Bericht aus dem Kreis Hersfeld
Am 23. November 1937 berichtet der Landrat aus Hersfeld über die Monate September bis November zum Thema „Juden“ im Kreisgebiet:
Beifolgend werden die Listen und Aufstellungen zu 1-6 der vorgenannten Verfügung in je fünffacher Ausfertigung überreicht.
Zu 7 der Verfügung berichte ich folgendes:
Gegenüber 456 Juden im Dezember 1933 sind nach dem Stande vom 1. Oktober 1937 im Kreise Hersfeld nur noch 254 Juden wohnhaft, die sich auf 5 Gemeinden verteilen. Der Rückgang ist außer den Abgängen durch Tod in der Hauptsache auf Auswanderung sowie Abwanderung in die Großstädte zurückzuführen. Die im Kreise noch ansässigen Juden leben vorwiegend vom Handel. Das ist eigentlich auch ihre einzige Betätigung. Wenn auch der Handel mit Juden gegenüber früher stark nachgelassen hat, so gibt es doch immer noch genug Volksgenossen, insbesondere auf dem Lande, die nach wie vor mit den Juden Geschäfte tätigen. In der Zahl der jüdischen Einzelhandelsgeschäfte ist wohl ein Rückgang zu verzeichnen, wie überhaupt das Aufsuchen jüdischer Läden durch die einheimische Bevölkerung nachgelassen hat. Dafür gehen aber die Juden, soweit sie Wandergewerbescheine und Legitimationskarten besitzen, immer noch ungehindert, besonders in den Landgemeinden umher und betreiben ihren Handel. Es wird fast ausschließlich mit Vieh und Manufakturwaren gehandelt.
Die Stimmung in der Bevölkerung gegen die Juden ist z.Zt. ruhig und zurückhaltend. Von strafbaren Handlungen durch Juden ist nur über 2 Fälle zu berichten. Einmal handelt es sich um den dort bekannten Fall Tannenbaum/Stern, - Hersfeld wegen Strohschiebung, der schon einige Jahre zurückliegt und das andere Mal um den Fall Jakob Rotschild, Hersfeld wegen Devisenvergehens im September 1937. Schließlich sind noch einige weitere Fälle zu erwähnen, in denen Juden bei Ausübung ihres Handels wegen Übertretung der Vorschriften der Reichsgewerbeordnung bestraft werden mußten.