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Chronik und Quellen
1935
August 1935

Der Oberbürgermeister berichtet aus Fulda

Der Oberbürgermeister berichtet von Fulda erstattet am 24. August 1935 folgenden Bericht für Juli und August 1935:

Durch das in letzter Zeit zu beobachtende dreiste Auftreten der Juden und insbesondere der jüdischen Geschäftsleute wurde in den nationalsozialistischen Kreisen eine gewisse Erregung hervorgerufen. Bei dem am 11.7.1935 stattgefundenen Viehmarkte wurde durch das provozierende Auftreten verschiedener jüdischer Viehhändler ein Tumult hervorgerufen, der zur Schließung des Marktes Veranlassung gab. Besonderer Bericht ist über diese Vorkommnisse vorgelegt worden. Am 22.8.1935 fand nun der erste judenfreie Viehmarkt statt, der verhältnismäßig gut beschickt war und einen vollkommen ruhigen Verlauf nahm. Da trotz der systematischen Aufklärung immer noch Angehörige verschiedener NS-Gliederungen ihre Einkäufe in jüdischen Geschäften und Warenhäusern tätigten, wurde in nationalsozialistischen Bevölkerungskreisen eine gewisse Beunruhigung hervorgerufen. Um Einzelaktionen vorzubeugen, wurden seitens der NS-Hago zuverlässige Parteigenossen mit der Überwachung der jüdischen Geschäfte beauftragt. Im Verlauf dieser Aktion wurden die Schaufenster der jüdischen Geschäfte mit Plakaten mit dem roten Aufdruck ''Jude'' versehen. Die Überwachung wird bis zum 31.8.1935 andauern. Zwischenfälle sind bisher nicht vorgekommen. Es sind geeignete Maßnahmen getroffen, um etwaige Auswüchse zu unterbinden.

Während der Berichtszeit sind fünf Juden, davon einer nach Palästina , einer nach Frankreich, einer nach Luxemburg, einer nach der Schweiz und einer nach Italien, ausgewandert. Es sind hier 245 Ausländer und Staatenlose wohnhaft, die sich größtenteils aus polnischen Staatsangehörigen, insbesondere Juden, zusammensetzen. Staatsfeindliche Bestrebungen sind bisher nicht in Erscheinung getreten.

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