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Chronik und Quellen
1935
April 1935

Bericht aus Marburg

Der Oberbürgermeister von Marburg gibt am 27. April 1935 seinen Bericht für März und April 1935 ab:

Die Israelitische Gemeinde hat im März d.Js. einige Versammlungen zur Etatberatung der Reichsbund jüdischer Frontsoldaten , Ortsgruppe Marburg und Umgebung, hatte eine geschlossene Versammlung für Mitglieder abgehalten, die sämtlich überwacht wurden und eine Veranlassung zum Einschreiten nicht gaben. Sonst sind die jüdischen Verbände, insbesondere die Jugendgruppen, nicht in Erscheinung getreten.

Der Jude [N.N.] der hier Wettergasse ein Schuhgeschäft betreibt, begann am 1.4. ds. J. mit einem ihm genehmigten Räumungs-Ausverkauf. Am gleichen Tage bekam er durch die Post Schuhpakete zugestellt. Diese Schuhe waren im Ausverkaufsverzeichnis nicht aufgeführt, bei der Lieferfirma aber bestellt, bevor das Verzeichnis der Industrie- und Handelskammer in Kassel eingereicht wurde. Unter der Bevölkerung hatte es sich herumgesprochen, daß [N.N.] bei seinem Ausverkauf Schuhwaren nachschiebe, und dieses war die Ursache der Erbitterung, bei der die Schaufenster und die Ladeneinrichtung zertrümmert wurden. Das Geschäft wurde geschlossen, und [N.N.] ist mit seiner Familie nach Wiesbaden abgereist.

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