Bericht aus Minden
Der Regierungspräsident Minden erstattet am 10. Januar 1935 folgenden Bericht für November/Dezember 1934:
Wie beobachtet worden ist, macht sich ein engerer Zusammenschluß der Juden durch sogenannte Kulturabende bemerkbar. An verschiedenen Orten haben derartige Veranstaltungen in Form von Lieder- und Arienabenden des ''Kulturbundes deutscher Juden Ost-Westfalens'' stattgefunden. Die Veranstaltungen, die zum größten Teil in jüdischen Gemeindehäusern abgehalten werden, sind verhältnismäßig gut besucht. [...]
Am 9. November kam es in einem Ort im Kreise Halle i.W. zu einem Zwischenfall. Beim Rückmarsch von der Kriegerehrung wurden 2 abgebrannte Pechfackeln in den Garten eines Juden geworfen. Die Tochter des Besitzers ergriff die beiden Fackeln und warf sie zwischen die Teilnehmer des Festzuges. Die Täterin wurde festgenommen und ist nach fünftägiger Schutzhaft entlassen worden. [...]
Der Staatspolizeistelle in Bielefeld hat eine Mitteilung des Verlages der ''Stürmer '' an einen Vertreiber der Zeitung vorgelegen wonach der ''Stürmer'' vor Weihnachten insbesondere vor jüdischen Geschäften angeboten werden sollte. Hierdurch ist es in Gütersloh zu unliebsamen Zwischenfällen gekommen. Das Weihnachtsgeschäft dieser jüdischen Geschäfte ist durch die Vorfälle tatsächlich ernstlich nicht gestört worden, im Gegenteil besteht an manchen Orten die Auffassung, daß derartige Zwischenfälle für manche Teile der Bevölkerung der Anreiz sind, nun erst recht ihre Käufe in jüdischen Geschäften zu tätigen, so daß der Zweck der Aktion ins Gegenteil verkehrt wird.