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Chronik und Quellen
1935
März 1935

Bericht aus Speyer

Der Regierungspräsident der Pfalz erstattet am 8. April 1935 folgenden Lagebericht für März 1935 aus Speyer:

Der zionistische Gruppenverband Baden, Württemberg, Pfalz in Mannheim veranstaltete in einigen Städten der Pfalz, so in Kaiserslautern und Speyer, Vortragsabende mit Dr. Hans Friedenthal Berlin als Redner und mit dem Thema: ''Deutsches Judentum als Schicksal und Aufgabe.'' Während in Kaiserslautern der Vortrag in der Synagoge stattfand und keine Störung erfuhr, kam es in Speyer, wo der Vortrag im katholischen Vereinshaus abgehalten wurde, dadurch zu einer Störung, daß durch Steinwürfe ein Fenster zertrümmert wurde. Der Grund zu dieser Störung ist darin zu suchen, daß das katholische Vereinshaus in letzter Zeit wiederholt seine Räume für jüdische Versammlungen zur Verfügung gestellt hat. In Speyer war die jüdische Gemeinde auch sonst sehr rege. So fand in der Synagoge eine Morgenfeier mit dem Thema ''Schiller und seine Stellung zum Judentum und zur Bibel'' statt.

Die zionistische Vereinigung für Deutschland in Berlin traf in letzter Zeit mit Rundschreiben an die jüdischen Glaubensgenossen heran, um von ihnen eine ''Zionistensteuer''1935-03-19 zu erhalten. Zweck dieser Steuer soll sein, Arbeit und Leistung der zionistischen Vereinigung für Deutschland für das deutsche Judentum zu fördern.

Ein Gesuch des israelitischen Kulturvereins in Ludwigshafen a. Rhein, dessen Vermögen seit längerer Zeit beschlagnahmt ist, um Erlaubnis zur Wiederbetätigung wurde von der Bayerischen Politischen Polizei in München mit der Begründung abgelehnt, daß den Vereinsmitgliedern Gelegenheit gegeben sei, sich im ''jüdischen Kulturbund '' entsprechend zu betätigen.

Ein seit 1933 beschlagnahmtes Konto eines jüdischen Vereins in Speyer im Betrage von über 2.000 RM mußte auf Weisung des politischen Polizeikommandeurs wieder freigegeben werden.

Anläßlich des Heldengedenktages am 17.3.1935 wurde festgestellt, daß die Juden fast ausnahmslos schwarz weiß rot geflaggt hatten. Sie begründeten ihr Vorgehen damit, daß auch aus ihren Reihen im Weltkriege Angehörige geblieben seien. Eine Beflaggung mit der Hakenkreuzfahne wurde nirgends wahrgenommen.

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