüdischen Viehhändler an dem erforderlichen Kapital für den Viehverkauf fehle. Christliche Viehhandelsunternehmen, die, wie es der jüdische Viehhändler zu tun pflegte, den Kaufpreis stundeten, seien nicht vorhanden und die Bedingungen der Viehleihkasse, die zwei Bürgen vorsehen, könnten nicht von jedem Landwirt erfüllt werden. Es wird zweckmäßig sein, eine Möglichkeit für erleichterte Beschaffung von Geld zum Zwecke des Viehkaufs zu schaffen.

Weiter dürfte es sich empfehlen, den Stallhandel zu verbieten, damit dem jüdischen Viehhändler die Möglichkeit genommen wird, sich an den einzelnen Landwirt heranzumachen und beim Handel im Stall seine bekannten Praktiken anzuwenden. (…)

 

Juden und Freimaurer

Die Versammlungstätigkeit der jüdischen Organisationen hatte in dem Monat August auffallend nachgelassen.

Neu gegründet wurde im Bezirk Koblenz der jüdische Kulturbund . Die Mitgliederzahl der zionistischen Vereinigungen hat sich weiterhin vergrößert.

Während im letzten Lagebericht gemeldet werden konnte, daß sich die Juden im allgemeinen zurückhaltend verhielten, mußte im August eine ganze Reihe Juden in Schutzhaft genommen werden, weil sie Gerüchte verbreiteten oder sich abfällig über Einrichtungen des Staates äußerten.

Eine Folge davon war, daß vereinzelt jüdische Geschäfte mit Inschriften versehen wurden. So in Boppard, in Bad Bertrich und in Bad Kreuznach. Über die dabei aufgetretenen Fragen ist nunmehr durch den Erlaß des Reichsministers des Innern vom 20.8. 1935 III P 3710/59 eindeutig entschieden worden.

Leider trifft man in der Judenfrage besonders in den ländlichen Bezirken auf wenig Verständnis. So ist man z. B. in Bendorf Sayn, Kreis Koblenz Land, geneigt, der Judenfrage deshalb Konzessionen zu machen, weil die dort befindliche jüdische Irrenanstalt für Sayn von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ist. Außerdem verstehen es die beiden Inhaber dieser Anstalt durch Zuwendung von bedürftigen Volksgenossen, durch Hergabe von Darlehen usw., sich die Sympathie der Bürgerschaft zu verschaffen und zu erhalten. In diesem Zusammenhange sei erwähnt, daß die jüdische Irrenanstalt fortdauernd bestrebt ist, in Sayn Grund und Boden zu erwerben, mit der Begründung, daß dieses Land für die eigene Landwirtschaft der Anstalt gebraucht werde. Ebenso versucht ein jüdischer Viehhändler in Vallendar bei Koblenz größere Flächen Land an sich zu ziehen.

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