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Chronik und Quellen
1935
August 1935

Die Gestapo berichtet aus Wilhelmshaven

Die Gestapo für den Regierungsbezirk Aurich erstattet für August 1935 folgenden Bericht aus Wilhelmshaven:

In den Städten macht sich ein viel stärkeres Vortreten der Partei bemerkbar. Das findet einmal seinen Ausdruck in wiederholten Aufmärschen der Partei, sodann aber auch in einer erhöhten Agitation. Diese Agitation richtet sich gegen 2 Feinde des Nationalsozialismus, gegen die Juden und sodann gegen die politisierende Kirche, wobei der Kampf gegen den Katholizismus in den [sic] Vordergrund steht.

Der Kampf gegen reaktionäre Elemente von Seiten der Partei dauert ebenfalls weiterhin an, doch hat er nicht die Ausmaße wie gegen die bei den erwähnten Gegner des Nationalsozialismus.

Die Stimmung innerhalb der Partei und ihren Nebenorganisationen hat infolge des neu aufgeflammten Kampfes fast überall guten Auftrieb erhalten. Dies drückt sich in einer erhöhten Aktivität aus, z. B. in Aufmärschen, Kundgebungen und ähnlichem. Hervorzuheben ist, daß bei dieser Gelegenheit der ''Stürmer '' von der Partei und von der Bevölkerung weitgehend zum Kampf gegen das Judentum benutzt wird und eine sehr schnelle und ausgedehnte Verbreitung gefunden hat. (…)

 

Juden und Freimaurer

Bezüglich der Juden ist festzustellen, daß sie infolge der gegen sie betriebenen Propagandatätigkeit sehr viel zurückhaltender geworden sind. Ihr bisheriges unerhört freches Auftreten hat nachgelassen. Auch wirtschaftlich sind sie in ihrer bisherigen Stellung zurückgedrängt worden. In großen Teilen des Bezirks beherrschen sie jedoch nach wie vor den Viehhandel . Man wird sie auch vermutlich aus dieser wirtschaftlichen Stellung nur allmählich vertreiben können.

Um den verderblichen Einfluß der jüdischen Viehhändler auszuschalten, wurde in Aurich am 24.8. d.Js. eine Viehverwertungsgenossenschaft für den Kreis Aurich gebildet. Im Anschluß daran hielt die Kreisbauernschaft am 27.8. eine Versammlung der arischen Händler und Aufkäufer ab, in der Aufklärung über verschiedene Marktfragen gegeben wurden. Anschließend traten fast alle Händler und Aufkäufer der Viehverwertungsgenossenschaft bei.

Von der zionistischen Ortsgruppe in Aurich werden zur angeblichen Ausbildung für eine spätere Auswanderung nach Palästina 2 mal wöchentlich Kurse veranstaltet, in denen Unterricht in der hebräischen Sprache und über jüdische Geschichte und Palästinakunde erteilt wird.

Am 13.8.35 fand eine Versammlung der Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Emden zwecks Gründung eines jüdischen Kulturbundes statt, zu der 30 Personen erschienen waren. Einberufer war der jüdische Lehrer Julius Gottschalk, geb. 30.8.98 zu Esens, Reichsdeutscher, verh., mosaisch, wohnhaft in Emden, Gräfin-Thedastraße 4. Es wurde ein vorbereitender Ausschuß gewählt und soll in der nächsten Sitzung der Beschluß über die Gründung des Bundes gefaßt werden. Der Kulturbund Emden soll dem Reichsverband jüdischer Kulturbünde angeschlossen werden.

Am 26.8.35 fand eine Veranstaltung der Zionisten, Ortsgruppe Emden statt. Anwesend waren ungefähr 100 Personen. Die Veranstaltung ist überwacht, ein Grund zum Einschreiten lag nicht vor.

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