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Chronik und Quellen
1937
September 1937

September 1937

Wie üblich, stand der September auch 1937 zunächst wieder im Zeichen des jährlichen Reichsparteitages der NSDAP in Nürnberg, der am 6. des Monats unter dem Motto „Parteitag der Arbeit“ mit einem Festakt eröffnet wurde und bis zum 13. September dauerte. In seinem Rahmen gab Propagandaminister Joseph Goebbels am 7. September die ersten Träger des „Deutschen Nationalpreises für Kunst und Wissenschaft“ bekannt, zu denen auch NSDAP-Chefideologe Alfred Rosenberg zählte. Am 9. September manifestierte sich der NS-Größenwahn, als Adolf Hitler auf dem Parteitagsgelände den Grundstein für das von Albert Speer entworfene „Deutsche Stadion“ legte, das nach Fertigstellung 400.000 Zuschauer fassen soll!

Auch sonst mochte man es groß. So stellten die Junkers-Werke stellen in Dessau am 17. September mit der „Ju 90“ ihr neues viermotoriges „Großraum-Verkehrsflugzeug“ vor, das bis zu 40 Passagieren Platz bot.

Auch nach außen hin war das NS-Regime bestrebt, Eindruck zu machen. Als der auf den 25. September terminierte fünftägige Staatsbesuch des italienischen Duce und Ministerpräsidenten Benito Mussolini feststand, ordnete Propagandaminister Joseph Goebbels drei Tage zuvor an, dass anlässlich dieses Ereignisses am 28. September alle Berliner Betriebe und Schulen geschlossen bleiben würden. Nachdem Hitler gemeinsam mit seinem Gast am 26. die „Abschlussschlacht“ der Herbstmanöver der Wehrmacht in Mecklenburg/Pommern besucht hatten, begaben sie sich nach Berlin, auf dessen Maifeld beide Staatsmänner zwei Tage später zu der aufgrund der durch Goebbels verordneten Maßnahmen gewaltigen Menge von rund 700 000 Menschen sprachen. Bei dieser Gelegenheit betonte Mussolini, dass weder in Italien noch im Deutschen Reich eine Diktatur herrsche.

Das erwähnte Herbstmanöver der Wehrmacht hatte bereits am 19. September begonnen. An ihm nahmen erstmals nach dem Ende des Krieges wieder alle drei Waffengattungen teil. „Selbstverständlich“, so hieß es im amtlichen Mitteilungsblatt „Gasschutz und Luftschutz“ habe bei dieser Gelegenheit „auch der zivile Luftschutz in größerem Umfang mitwirken“ müssen. Daher wurde parallel zum Manöver eine „Luftschutzwoche“ durchgeführt, in deren Rahmen am 20. September etwa in Berlin eine große Luftschutzübung mit Verdunklung und einem gestellten Angriff feindlicher Bomber durchgeführt wurde.

 

Verdrängung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung

Wie nahezu jede ihm sich bietende Möglichkeit nutzte Julius Streicher, NSDAP-Gauleiter von Franken und als Herausgeber des Hetzblattes „Der Stürmer“ einer der aktivsten Antisemiten im Reichsgebiet, auch seine Rede anlässlich der am 5. September erfolgenden Einweihung der Wilhelm-Gustloff-Brücke in Nürnberg zu neuerlichen antijüdischen Ausfällen: „Schauen Sie den Weg an, den das jüdische Volk seit Jahrtausenden geht: Überall Mord, überall Massenmord!“ Auch hinter allen Kriegen der Gegenwart stünde „der jüdische Finanzmann“, der ausschließlich seine Ziele und Interessen verfolge. Auch wenn dich „der Jude“ im Reichsgebiet mittlerweile nicht mehr so offen zeigen wie zuvor, sei es jedoch - so warnte der notorische Antisemit - „falsch, wenn wir sagen wollten, der Sieg sei errungen! Der Sieg ist erst dann ganz und endgültig errungen, wenn die ganze Welt vom Juden frei ist!“.

Vier Tage später betätigte Propagandaminister Joseph Goebbels die antisemitische Klaviatur, indem er am 9. September in seiner Rede während des 9. Reichsparteitag der NSDAP in Nürnberg behauptete, eine „politische, kulturelle, moralische und intellektuelle Infektion größten Stils sei dabei, einen ganzen Erdteil zu zerstören“. Damit war natürlich das Judentum gemeint, weswegen Goebbels den spanischen Diktator Franco lobte, der im Rahmen des dort tobenden Bürgerkrieges alles daran setze, „die Stellung Europas zur Frage des internationalen Judentums“ zu entscheiden. das eben auch „Hauptträger der bolschewistischen Weltrevolution“ sei und deshalb „seinem Wesen nach ein asoziales und parasitäres Element unter den Kulturvölkern“ darstelle. Auch in Italien, Japan, Österreich, Ungarn, Polen, Brasilien, der Türkei und in Portugal, so versuchte der NS-Propagandist seine Zuhörer glauben zu machen, habe „der Kampf um Vaterland, Freiheit, Ehre, Familie, Gott und Religion, um Kind und Frau, Schule und Erziehung, Ordnung, Sitte, Kultur und Zivilisation“ und somit gegen das Judentum bereits eingesetzt. Dem dürfe, so die Schlussfolgerung aus seiner Tirade, das deutsche Volk in nichts nachstehen.

Dem wollte natürlich auch Adolf Hitler selbst nicht nachstehen, der am 13. September im Rahmen seiner Schlussrede Hitlers auf dem Reichsparteitag erklärte, dass der gleiche Feind, der seinerzeit die Bildung der NSDAP notwendig gemacht habe, dem Nationalsozialismus auch heute noch gegenüber stehe. Das Judentum erschüttere die gesamte Welt nach wie vor mit revolutionären Erscheinungen, die von einer fiktiven „Zentrale“ ausgelöst und gesteuert würden. 98 Prozent der aktuellen politischen Führer der Sowjetunion, so erklärte Hitler ohne jeden Beleg, seien ebenso Juden wie die „Machthaber“ in Spanien, die er allesamt als Angehörige einer „minderwertigen und schöpferisch unbegabten Rasse“ diffamierte. Deutschland müsse alles daran setzen, dass die „bolschewistische Pest“ sich nicht weiter über Europa ausbreite, wo es keinen Platz für das Judentum als „Fremdkörper“ und dessen angeblichen Ziele gäbe.

Am gleichen Tag ermöglicht ein Erlass des Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei die Entlassung von Juden aus der „Schutzhaft“, falls sie ihre umgehende Auswanderung nach Palästina oder nach Übersee belegen können. Eine Emigration in eins der europäischen Nachbarländer reicht für eine Haftbefreiung hingegen nicht aus.

Am 23. September verbietet das Reichswirtschaftsministerium jüdischen Firmen, weiterhin Volksempfänger oder den „DAF-Empfänger“ herzustellen, Einzelteile hierfür zu liefern sowie diese Geräte als Großhändler, Einzelhändler oder Vertreter zu verkaufen.

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