Bericht aus Stettin
Der Regierungspräsident Stettin erstattet am 8. Januar 1935 folgenden Bericht für November/Dezember 1934:
Eine staatsfeindliche Betätigung der Juden und Freimaurer war im Berichtsmonat nicht festzustellen.
Die Versammlungstätigkeit der Juden hat indessen nicht nachgelassen. Die Staatspolizeistelle Stettin bringt hierzu folgende Ausführungen:
''Am 13.12.34 fand in Stettin eine Versammlung des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten , Ortsgruppe Stettin, statt. Rechtsanwalt Dr. Appelbaum in Stettin hielt eine Gedächtnisansprache für die im Weltkampfe gefallenen 12.000 jüdischen Frontsoldaten , in der er besonders den Frontgeist und die gute Kameradschaft mit den deutschen Kameraden hervorhob.
Am 14.12.34 tagte eine Versammlung der nichtarischen Rechtsanwälte in Stettin, an der sich 13 Rechtsanwälte beteiligten. Rechtsanwalt Dr. Appelbaum hielt einen Vortrag über ''Das Recht der landw. Entschuldung'' und über das ''Erbhofrecht''.
Politische Fragen wurden in beiden Versammlungen nicht erörtert.''
Über Boykottmaßnahmen jüdischen Geschäften gegenüber berichtet die Staatspolizeistelle dem Geheimen Staatspolizeiamt folgendes:
In letzter Zeit sind hier wiederholt Beschwerden des Zentralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens eingegangen, worin zum Ausdruck gebracht wurde, daß von Angehörigen der NSDAP jüdische Geschäfte boykottiert werden. So sollen z.B. in verschiedenen Städten des Bezirks Posten vor jüdischen Geschäften aufgestellt worden sein, die die Kunden an dem Betreten der jüdischen Warenhäuser hinderten, die eingekauften Waren kontrollierten, und die Namen der Käufer feststellten.
Um die Maßnahmen wirkungsvoll abzustellen, habe ich der Gauleitung, der SA Gruppe Pommern, der NS Hago und dem SS Abschnitt XIII in Stettin unter Beifügung je einer Abschrift des Erlasses vom 24.11.33 II E 1 230/10/1 gebeten, die Parteigenossen darauf hinzuweisen, daß ihr Verhalten schädigend wirke, da es den Juden Anlaß gäbe, dem Auslande zu berichten, daß in Deutschland tatsächlich eine Boykottbewegung gegen die Juden stattfände.