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Chronik und Quellen
1935
Juli 1935

Bericht aus Koblenz

Der Regierungspräsident Koblenz erstattet am 25. Juli 1935 folgenden Bericht:

Der Polizeipräsident in Koblenz nimmt in seinem Bericht vom 12.7.1935 zu der Beschwerde wie folgt Stellung:

Im Polizeibezirk Koblenz haben sich nennenswerte Belästigungen von Juden oder Ausschreitungen gegen jüdische Geschäfte nicht ereignet. Wie die Westdeutsche Kaufhof AG dazu kommt, von einem ''Höhepunkt'' aufgetretener Schwierigkeiten vor ihrem Hause am 25. Mai 1935 zu sprechen, ist hier unerklärlich. Jedenfalls liegt ein stichhaltiger Grund dafür nicht vor. Störungen der öffentlichen Ordnung vor dem Kaufhof sind an diesem Tage nicht vorgekommen. Das zuständige Polizeirevier hat allerdings auf telefonischen Anruf der Kaufhof AG zwei Beamte mit dem Auftrage dorthin entsandt, die Ordnung und Leichtigkeit des Verkehrs vor dem Geschäft der Kaufhof AG aufrecht zu erhalten. Indessen konnten die dorthin entsandten Beamten nur eine völlig harmlose Ansammlung von 40 bis 50 Neugierigen feststellen, die von den Beamten zum Weitergehen aufgefordert, auch sofort weiter gegangen sind. Die Ansammlung war aus Anlaß des Verkaufs der Zeitschrift ''Der Stürmer '' vor dem Kaufhof entstanden. Auch der ''Stürmer''-Verkäufer ist auf die Aufforderung hin ohne weiteres weiter gegangen. Daß die in den Kaufhof ein- und ausgehenden Personen fotografiert worden sind, ist von den Beamten nicht beobachtet worden, wenn sie sich auch erinnern, eine männliche Person mit einer Leika in der Nähe des Geschäftseinganges gesehen zu haben.

Eine Auskunft dahin, daß durch eine Beschwerde der Kaufhof AG die Lage nur erschwert würde und daß eine Beschwerde nur als eine Provokation angesehen würde, um Partei und Staatsstellen gegeneinander auszuspielen, ist von hier auf keinen Fall erteilt worden. Die dahingehenden Ausführungen der Beschwerde sind ebenso unzutreffend wie die gesamte Beschwerde unbegründet ist. pp.

Das Verhalten der Polizeibeamtenschaft gegenüber jüdischen Geschäften war hier stets loyal. Überdies ist nach Eingang des Erl. des Herrn Oberpräsidenten der Rheinprovinz vom 4.6.1935 D 860 und vom 8.6.1935 D 979 noch ausdrücklich angeordnet worden, daß bei eintretenden Boykottmaßnahmen gegen jüdische Geschäfte gegen die Störer einzuschreiten sei. Bis jetzt hat ein Grund hierzu nicht vorgelegen.

gez. Unterschrift.

Ergänzend berichte ich, daß von der Geschäftsführung des hiesigen Kaufhofes wiederholt Klage darüber geführt worden ist, daß durch die Verkäufer des ''Stürmer'' der Geschäftsverkehr infolge Menschenansammlungen gestört werde. Infolgedessen sind die ''Stürmer''-Verkäufer durch Beamte der Staatspolizeistelle schon vor längerer Zeit darauf hingewiesen worden, daß im Interesse der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung ein längeres Verweilen vor dem Kaufhofe nicht zulässig sei. In der vorigen Woche mußten die Verkäufer des ''Stürmers'' erneut mündlich eindringlich verwarnt werden, weil sie öffentlich u.a. auch vor dem Kaufhof auf eine Bekanntmachung im ''Stürmer'' hinwiesen, aus der hervorging, daß die Ehefrau des Oberbürgermeisters in Koblenz im Kaufhof, einem jüdischen Geschäft, gekauft habe. Sie sind nicht im Zweifel darüber gelassen worden, daß sie im Wiederholungsfalle mit schärferen Maßnahmen zu rechnen hätten.

Eine Abschrift dieses Berichts für den Herrn Reichs- und Preußischen Wirtschaftsminister füge ich bei.

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