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Chronik und Quellen
1935
September 1935

Die Polizeidirektion berichtet aus Augsburg

Die Polizeidirektion Augsburg erstattet am 1. Oktober 1935 folgenden Bericht für August und September 1935:

Von der nat. soz. Bevölkerung wurde der im Monat August begonnene Versammlungsfeldzug gegen das Judentum und die volks und staatsschädigende Wühlarbeit des politischen Katholizismus und anderer Staatsfeinde begrüßt. (...)

Von den erlassenen Gesetzen hat auch das Gesetz zum Schutze deutschen Blutes und der deutschen Ehre große Befriedigung hervorgerufen. Die an dem Gesetz interessierten Juden sind wegen des Ersatzes des Dienstpersonals in großer Besorgnis. Sie erwarten daher mit Spannung die Ausführungsbestimmungen.

 

Kulturpolitik, Presse

In der hiesigen Presse standen im Mittelpunkt der Berichterstattung die verschiedenen Reden führender Männer. So vor allem die Reden Dr. Goebbels und des Reichsinnenministers Dr. Frick in Essen Mühlheim, sowie die Reden des Führers und des Gauleiters Wagner vor der alten Garde in Rosenheim. Besonders hervorgehoben wurde auch die Rede des Reichsleiters Rosenberg vor den Thüringer Nationalsozialisten in Heiligenstadt über den politischen Katholizismus. Große Beachtung fanden in der Presse auch die Reden des Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht anläßlich der Eröffnung der Ostmesse in Königsberg und des Reichsfinanzministers bei der Eröffnung der Leipziger Messe. Starke Wiedergabe fanden die Devisenschieberprozesse, die Meldungen über staatsabträgliches Verhalten kath. Organisationen, sowie über rassenschänderisches Verhalten der Juden. Während sich die bürgerliche Presse ehem. Zentrumspresse bei diesen Meldungen durchwegs auf die Veröffentlichung der vom deutschen Nachrichtenbüro herausgegebenen Meldungen beschränkte, fügt die nationalsozialistische Presse in geeigneten Fällen Kommentare an, die die Verwerflichkeit der begangenen Handlungen nochmals brandmarkten. (…)

 

Juden, Freimaurer

In der Nacht v. 16./17.8. wurden mehrere Schaufenster des jüdischen Konfektionsgeschäftes Reindl & Co., vorm. Lämmle, in der Bahnhofstraße hier von unbekannten Tätern beschädigt. Diese haben versucht mit einem Meißel an den unteren Kanten der Scheiben Löcher einzuschlagen. Dabei ist eine Scheibe vollständig zersprungen, sodaß größerer Schaden entstanden ist.

In der Nacht v. 18./19.9. wurden an die Rolläden einiger jüdischer Geschäfte im Stadtbezirk Lechhausen mit Mennig Farbe die Worte ''Jude'' und ''Saujude'' geschmiert. Als Täter konnte der Propagandaleiter der Ortsgruppe 22, Franz Etschberger, ermittelt werden. Auf Grund des strengen Verbotes der Reichsregierung gegen Einzelaktionen wurde Etschberger vorläufig festgenommen. Er wurde dann mit einer strengen Verwarnung entlassen, nachdem diese Angelegenheit von den zuständigen Parteidienststellen behandelt wird. Ein Sachschaden ist nicht entstanden, weil die Farbe wieder entfernt werden konnte.

Die in den letzten Monaten in der nationalsozialistischen Presse wieder erschienenen Aufklärungsartikel haben bei einem großen Teil der Bevölkerung die beabsichtigte Wirkung nicht verfehlt. Besonders der Aufsehen erregende Fall ''[N.N.a]'' hat dem deutschen Volke wieder eindeutig gezeigt, welch große Gefahr das Judentum für die deutsche Rasse bedeutet. Dennoch gibt es auch jetzt noch Leute genug, die ihre Einkäufe in Judengeschäften betätigen. Von nationalsozialistisch eingestellten Kreisen wird gefordert, daß die jüdischen Geschäfte dem Publikum als solche gekennzeichnet werden müssen. Eine unbefugte Kennzeichnung solcher Geschäfte ist mit Ausnahme des Falles Etschberger in letzter Zeit nicht mehr erfolgt. Doch wurden eines Nachts vor Judengeschäften von unbekannten Tätern rote Zettel angeklebt, mit der Aufschrift: ''Wer beim Juden einkauft ist ein Volksverräter'' oder ''In 5 Minuten wird hier auf Juden geschossen''.

Das vom Reichstag in Nürnberg erlassene Gesetz zum Schutze deutschen Blutes und der deutschen Ehre hat bei den Juden große Erregung hervorgerufen. Wegen des Ersatzes des zu entlassenden Dienstpersonals sind sie in großer Besorgnis. Sie erwarten daher mit Spannung die Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz.

In hiesigen Ärztekreisen wird mißbilligt, daß es hier immer noch jüdische Ärzte gibt, die eine Kassenpraxis ausüben, obwohl sie weder Feldzugteilnehmer waren, noch vor dem Jahre 1915 eine selbständige Praxis ausgeübt haben.

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