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Chronik und Quellen
1935
August 1935

Der Landrat berichtet aus Hechingen

Der Landrat des Kreises Hechingen erstattet am 29. August 1935 folgenden Bericht für August 1935:

Auf dortige Anordnung sind in Haigerloch die Juden Leo Nördlinger und Alfred Weil in Schutzhaft genommen worden. Veranlaßt durch die wiederholten Veröffentlichungen der lokalen Presse, die sich gegen die Haigerlocher Juden richteten, haben vor etwa 14 Tagen ein Mitglied des Württbg. Sicherheitsdienstes der SS aus Stuttgart und der Kreisamtsleiter Paul aus Hechingen zur Besprechung ''der Situation der Haigerlocher Juden'' beim Bürgermeister vorgesprochen und erklärt, daß auch sie die Presseveröffentlichungen mit Hinweisen auf Anwendung von Lynchjustiz aus außen- und innenpolitischen Gründen nicht für erwünscht halten. Die Bevölkerung würde ihrer Auffassung nach richtiger handeln, wenn sie ohne großes Aufheben in der Presse den Ärgernis erregenden Juden die Fenster einschlagen würden. Im Übrigen müßten solche Leute mehr als bisher in Schutzhaft genommen werden. Der Bürgermeister hat seinerseits darauf aufmerksam gemacht, daß die etwa erforderlich werdende Inschutzhaftnahme von Personen ausschließlich die Sache der Geheimen Staatspolizei sei. Wie verlautet, ist die Stuttgarter Sicherheitsdienststelle durch den Ortsgruppenleiter der NSDAP , Justizsekretär Wohlhüte, der auch offenbar die verschiedenen Presseartikel veranlaßt hat, auf ein Eingreifen gegenüber den Haigerlocher Juden hingewiesen worden. Kurz darauf sei dann dort die Inschutzhaftnahme der beiden Juden erfolgt.

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