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Chronik und Quellen
1937
Dezember 1937

Bericht aus Speyer

Am 8. Januar 1938 erstattet der Regierungspräsident der Pfalz folgenden Bericht für Dezember 1937 aus Speyer:

In Ludwigshafen a. Rhein wurden 3 Versammlungen des jüdischen Synagogenrates überwacht. In diesen Kreisen wird in der letzten Zeit immer wieder davon gesprochen, daß sich die Finanzlage der hiesigen jüdischen Kultusgemeinde durch die ständige Abwanderung von Juden immer unhaltbarer gestalte. Die Juden trügen sich mit dem Gedanken, die Auflösung der hiesigen Kultusgemeinde herbeizuführen, auch müsse unter Umständen an eine hypothekarische Belastung der Synagoge gedacht werden. Unter den Juden herrscht allgemein die Auffassung, daß wohl in 2 Jahren überhaupt keine Juden mehr in Ludwigshafen a. Rhein seien.

Nach einem Berichte der NSZ-Rheinfront vom 17.12.1937 war seit Frühjahr 1935 eine im Jahre 1901 geborene Frau bei dem 36 Jahre alten verheirateten Volljuden Dr. Hans Heinrich Wolff in Ludwigshafen a. Rhein beschäftigt. Sie kam regelmäßig 2 Mal wöchentlich ganz- und halbtägig. Als am 15.9.1935 das Gesetz zum Schutze des Deutschen Blutes und der deutschen Ehre erlassen worden war, behielt der Juden die Frau noch weiterhin in seinen Diensten. Im November 1935 erging die Ausführungsbestimmung zu diesem Gesetz, nach der es gestattet wurde, solche weibliche Personen zu behalten, welche bis zum 31.12.1935 das 35. Lebensjahr vollendet haben. Auch diese Bedingung wurde von der Putzfrau nicht erfüllt. Selbst nach erfolgter Anzeige hielt es Wolff nicht der Mühe wert, die Frau zu entlassen; ja er schrieb ihr sogar eine Postkarte, seine Familie sei vom Urlaub zurückgekehrt und sie könne ihre Stelle wieder antreten. Die endgültige Entlassung erfolgte erst im November, nachdem die Anzeige gegen Wolff lief. Der Jude hatte sich nun wegen dieses Verstoßes gegen die Nürnberger Gesetze zu verantworten. Er versuchte sein Vergehen durch allerlei Ausreden zu beschönigen. So will er nicht gewußt haben, daß die Putzfrau noch keine 35 Jahre alt gewesen sei und dann verstieg er sich sogar zu der unglaublichen Behauptung, daß die Polizei ihm gestattet habe, die Frau solange zu beschäftigen, bis er polizeilichen oder gerichtlichen Bescheid erhalte. Seine ganzen Ausreden wurden ausnahmslos von den Zeugen widerlegt. Das Schöffengericht Ludwigshafen a. Rhein sprach gegen Wolff eine Gefängnisstrafe von 3 Monaten aus.

Nach einer Veröffentlichung der NSZ-Rheinfront vom 4.12.1937 wurde der Juden [N.N.a] aus Landau i.d.Pf. ein Wein- und Spritgroßhändler, wegen Verdachtes der Zollsteuerhinterziehung in Untersuchungshaft genommen und in das Landauer Gefängnis eingeliefert. Wie man hört, soll es sich um große Summen hinterzogener Steuern handeln.

In Speyer wurden vor einigen jüdischen Geschäften in der Hauptstraße an den Hauptverkehrstagen vor Weihnachten die Kauflustigen von den einzelnen Personen gewarnt. Die jüdischen Ladeninhaber scheinen sich aber mit den Belästigungen selbst abgefunden zu haben. Die Ruhe wurde nicht gestört, zu Ansammlungen kam es nicht.

Wegen Verdachts der Rassenschande wurde anfangs Dezember 1937 der ledige Volljude und Hausierer [N.N.b], wohnhaft in Weisenheim am Sand (Bez. Amt Neustadt a.d. Weinstraße) festgenommen.

Im Monat Dezember 1937 ist der jüdische Viehhändler Alfons Feibelmann aus Rülzheim (Bez. Amt Germersheim) mit seiner Familie und der ledigen Hausgehilfin Karoline Feibelmann nach USA ausgewandert.

Wie die Bezirksaußenstelle Waldmohr berichtet wurde im Verhalten der Juden nichts Auffälliges beobachtet. Geschäfte mit Juden werden nur noch in seltenen Fällen gemacht. Einige jüdische Viehhändler haben ihre Viehhandelsbetriebe gewerbepolizeilich abgemeldet.

Der Jude Moses Mai (früher Viehhändler) in Waldmohr ist gestorben. An der Beerdigung haben 26 männliche und 13 weibliche Juden teilgenommen. Eine Beteiligung von Deutschen wurde nicht beobachtet.

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