Der Bürgermeister berichtet aus Lippstadt
Der Beürgermeister von Lippstadt erstattet am 20. August 1935 folgenden Bericht für August 1935:
Eine Betätigung jüdischer Organisationen ist im Berichtsmonate nicht erfolgt. In der Nacht vom 27. und 28. Juli wurden die Schaufensterscheiben an den jüdischen Geschäften von Neufeld und Levi in der Carl Sattler Straße mit Farbe bestrichen. Desgleichen wurde in der vom 10.8. zum 11.8.1935 an den Schaufensterscheiben des Kaufhauses Schmidts und Co (Einheitspreisgeschäft ) folgende Inschriften angebracht: ''Hinaus ihr Juden, Juden sind unsere Feinde. Deutscher, wenn Du hier einkaufst, bist Du ein Volksverräter. Juden Heraus''. In den Fällen Levi und Neufeld ist gegen zwei verdächtige Personen (Wilhelm Hoings und Hermann Johanning) Anzeige vorgelegt und an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Es ist aber zweifelhaft, ob es zu einer Verurteilung kommen wird, da das Material zur einwandfreien Überführung der Täter kaum ausreichen dürfte. Auf meinen in dieser Angelegenheit erstatteten Sonderbericht nehme ich Bezug. In dem Falle des Einheitspreisgeschäftes konnte der Täter bisher nicht ermittelt werden. Festgestellt wurde nur, daß die Farbe von der hiesigen Westfälischen Metall-Industrie AG stammt. Da jedoch jeder Betriebsangehörige an diese Farbe kommen kann, wird durch diese Feststellung die Ermittlung des Täters nicht erheblich gefördert.
Anfang August sind auch an einem Tage die Kunden der jüdischen Geschäftsleute fotografiert worden. Entsprechend den neueren Anweisungen werde ich dieses in Zukunft scharf unterbinden. Eine Veröffentlichung der fotografierten Kunden in den Tageszeitungen, wie es in anderen Städten erfolgte, hat hier nicht stattgefunden.