Der Regierungspräsident berichtet aus Osnabrück
Der Regierungspräsident von Osnabrück erstattet am 10. August 1935 folgenden Bericht:
Seit einer Woche nimmt ein Teil der Bevölkerung der Stadt Osnabrück in steigendem Maße eine feindselige Haltung gegen die Juden ein. Dies zeigt sich äußerlich darin, daß Personen, die jüdische Geschäft betreten, Unannehmlichkeiten ausgesetzt sind. Insbesondere werden sie fotografiert. Die Bilder gelangen alsdann öffentlich zum Aushang. Durch die Maßnahmen wird ein großer Teil der Käufer naturgemäß vom Betreten jüdischer Geschäfte zurückgehalten. In erster Linie wird das Bekleidungskaufhaus Alsberg & Co. betroffen. Es handelt sich hier um einen Betrieb, der eine Gefolgschaft von 151 Personen beschäftigt. Davon sind nur 8 Personen nichtarisch. Der tägliche Kassenrückgang des Geschäftes ist jetzt auf 70% gestiegen. Die Inhaber erklärten hier heute Morgen, den Geschäftsbetrieb unter diesen Umständen nicht weiterführen zu können. Eine Schließung dieses Geschäftes und vielleicht auch anderer Geschäfte steht unmittelbar bevor. Damit wird die große Gefolgschaft zunächst erwerbslos. Ich habe der DAF diese Tatsache mitgeteilt.
Polizeilich ist in diesen Fällen nichts auszurichten. Ich habe lediglich dafür gesorgt, daß der Verkehr auf den Straßen nicht gestört wird und tätliche Angriffe auf Personen, die sich nicht fotografieren lassen wollen, verhindert werden.