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Chronik und Quellen
1935
Januar 1935

Bericht aus Osnabrück

Am 4. Februar 1935 erstattete der Regierungspräsident Osnabrück folgenden „Lagebericht“ für Dezember 1934 und Januar 1935:

Zu Anfang dieses Jahres fand hier eine Tagung der jüdischen Frontsoldaten statt. Es sprach ein Dr. Fränkl Berlin über die Teilnahme jüdischer Soldaten am Kriege. Er brachte zum Ausdruck, daß 12.000 jüdische Frontsoldaten als echte Deutsche ihr Blut und Leben für das deutsche Vaterland geopfert hätten und daß sich jeder deutsche Jude an diesen gefallenen Kameraden ein Beispiel nehmen solle. Selbstsüchtige Ziele müßten heute ausscheiden und jeder, ob Jude oder Christ, dürfe nur den Gemeinschaftssinn pflegen und müsse zur Stärkung des Vaterlandes beitragen. Die deutschen Juden müßten ihre Hauptaufgabe darin sehen, die Jugend sittlich und moralisch aber auch körperlich zu ertüchtigen und zu echtem Deutschtum zu erziehen.

Als Hauptveranstaltung der zionistischen Richtung im Judentum ist eine Kundgebung [in] der Synagoge in Osnabrück am 17.1.1935 zu nennen. Der Redner, Dr. Hans Capell /Düsseldorf, befaßte sich ausschließlich mit der Zukunft der jüdischen Jugend und stellte fest, daß der Antisemitismus in allen europäischen Ländern immer mehr Anhänger finde. Das sei nicht auf die politische Umwälzung, sondern auf das Wirtschaftssystem zurückzuführen. Solange freie Kraftentfaltung möglich gewesen sei, habe sich der Jude behaupten können. Wenn aber die Gesetzgebung in das Wirtschaftsleben eingreife, stehe die Liquidation des Judentums bevor. Der einzige Ausweg für die jüdische Jugend sei die Berufsumschichtung und Auswanderung nach Palästina .

Ein jüdischer Religionslehrer hat einen Geschichtszyklus [sic] in Osnabrück eingerichtet, der wöchentlich einmal stattfindet. Weiterhin veranstaltete der Kulturbund deutscher Juden einen Kammermusikabend.

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