Bericht aus Kassel
Am 8. August 1934 gibt der Regierungspräsident Kassel folgenden Bericht für Juli 1934 ab:
Juden, Freimaurer
Die Judenfrage spielt nach wie vor eine bedeutende Rolle. Im Geschäftsleben treten die Juden weiterhin stärker in Erscheinung. Den Viehhandel beherrschen sie wieder vollkommen. Bei den nationalsozialistischen Organisationen ist die Stellungnahme zur Judenfrage unverändert und steht vor allem hinsichtlich der Behandlung jüdischer Geschäfte öfters im Widerstreit zu den Weisungen des Herrn Reichswirtschaftsministers. Wiederholt mußte ich und die Staatspolizeistelle amtlich Boykottmaßnahmen örtlicher Stellen und örtliche Übergriffe aufheben. Im Kreise Schlüchtern und den Nachbargebieten ist durch die endgültige Enteignung der Seifenfabrik des Juden Wolf eine wesentliche Entspannung in der Judenfrage eingetreten.
Das jüdische Vereinsleben ist außerordentlich rege. Besonders eng ist der Zusammenschluß in dem Reichsbund jüdischer Frontsoldaten .
Der Gegensatz zwischen den Zionisten und den deutschen Juden tritt in der Öffentlichkeit kaum in Erscheinung, innerhalb der jüdischen Organisationen aber desto stärker. In letzter Zeit sind die zionistischen Frontkämpfer aus dem Reichsbund jüdischer Frontsoldaten ausgetreten, weil der Reichsbund jüdischer Frontsoldaten die Ziele der deutschen Juden (Z.V.) vertritt. Die Gegensätze treten auch innerhalb der Jugend hervor.
Die Stiftung und bevorstehende Verleihung des deutschen Kriegsehrenkreuzes hat unter den Juden große Freude hervorgerufen, weil auch die jüdischen Frontkämpfer für die Verleihung in Frage kommen.