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Chronik und Quellen
1935
Februar 1935

Bericht aus Berlin

Der Polizeipräsident Berlin erstattet am 25. März 1935 für Januar und Februar 1935 folgenden „Bericht über die Gestaltung der innerpolitischen Lage“:

Juden

Wie schon in den früheren Berichten hervorgehoben, geben die Juden mehr und mehr ihre im Jahre 1933 und z.T. auch noch im Jahre 1934 beobachtete Zurückhaltung auf. In einer Reihe von Einzelfällen wurde festgestellt, daß Juden sich gegenüber ihren Mitmenschen geradezu schikanös verhalten haben.

Besonders eigenartig berührt innerhalb des Judentums die sogenannte nationaldeutsche Richtung, die bei jeder Gelegenheit die jüdische Einsatzbereitschaft für deutsche Belange versichert und unter Berufung auf deutsches Heimatgefühl und Verbundenheit mit dem deutschen Volke hofft, ''tätig am Aufbau des Staates mitarbeiten'' zu können. In einer Veranstaltung des jüdischen Kulturbundes im ''Berliner Theater'' wurde sogar der Versuch gemacht, in den Geistesprodukten dreier jüdischer Dichter die enge Verbundenheit deutschen und jüdischen Kulturgutes unter Beweis zu stellen.

Daß die Juden ihre gesamte Anhängerschaft für ihre Ziele zu mobilisieren bestrebt sind, ergibt sich aus der ständig wachsenden Anzahl von Versammlungen, von denen im Monat Januar nicht weniger als 2.500 und im Monat Februar sogar 3.001 Versammlungen in Berlin stattgefunden haben. Selbstverständlich ist es bei einer derartig großen Anzahl von Versammlungen nicht im entferntesten möglich, alle Versammlungen auch nur flüchtig zu kontrollieren. Die meisten der Versammlungen wurden von den zionistischen Gruppen veranstaltet. Nächst den Zionisten sind die nationaldeutschen Verbände und alsdann die jüdischen Gemeinden die Veranstalter. Es wird auf die Dauer als eine übermäßige Ausnutzung der Versammlungsfreiheit angesehen werden müssen, wenn das Judentum fortfährt, durchschnittlich etwa 100 Versammlungen an jedem Tage zu veranstalten, und es werden daher Mittel gefunden werden müssen, dieser Versammlungswelle in ganz entscheidendem Umfange Einhalt zu tun.

Neben dieser Tätigkeit, die sich unter den Augen der Behörden vollzieht, ist in einem Falle auch die Verbreitung von Druckschriften festgestellt worden. Es handelte sich dabei um eine angebliche Rede des Kardinals Faulhaber , die auch in anderen Teilen Deutschlands verbreitet worden ist.

In einem weiteren Einzelfall ist bei einem Berliner Rechtsanwalt gelegentlich seiner Festnahme unter anderem die Judenfrage betreffende Schriftstücke die Begründung zum ''Entwurf eines Gesetzes über die rechtliche Stellung der Juden in Deutschland'' vorgefunden worden, die an das Rassepolitische Amt der NSDAP , Berlin SW., Lindenstr. 42, gerichtet war und in der mit sehr eingehenden Ausführungen der Einbau des Judentums in den deutschen Staat erörtert und begründet wird.

Im übrigen halten die Klagen über das wirtschafts und staatsfeindliche Wesen der Juden weiter an. Es ist daher kein Wunder, daß die jüdischen Betriebe im allgemeinen als Hochburgen antinationalsozialistischer Gesinnung anzusehen sind. Die jüdischen Geschäftsinhaber verstehen es in geschickter und unauffälliger Form, jede nationalsozialistische Propaganda zu unterbinden. Gegenüber Maßnahmen der Staatspolizeistelle und des Treuhänders der Arbeit berufen sich die Juden auf die Unzulässigkeit von Eingriffen in die Wirtschaft, und ihre Eingaben an das Reichswirtschaftsministerium sind dann auch häufig von Erfolg begleitet. Damit sinkt aber die Tätigkeit des Treuhänders der Arbeit zu einer mehr beratenden Tätigkeit herab, da ihm die Machtmittel zur Durchführung seiner Anordnung fehlen.

Die Auswanderungen der Juden nach Palästina halten an. Im Januar sind etwa 200 und im Februar 332 Juden abgefahren.

 

Emigranten

Die Zahl der in das Ausland geflüchteten Personen, die nach Überwindung des ersten Schreckens oder nach Aufzehrung ihrer im Auslande vorhandenen Mittel nach Deutschland zurückkehren, ist in den letzten Monaten weiter gewachsen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Juden.

Da es bei den aus dem Ausland zurückkehrenden Personen häufig an jeder Möglichkeit einer Kontrolle fehlt, werden nunmehr die nach einem besonders festgesetzten Stichtage zurückgekehrten Personen hinsichtlich ihres Aufenthalts im Auslande besonders nachgeprüft. Gegebenenfalls werden solche Personen in Schutzhaft genommen und in ein Gemeinschaftslager überwiesen.

Bemerkenswert ist, daß jetzt in den Vereinigten Staaten angeblich für alle deutschen Emigranten eine Kaution von je 30.000 Dollar zur Verfügung gestellt werden muß, damit sie dem Staate in keinem Falle zur Last fallen können. Die geforderte Kaution soll auch in den meisten Fällen von der jüdischen Boykottbewegung gestellt werden.

Ferner darf in diesem Zusammenhang bemerkt werden, daß immer noch unzählige Briefe mit Greuelnachrichten nach dem Ausland verschickt werden. Vielfach sind, wie bereits oben bemerkt, die Empfänger frühere deutsche Marxisten.

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