Die Gestapo Kassel berichtet
Am 16. April 1934 erstattet die Gestapo für den Regierungsbezirk Kassel folgenden Bericht für die Monate Januar bis April:
Betr.: Angriffe gegen jüdische Einwohner. Ohne Erlaß
In letzter Zeit ist der Haß gegen die Juden im Bezirk der hiesigen Staatspolizeistelle wieder stärker in Erscheinung getreten und hat sich durch Ausschreitungen und Sachbeschädigungen Luft gemacht.
So wurden am 3.1.1934 im Baumbach, Kreis Rotenburg/F., bei jüdischen Familien und in der Synagoge zahlreiche Fensterscheiben zertrümmert. - s. Ft. vom 3.1.1934-10.15t, Ereignismeldung vom 3.1.34-10.15t - und Berichte vom 13.1., 20.3. und 10.4.1934-10.15t-.
Am 1. März ds. Js. wurde bei der Kasseler Färberei und Druckerei AG der jüdische Betriebsleiter Geduldiger von einem Untergebenen nach einem Wortwechsel zu Boden geschlagen. - Ereignismeldung vom 1.3.34-67.03 -.
Am 27. Februar 1934 wurde ein Landwirt in Heimboldshausen, Kreis Hersfeld, von SA -Männern schwer mißhandelt, weil er einen jüdischen landwirtschaftlichen Arbeiter beschäftigte. Von zwei anderen Bauern wurde die sofortige Entlassung der von ihnen beschäftigten Juden gefordert. - Ereignismeldung vom 5. März 1934-10.15k -.
In der Nacht vom 14. zum 15.3.1934 wurden die auf den beiden Türmen der Synagoge in Tann, Kreis Fulda, angebrachten Verkleidungen entfernt. - Ereignismeldung vom 22.3.1934-1015e -.
In Gelnhausen wurde am 27.3.1934 eine Besprechung zwischen den Beauftragten des Provinzialverbandes für jüdische Wohlfahrtspflege und Berufsumschichtung und dem Vorstand der israelitischen Gemeinde gestört. Es wurden kurz nach Beginn der Sitzung große Steine durch die Fensterscheiben in das Sitzungszimmer geworfen. - Ereignismeldung vom 5.4.34-1015h -.
In der Nacht vom 22./23.3. und vom 31.3./1.4.34 wurden in Gensungen und Felsberg, Kreis Melsungen, zahlreiche Fensterscheiben, darunter 3 Schaufensterscheiben bei jüdischen Einwohnern zertrümmert. - Ereignismeldungen vom 27.3. und 5.4.34-10.15s- und Bericht vom 9.4.34-10.15s -.
In Eschwege wurden in den letzten Tagen bei jüdischen Familien Fensterscheiben eingeworfen, Haus-Einfriedungen beschädigt und ein Jude geohrfeigt. - Ereignismeldung vom 14.4.34-10.15b -.
In der Nacht zum 14. ds. Mts. wurden bei der jüdischen Händlerswitwe Heilmann in Gelnhausen 3 Fensterscheiben durch Schottersteine eingeworfen.
Am Sonnabend, dem 14. ds. Mts. wurde gegen 8 Uhr in der Synagoge in Korbach ein Einbruch verübt. Bei diesem wurden ein rotes Gebetskleid und Bücher entwendet.
Ein Jude will zwei SS -Männer der dortigen Sportschule gesehen haben, von denen einer zusammengerollten Stoff unter dem Arm trug.
Außerdem wurden am Sonntag bei dem Kaufmann Löwenstern in Korbach 2 große Schaufensterscheiben eingeworfen. Ereignismeldung folgt.
Die Täter sind bisher nicht ermittelt, befinden sich aber fraglos in den nationalsozialistischen Teilen der Bevölkerung. Mit aller Wahrscheinlichkeit auch in der SA, SS und HJ .