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Chronik und Quellen
1935
März 1935

Bericht aus Anröchte

Der Bürgermeister von Anröchte erstattet am 19. März 1935 folgenden „Lagebericht“ für März 1935:

Wenn die Bauern der Lösung der Judenfrage keine Beachtung schenken und den Kern des Problems verkennen, so bricht sich erfreulicherweise in anderen Kreisen die Erkenntnis der Richtigkeit dieses Kampfes mehr Bahn. Die Kampfwochenschrift ''Der Stürmer '' ist im Orte sehr gut verbreitet. Die Vorbereitungen für die Aufstellung eines Stürmerkastens sind bereits getroffen worden. Für die überwachende Tätigkeit junger Nationalsozialisten ist ein kleines Vorkommnis aus jüngster Zeit bezeichnend, daß neben seiner bloßstellenden Wirkung der Komik nicht entbehrt.

Ein junger Friseur, der im Barbiergeschäft Münstermann als Leiter tätig ist, steht wegen des dort herrschenden regen Verkehrs der ansässigen Juden und deren zuvorkommenden Bedienung stark im Geruche der Judenfreundlichkeit. Eines Morgens war ihm das Firmenschild nebst Messingteller vor dem Geschäft entfernt und einem unfern wohnenden Juden vor dem Hause angebracht worden. Handelt es sich hier wie bei vielen anderen kleinen Begebenheiten nur um einen Schabernack, so ist die Wirkung drastisch und gut und es bleibt bei dem einfachen Manne besser haften, wie mancher tiefgründige Vortrag über Deutsche und Gastvolk.

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