Bericht aus Hameln
Der Oberbürgermeister von Hameln erstattet am 24. Juli 1935 folgenden Bericht für Juli 1935:
Nachdem die Versammlungstätigkeit der Juden vollkommen eingestellt ist, gingen in der letzten Zeit ausnahmsweise viele Anträge auf Ausstellung von Reisepässen zum vorübergehenden Aufenthalt im Auslande ein. Es wurden hierbei alle möglichen Gründe für den vorübergehenden Aufenthalt im Auslande angegeben. Gegen die Ausstellung derartiger Reisepässe habe ich vom politischen Standpunkte aus grundsätzlich Bedenken. Ich vermute, daß diese Auslandsreisen in den meisten Fällen nur zu dem Zwecke ausgeführt werden um Mittel und Wege zu finden, Gelder ins Ausland zu verschieben, bezw. im Auslande Nachrichten zu verbreiten, die bestimmt dem Nationalsozialismus nicht dienlich sind.
Von den Schlachtern werden Klagen geführt, daß die Landwirte noch durchweg ihr Vieh an Juden verkaufen und mit diesen Tauschgeschäfte betreiben. Hierdurch sind wiederum die Schlachter gezwungen, mit Juden Handel zu treiben und von diesen das Schlachtvieh zu kaufen. Selbsthilfsmaßnahmen der Schlachter sind eingeleitet.
Vielfach wird Unwillen darüber zum Ausdruck gebracht, daß trotz der antijüdischen Propaganda noch sehr viele Volksgenossen ihre Einkäufe in jüdischen Geschäften tätigen. Die Juden, die ihre Geschäfte nicht aufgegeben haben, klagen auch keineswegs über geringen Umsatz. Es haben sich bislang auch erst wenige Juden entschlossen nach Palästina auszuwandern.