Die Gestapo berichtet
Die Gestapo für den Regierungsbezirk Wiesbaden berichtet am 5. April 1935 für März 1935 aus Frankfurt/M.:
In der Judenfrage ist eine zunehmende Dreistigkeit in der jüdischen Presse zu beobachten, die sich vornehmlich in der (manchmal recht viel Frechheit erkennen lassenden) Kommentierung von behördlichen Erlassen und von Ausführungen führender Personen der Partei zeigt.
Die im Vormonat berichtete Anordnung, daß bei jüdischen Versammlungen in jedem Falle der zum Vortrag kommende Stoff im Wortlaut in zweifacher Ausfertigung einzureichen ist, hat zwar eine leichte Eindämmung der Versammlungswelle als Folge zu verzeichnen, doch scheuen die Juden auch diese Mühe nicht, ihre gesteigerte Vereinstätigkeit fortzusetzen. Überwachung der jüdischen Veranstaltungen wird nach wie vor durchgeführt.
Entsprechend den Anordnungen, daß den sportlichen Veranstaltungen (in Hinblick auf die Olympiade ) weitgehendst Entgegenkommen gewährt werden soll, wurde eine am 10.3.1935 im Frankfurter Stadion stattgefundene Sportveranstaltung des jüdischen Sportverbandes ''Bar Kochba '' nicht verboten. Sie verlief ohne Zwischenfälle.
Alles in allem kann gesagt werden, daß die Judenschaft versucht, die wirtschaftliche Verarmung und die Abdrängung von den arischen und staatlichen Bildungsstätten wie überhaupt von kultureller Beteiligung außerhalb ihres Kreises durch eine geistige und seelische Erstarkung ihrer jüdischen Weltanschauung wett zu machen. Dies läßt sowohl die Schülerzahl der jüdischen mittleren und höheren Schulen wie auch die Veranstaltungen von Vortragszyklen und dergleichen erkennen.
Aus den Landkreisen wird berichtet, daß der jüdische Viehhändler nach wie vor mit den Bauern seine Geschäfte macht. Teilweise ist der Einfluß der jüdischen Händler bei den Bauern in starkem Anwachsen. Die Juden zahlen Viehpreise, die über dem regulären Satz liegen. Im Zusammenhang damit erscheint es nicht allzu auffallend, daß die Juden auf dem Lande auch wieder in verstärktem Maße an Tanzlustbarkeiten und ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen.