Bericht aus Oppeln
Der Regierungspräsident erstattet am 30. Juli 1935 aus Oppeln folgenden Bericht für Juni und Juli 1935:
Die mangelnde Zurückhaltung jüdischer Kreise und die hierdurch hervorgerufenen antisemitischen Kundgebungen im Reiche werden von der Bevölkerung naturgemäß mit Interesse verfolgt. Im ehemaligen Abstimmungsgebiet sind die Minderheiten-Schutzbestimmungen jedoch im allgemeinen durchweg in solchem Maße bekannt, daß judenfeindliche Vorfälle bisher selten waren. Aufsehen erregte ein Fall in Beuthen, über den ich besonders berichtet habe. Hier richteten sich die Kundgebungen gegen ein arisches Mädchen, welches in diesen Tagen die Ehe mit einem Juden einzugehen beabsichtigte. (…)
Juden und Freimaurer
Da sich die Juden mit Erfolg im ehemaligen Abstimmungsgebiet als Minderheit betrachten, so sind die Bemühungen zur Bekämpfung des jüdischen Einflusses äußerst schwierig. Unter allen Umständen wird versucht, der Judenschaft keine Veranlassung zu geben, die Instanzen des Genfer Abkommens anzurufen und dadurch im Erfolgsfalle einen Triumph zu buchen. Im übrigen kann berichtet werden, daß das Judentum sich vorsichtiger verhält, als im übrigen Reich. Zu beklagen ist, daß es zahlreiche arische Mädchen gibt, die sich in ein Verhältnis mit Juden einlassen, sich mit diesen gelegentlich jenseits der Grenze treffen und auch an die Eingehung einer Ehe denken. Nach wie vor bemühen sich die Juden auch, zum Wehrdienst zugelassen zu werden. Es geht das Gerücht, daß eine Kommission der jüdischen Minderheit bei den Völkerbundinstanzen die Zulassung von Juden zum Wehrdienst erwirken will.
Ferner ist aufgefallen, daß auf dem flachen Lande vielfach jugendliche Juden als landwirtschaftliche Lehrlinge festzustellen waren. Ebenso konnte beobachtet werden, daß eine Reihe landwirtschaftlicher Arbeiter beim Bauern Beschäftigung suchten und auch fanden.