Bericht aus dem Kreis Gelnhausen
Am 30. November 1937 berichtet der Landrat aus Gelnhausen für den Monat November „über die Lage auf dem Gebiet des Judentums“ im Kreisgebiet:
Vor der Machtübernahme haben die Juden auf das Geschäftsleben im Kreise Gelnhausen einen nicht unbedeutenden Einfluß ausgeübt, der aber seit 1933 merklich zurückgegangen ist und heute vollständig lahmliegt. Sie trieben Handel mit Vieh, besaßen Konfektions-, Weiß-, Woll-, Kurzwaren- und Schuhgeschäfte, Lebensmittel- und Landesproduktengroßhandlungen. Auch im Handwerk waren sie vertreten, wie Bäckerei, Fleischerei, Schuhmacherei.
Wie schon die Zahlen ergeben, ist der Bestand an jüdischen Einwohnern in einem Umfange zurückgegangen, daß von irgend einer Geschäftstätigkeit dieser Rasse hier kaum noch gesprochen werden kann. Die im jüdischen Besitz gewesenen Geschäfte sind durch Kauf fast ausnahmslos in den Besitz arischer Geschäftsleute übergegangen. Der Handel mit Juden hat bis auf geringe Ausnahmen aufgehört. Es fällt allerdings auf, daß jüdische Viehhändler vereinzelt noch ihre Tätigkeit ausüben. Ihr Handel beschränkt sich auffallenderweise meist auf katholische Ortschaften. Die hier zu beobachtende judenfreundliche Einstellung mag vielleicht auch noch von geldlichen Verpflichtungen herrühren, die einzelne Einwohner mit Juden verbinden.
Im großen und ganzen kann man aber sagen, daß der Handel mit Juden bis auf geringe Ausnahmen aufgehört hat. Die meisten hier noch wohnenden Juden leben in schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen und sind teilweise auf Unterstützung ihrer Rassegenossen angewiesen. Sie werden von der arischen Bevölkerung nicht mehr beachtet und leben zurückgezogen.
Größere strafbare Handlungen haben sich Juden in letzter Zeit nicht mehr zuschulden kommen lassen.