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Chronik und Quellen
1935
September 1935

Die Gestapo berichtet aus Aurich

Die Gestapo des Regierungsbezirks Aurich erstattet aus Wilhelmshaven folgenden Bericht für September 1935:

Nach dem Bekanntwerden des Reichsbürgergesetzes und des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes hat sich unter den Juden eine gedrückte Stimmung breitgemacht.

Zu judenfeindlichen Demonstrationen kam es in Jemgum Kreis Leer, und auf der Insel Borkum. Hierüber ist bereits besonders berichtet.

Landrat Aurich berichtet folgendes: In letzter Zeit konnte die Beobachtung gemacht werden, daß die Abwehr der jüdischen Händler stärker durchgeführt wird, als noch vor kurzem. Hierzu hat sicherlich auch die Tatsache, der im Kreise Aurich erfolgten Gründung einer Viehverwertungsgenossenschaft beigetragen. Die Juden sollen die festgesetzten Schweinehöchstpreise zum Teil dadurch umgehen, daß sie dem Metzger beispielsweise 3 RM für die Anfuhr nach Aurich bzw. den Abnahmeplatz bezahlen. Genaue Feststellungen waren dieserhalb noch nicht möglich. Einem Gendarmeriebeamten des Kreises ist mitgeteilt worden, daß die Auricher Juden zinsfreies Kapital von ihren Rassegenossen in Amerika erhalten sollen, um nach Möglichkeit den Viehhandel in der Hand zu behalten. Der frühere Landgerichtsrat Bertheim in Aurich wird hierbei als Vermittler dieser Gelder genannt. Irgendwelche Beweise für die Tätigkeit des Bertheim bzw. Feststellung über die Richtigkeit der vorgenannten Angaben konnten bisher nicht gemacht werden.

Am 20.9.35 gegen 16 Uhr traf im Hafen in Emden der von Gdingen kommende Polendampfer ''Wazawa'' [sic] (Warschau) mit 213 Passagieren (Juden) ein. Der Dampfer hat nach Übernahme von Kohlen um 23 Uhr seine Fahrt nach Le Havre (Frankreich) fortgesetzt. Der Dampfer wurde von der Wasserschutzpolizei überwacht.

Festgenommen wurde am 1. September 1935 der jüdische Viehhändler Iwan Abraham Wolff, geb. 15.2.1913 zu Aurich, wohnhaft in Aurich, Lilienstr. 12, wegen fahrlässiger Körperverletzung und Verstoßes gegen die Reichsstraßenverkehrsordnung vom 28.5.1934. Wolff hatte mit seinem Kraftrad den SA -Mann Eilert Alting, wohnhaft in [...]ortmoor, angefahren und zu Boden geworfen, wodurch er am Kopfe erheblich verletzt wurde. Der Jude wurde auf Betreiben des Rechtsanwalts merkwürdigerweise gegen die Stellung einer Sicherheit von 5.000 RM auf freien Fuß gesetzt.

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