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Chronik und Quellen
1934
Dezember 1934

Bericht aus Dresden

Der Polizeipräsident Dresden erstattet am 6. Dezember 1934 folgenden Wochenbericht:

1.) Der Jüdische ''Turn und Sportverein Bar Kochba Dresden'' im deutschen Makkabikreis hielt am 2.12.1934 in den Trianonsälen, Trabantengasse, ein Makkabifest ab, das von etwa 1.000 Personen besucht war und ohne Zwischenfall verlief. Zu Beanstandungen lag ein Anlaß nicht vor. Im übrigen darf auf den bereits überreichten ausführlichen Bericht Bezug genommen werden.

2.) Auf vertrauliche Weise konnte ein Stück der ''Volks Telegraphen Agentur'' Nr. 272, 2. Jahrgang vom 30.11.1934 erlangt werden. Es handelt sich hierbei um eine hektographisch vervielfältigte Maschinenschrift, die in Prag XII erscheint und sich ausschließlich mit jüdischen Belangen befaßt. Dort heißt es u.a. wie folgt: [...]

d) Die Nazis erwarten, daß die Regierungen den Boykott eindämmen. Berlin, 29. November (Z.T.A.) Die nationalsozialistische Presse bezeichnet die Londoner Unparteiische Boykott-Konferenz als ''Jüdische Arbeit'', äußert aber doch die Besorgnis über die möglichen Auswirkungen der Londoner Beschlüsse. In offenbar inspirierten Ausführungen machen mehrere Berliner und Provinz-Zeitungen die folgende Feststellung: ''Letzten Endes läuft die jüdische Boykotthetze auf eine Schädigung der Staaten hinaus, die diesem Boykott-Treiben untätig zusehen. In dem gleichen Maße, wie Deutschland auf dem Auslandsmarkt als Verkäufer seiner Waren ausfällt, kommt es natürlich auch als Käufer nicht in Frage. Bei der allgemeinen Wirtschaftskrise wird es sich aber kaum ein Land leisten können, auf die Kundschaft eines 60-Millionenvolkes ohne weiteres zu verzichten. Die gesunde Einsicht in die tatsächlichen Zusammenhänge und wirtschaftlichen Notwendigkeiten dürfte daher allmählich vollends die Oberhand gewinnen.''

e) Makkabikreis umfaßt jetzt 136 Ortsgruppen mit 21.500 Mitgliedern. Berlin, 29. November (Z.T.A.) Nach der Fusion JPD (Jüdischer Pfadfinderbund im Verband der jüdischen Jugendvereine Deutschlands) - Makkabi Hazair, die kürzlich auf der Bundesratstagung endgültig bestätigt worden ist, hat der Deutsche Makkabikreis einen beträchtlichen Mitgliederzuwachs erhalten. Der JPD, der 3.500 Mitglieder zählte und Ortsgruppen u.a. auch in 53 Orten Deutschlands besaß, in denen der Makkabi bisher noch nicht vertreten war, bringt durch seinen Beitritt den Deutschen Makkabikreis auf eine Mitgliederzahl von 21.500. Der Makkabi ist nunmehr an 136 Orten Deutschlands vertreten.

Statistik

Über die in der Berichtszeit bei der Politischen Abteilung des Polizeipräsidiums Dresden erstatteten Anzeigen und die sonst zur Bearbeitung gelangten Fälle von Vergehen Parteiangehöriger:

Gerüchte: Mißhandlungen in Hohenstein. Ein Jude habe ein Brötchen essen müssen, das mit Schuhcreme, Zahnpasta u. Rizinusöl geschmiert gewesen sei. Ein älterer Mann sei, nachdem ihm die Haare kranzförmig geschoren worden seien, über die Bretter gejagt worden.

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