Bericht aus Speyer
Der Regierungspräsident Pfalz erstattet am 7. und 8. Juni 1935 seinen Bericht für April und Mai sowie seinen „Monatsbericht“ für Mai 1935 aus Speyer:
Die Zu- und Abwanderung der Juden zeigt im Regierungsbezirk im allgemeinen nichts Auffälliges. Im allgemeinen kann man eine gewisse Tendenz zur Auswanderung beobachten. Der Verwirklichung dieser Absichten stehen nur in den meisten Fällen die Geldfrage und die erforderliche Umschulung hindernd entgegen.
Am 7.4.1935 veranstaltete die ''Freie Vereinigung israelitischer Lehrer und Kantoren der Pfalz'' mit Unterstützung der Kultusgemeinde und der Synagoge Kaiserslautern ihre dritte Fortbildungskonferenz mit Maimonidesfeier . Die Tagung wurde polizeilich überwacht, doch waren Beanstandungen nicht erforderlich. Die Tagung behandelte ausschließlich religiöse Themata und deren Auslegung sowie Lehrproben und Vorträge über rituelle Gebote.
Am 9.4.1935 fand in der Synagoge zu Kaiserslautern mit Zustimmung der Bayerischen Politischen Polizei, Außenstelle Pfalz, die Gründung einer Ortsgruppe der Zionistischen Vereinigung für Deutschland statt. Der Kaufmann Wilhelm Jakon als Gründer dieser Ortsgruppe hatte vorher die unterschriftliche Erklärung abgegeben, daß die Tätigkeit nur auf den Rahmen des zionistischen Programmes und auf jüdische Rassenangehörige beschränkt werde. Zahlreiche Mitglieder sind bei dieser Ortsgruppe bereits festgestellt worden.
In einer am 14.5.1935 durch diese Ortsgruppe abgehaltenen Versammlung sprach der Generalsekretär des K.K.L. Jerusalem Dr. A. Pollack über das Thema: ''Ist Raum genug in Palästina?'' Der Redner forderte besonders die jüngeren Juden auf, nach Palästina zurückzukehren und sich dort anzusiedeln. Er gebrauchte dabei u.a. die Redewendung: ''Wir wollen endlich als freie Männer auf unserer eigenen Scholle leben und in unserer engeren Heimat ruhig sterben''.
In direktem Gegensatz hierzu steht allerdings der Vortrag des jüdischen Propagandaredners, Dr. Felix Heimann aus Berlin, der am 28.5.1935 in der Synagoge in Speyer das Thema behandelte: ''Hilfe und Aufbau, das Wohlfahrtswerk der deutschen Juden''. Heimann trat mit großem Eifer für den Verbleib der Juden in Deutschland ein und kündigte eine zunehmende Besserung der Lage und des Verhältnisses zwischen Regierung und Judentum an. Diese Ausführungen wurden von den versammelten Juden mit großer Genugtuung und Begeisterung aufgenommen. Wegen des Gegensatzes dieser Ausführungen zu den bekannten Bestrebungen der nationalsozialistischen Regierung wurde die Einleitung entsprechender Maßnahmen gegen Heimann bei der Bayer. Politischen Polizei angeregt.
Über das Flaggen der jüdischen Privat- und Geschäftshäuser ist inzwischen eine generelle Entscheidung durch die maßgebenden Stellen getroffen worden, sodaß insoweit irgendwelche Beanstandungen nicht mehr zu erfolgen brauchten.
Am 16.5.1935 fand in der Synagoge in Kaiserslautern a. Rhein und am 28.5.1935 in der Synagoge in Speyer ein Werbeabend für das Hilfswerk der deutschen Juden statt. Dabei sprach der jüdische Propagandaredner Dr. Felix Heimann aus Berlin über das Thema ''Hilfe und Aufbau, das Wohlfahrtswerk der deutschen Juden''. Heimann trat in Speyer mit großem Eifer für das Verbleiben der Juden in Deutschland ein und kündigte eine zunehmende Besserung der Lage der Juden in Deutschland und des Verhältnisses zwischen Regierung und Judentum an. Diese Ausführungen wurden von den Versammelten natürlich mit Genugtuung und Begeisterung aufgenommen. Heimann wird wegen seiner Ausführungen, die im Gegensatz zu den Bestrebungen der nationalsozialistischen Regierung stehen, als Redner nicht mehr zugelassen werden.
Der Vorstand der jüdischen Jugend in Speyer bemüht sich neuerdings um die Erlangung eines Sportplatzes für die jüdische Jugend. Seine Absichten sind auf den Sportplatz der Staatserziehungsanstalt Speyer gerichtet.