Menü
Chronik und Quellen
1938
November 1938

Bericht aus Dortmund

Nach 12. November 1938 entstandener Bericht über die Zerstörung des Gemeindehauses, die Verwüstung von Wohnungen, Restaurants, Cafés und Geschäften und die Verhaftungen in Dortmund, Mordanschläge in Lünen und die Betreuung von Verletzten aus Dortmund und Duisburg im jüdischen Asyl für Altersschwache in Köln:

In Dortmund wurden vielfach die Juden nachts gezwungen, ihre Möbel selbst aus dem Fenster zu werfen und dann im Nachtanzug die zerbrochenen Stücke selbst wieder heraufzuholen. Das Gemeindehaus ist vollkommen zerstört, sämtliche Akten der Winterhilfe vernichtet, über RM 1.000,- gestohlen. Die jüdischen Restaurants und Cafés sind einfach Schutthaufen. Geschäfte sind alle zerstört, Waren auf die Straße geworfen.

In Lünen bei Dortmund sind die Horden bei einem 60-jährigen Juden namens Bruch ins Haus [einigedrungen und haben ihn „Isaac“ brüllend über den Haufen geschossen. Die Frau flüchtete ins Nebenzimmer, was mit ihr passierte, ist nicht bekannt. Die Gasrohre der Öfen wurden aus den Wänden gerissen, sodass das Gas frei ausströmen konnte. Im gegenüberliegenden Haus lag ein alter Mann im Bett. Bevor er flüchten konnte, erhielt er durch die Decke einen Bauchschuss und starb nach vier Stunden.

In Dortmund sind alle Männer von 16 bis 60 Jahren verhaftet, die nicht Verhafteten mussten sich selbst stellen. Alle wurden nach Sachsenhausen gebracht.

Berichterstatter ist nach Köln geflüchtet und hat sich, nachdem er zwei Nächte im Park zugebracht hat, ins jüdische Asyl für Altersschwache geflüchtet. Das Asyl hat jeden Tag 40 Leute aufgenommen, die herumgeirrt sind und Haussuchungen fürchteten. An Verletzten wurden u. a. eingeliefert: ein 61-jähriger Mann, der einen derartigen Schlag auf den Kopf bekommen hat, dass ein Knochensplitter ins Gehirn gedrungen ist. Nach einer Schädeloperation liegt er hoffnungslos danieder.

Herr S. aus Dortmund kam im Schlafanzug mit einer leichteren Kopfverletzung an.

Dipl. Ing. F. aus Dortmund, in dessen Wohnung alles kaputt geschlagen worden ist, wurde unter Misshandlungen 20 Minuten lang verfolgt. Er wurde, nachdem er sich im Schlafanzug in einem Auto nach Köln flüchten konnte, im Asyl aufgenommen, mit herausgebrochenem Zahn und einer Gehirnerschütterung, die durch Schläge auf den Kopf mit einem schweren Gegenstand entstanden sind.

Auch eine Frau aus Duisburg ist aufgenommen worden, deren Mann erstochen wurde.

Bericht über die Wohnungsverwüstungen und Verhaftungen in Duisburg, die verzweifelte seelische und wirtschaftliche Lage der jüdischen Familien, die Sammlung von Kunstgegenständen aus den rheinischen Synagogen durch die Kölner Gestapo, die Rekrutierung der Pogromtäter und die ablehnende Haltung einzelner Gestapo-Beamter gegenüber dem Pogrom.

Baum wird geladen...