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Chronik und Quellen
1935
August 1935

Der Landrat berichtet aus Hersfeld

Der Landrat des Kreises Hersfeld erstattet am 20. August 1935 folgenden Bericht für Juli und August 1935:

Wenn die Juden, besonders in ländlichen Orten, in letzter Zeit wieder ein herausforderndes Auftreten an den Tag legten, so wurde andererseits bemerkt, daß Bauern mit jüdischen Händlern von neuem geschäftliche Verbindungen anknüpften.

In Niederaula wurden Juden in ihrer Behausung von unbekannten maskierten Tätern angegriffen. Aus Schenklengsfeld mußten zwei jüdische Viehhändler in Schutzhaft genommen werden. Einer von ihnen hatte ein altes Parteimitglied öffentlich schwer beleidigt. Der andere soll sich beim Viehhandel einer Äußerung bedient haben, die einen schweren Angriff gegen Volk, Staat und Partei enthält. Die Folge war, daß die Juden verprügelt wurden, nachdem 10-15 Personen in ihre Häuser eingedrungen waren, wobei, im Gegensatz zu einem Fall in Niederaula, nur geringe Sachbeschädigungen vorkamen. Es erfolgte zunächst polizeiliche Sicherheitsverwahrung. Das Strafverfahren schwebt.

In Friedewald kam es vor dem Hause des Schmiedemeisters [N.N.a] zu einer größeren Demonstration (100-150 Personen). [N.N.a] hat sein Getreide von dem von der Gemeinde gepachteten, vom Staat überlassenen Land an einen Juden verkauft und sich hartnäckig von Sammlungen ausgeschlossen. Es wurde polizeiliche Sicherheitsverwahrung nötig, die am folgenden Tag auf eigenen Antrag wiederholt werden mußte.

Es kam nur zu geringer Sachbeschädigung. Die Angelegenheit wurde durch die Erklärung des Angegriffenen, nicht mehr mit Juden zu handeln und freiwillig 50 RM für die NSV zu stiften, beigelegt.

In Niederaula kam es am 7.8. zu einem Auflauf vor dem Hause eines Juden. Er hatte eine Einwohnerin nach gegenseitiger Beleidigung beschimpft und die SA beleidigt. Nach Festnahme zur Sicherheit erließ der Amtsrichter Haftbefehl.

In Hersfeld kam es zu lebhaften Protesten vor der jüdischen Bäckerei [N.N.b] die bei einer Revision für unsauber befunden worden war.

Es zeugt von Wachsamkeit der Bevölkerung, wenn wie hier Aufschriften wie die: ''Juden ist Zutritt verboten'' und ''Kurbad judenfrei'' erscheinen.

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