Die Gestapo berichtet
Die Gestapo für den Regierungsbezirk Breslau berichtet am 5. Juni 1935 für Mai 1935:
Die Tätigkeit der Juden war auch im Berichtsmonat äußerst rege. Es vergeht kein Tag, an dem nicht mehrere Zusammenkünfte in Vereinen jeder Art, Klubs und Gemeinschaften und geschlossenen Versammlungen stattfinden.
In Breslau wurden von unbekannten Tätern an jüdische Geschäfte rote Zettel mit der Aufschrift ''Judenladen'' geklebt. Sie geben ein Bild von der Stimmung der Bevölkerung gegen die jüdischen Geschäfte. Allgemein wird von der Geschäftswelt Klage darüber geführt, daß jüdische Unternehmen mit großen Staatsaufträgen bedacht werden und arische Firmen unberücksichtigt bleiben. So soll die jüdische Firma Leipziger & Kössler in Breslau von der Heeresverwaltung einen Auftrag zur Lieferung von 17.000 qm Linoleumbelag für die Kasernen-Neubauten in Breslau, Liegnitz und Glogau erhalten haben. Die jüdische Firma E. Meyer in Breslau soll mit erheblichen Aufträgen zur Herstellung von Uniformen von der Reichspostverwaltung beauftragt worden sein. Diese Maßnahmen seitens der Behörden sind geeignet, berechtigten Unwillen in der Bevölkerung hervorzurufen, wird doch jeder Pg , der mit Juden Verkehr hat, oder seine Einkäufe bei diesen tätigt, vom Parteigericht zur Verantwortung gezogen, jedem Volksgenossen die staatlich zugebilligte Unterstützung gekürzt oder entzogen. Nachprüfungen sind eingeleitet.
In den jüdischen Sportkreisen hat sich die Tätigkeit verstärkt. Entgegen ihren früheren Gewohnheiten tragen sie jetzt auch sportliche Wettkämpfe mit auswärtigen jüdischen Vereinen aus. Die Gründung einer Box-Abteilung steht bevor.
Aus mehreren Landkreisen der Staatspolizeistelle Oppeln wird gemeldet, daß der jüdische Verband ''Hechalutz'' Personen jüdischen Glaubens als Arbeiter in die Landwirtschaft entsendet. Nach den getroffenen Feststellungen müssen diese Personen die Landwirtschaft erlernen, um ihnen danach ihr Fortkommen in Palästina erleichtern zu können. Die Bildung von Ortsgruppen dieses Verbandes ''Hechalutz'' steht bevor. Mit der praktischen landwirtschaftlichen Arbeit verbunden ist theoretischer Unterricht in der hebräischen Sprache, in der Geschichte des Zionismus und Erdkunde-Unterricht über Palästina. Die Bewegung unterliegt ständiger Beobachtung.