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Chronik und Quellen
1934
April 1934

Bericht des Berliner Gestapa

Im Frühjahr 1934 erstattet des Gestapa Berlin folgenden Bericht über die Monate Januar bis März:

Unabhängiger Orden der Odd-Fellows. Er bestand zu rund 80 Prozent aus reinen Juden, bzw. Mitgliedern jüdischer Abstammung, die restlichen 20 Prozent setzten sich aus judenfreundlichen Ariern zusammen. In politischer Hinsicht handelte es sich bei den Mitgliedern überwiegend um sozialistische bzw. kommunistische Salonpolitiker.

Kennzeichnend für die geistige Haltung dieses Ordens ist die Verschiebung der bisher in dem Logenhause in Berlin, Alte Jakobstraße 128, untergebrachten etwa 4.000 Bände umfassenden Logenbibliothek nach der Tschechoslowakei.

Die Bibliothek wurde dem Odd-Fellows-Orden in Prag geschenkt.

In Deutschland löste sich der Unabhängige Orden der Odd-Fellows durch Beschluß vom 2.4.1933 auf. Beweggrund für diese Auflösung war der Antrag einer angeschlossenen Loge, das Arierprinzip durchzuführen. Um den größten Teil der jüdischen Ordensmitglieder nicht vor den Kopf zu stoßen, andererseits aber auch der Rassengesetzgebung des Staates nicht öffentlich entgegenzutreten, beschloß der Orden offiziell, sich aufzulösen. Durch eingehende Überwachung der früheren Ordensmitglieder hat jedoch das Geheime Staatspolizeiamt einwandfrei feststellen können, daß der Orden seine Logen getarnt weiterbestehen läßt. So wurde u.a. in Berlin eine Loge in eine als ''Jüdischer Verein Geselligkeit 1933'' bezeichnete Gemeinschaft umgebildet, während andere Mitglieder sich in der Vereinigung ''Adler'' regelmäßig trafen. Ähnliche Berichte sind von mehreren Staatspolizeistellen eingegangen. Die weitere Tätigkeit dieser Organisationen wird vom Geheimen Staatspolizeiamt überwacht.

Der getarnte Zusammenschluß geistiger Intellektueller [sic] der SPD und KPD unter jüdischem Einfluß ist der beste Beweis für die staatsfeindliche Einstellung des Ordens der Odd-Fellows. Die sich hier treffenden notorischen Staatsfeinde werden unter Ausnutzung ihrer weitreichenden internationalen Beziehungen alles daran setzen, um die staatliche Autorität zu untergraben.

 

Unabhängiger Orden Bne-Briss

Der Unabhängige Orden Bne-Briss (UOBB-IOBB - Independent Orden Bne-Briss - Unabhängiger Orden der Söhne des Bundes) ist eine rein jüdische, nach freimaurerischen System aufgezogene Organisation, die 1843 in Amerika gegründet wurde und auch heute noch von Amerika aus geleitet wird. Der Bne-Briss-Orden teilt seine Länderlogen in Distrikte ein. Deutschland bildet den VIII. Distrikt und umfaßt das deutsche Reichsgebiet einschließlich des Saargebietes und des Freistaats Danzig. Die bis zum Vertrage von Versailles zum VIII. Distrikt gehörenden Gebiete: ''Elsaß-Lothringen, Oberschlesien und Posen'' unterstehen ihm heute nicht mehr. Während Oberschlesien und Posen eine eigene Großloge konstituierten, die sich stark an den polnischen Distrikt anlehnt, ist Elsaß-Lothringen zur französischen Großloge übergetreten.

Bemerkenswert beim Bne-Briss ist, daß er gleichzeitig die Frauen der Mitglieder aufgenommen hat, diese in Schwestervereinigungen sammelt und zentral leitet. Die Zugehörigkeit eines Juden zum UOBB ist maßgebend für seine Stellung innerhalb der jüdischen Gesellschaft. Die Ablehnung der Aufnahme oder der Austritt eines Juden aus dem UOBB kommt der gesellschaftlichen Ächtung gleich und bedeutet oft auch seinen wirtschaftlichen Ruin.

In den letzten 25 Jahren war das Bestreben der Großloge des VIII. Distriktes darauf gerichtet, in ihren Reihen nicht nur die Angehörigen aller jüdisch-politischen Richtungen, sondern auch insbesondere deren Führer zu erfassen, die man nach Möglichkeit sogar in die leitenden Instanzen der Großloge einreihte. Die Großloge ist in Deutschland die finanzielle Zentrale für alle jüdischen Wohlfahrtseinrichtungen. Hauptziel des Ordens ist die Förderung der Interessen des Gesamtjudentums. Der praktische Niederschlag dieser Bestrebungen zeigt sich in der Einsetzung der Reichsvertretung der deutschen Juden, die lediglich durch das Eingreifen des Ordens möglich wurde. Der Großpräsident des Ordens ist gleichzeitig der Präsident der Reichsvertretung.6

In den Tagungen der Logenverbände des UOBB, sowie der Großloge selbst wird hauptsächlich organisatorische und jüdisch-politische Arbeit geleistet. Die Gefahr, die dieser Orden für das neue Deutschland bildet, liegt einmal darin, daß in diesem Orden die geistigen Köpfe des gesamten Judentums vereinigt sind, und zum anderen darin, daß der Orden durch seine Verbindungen mit dem Auslande, zumal die Leitung von Amerika aus erfolgt, für das Judentum ein nicht zu unterschätzendes Machtmittel bedeutet.

Abgesehen davon, daß das internationale Judentum ohnehin in dem nationalsozialistischen Staat stets seinen Gegner sehen muß, haben auch mehrere polizeiliche Maßnahmen gegen den UOBB gezeigt, daß die von ihm vertretene Geistesrichtung staatsfeindlich ist.

So wurde bei der Durchsuchung der ostpreußischen Loge in Allenstein ein Flugblatt der revolutionären Arbeiter der KPD, Ortsgruppe Allenstein, in 13facher Ausfertigung vorgefunden. Ein an einen in Zagreb wohnenden Logenbruder gerichteter Brief, der Großloge für Deutschland beweist, daß die Auslandsbeziehungen nach wie vor in vollstem Umfange betrieben werden.

Weiter gelang es einen Bericht über die Besprechung des Geschäftsausschusses des UOBB zu beschlagnahmen, aus dem hervorgeht, daß auf Anregung der Londoner Juden in London eine Loge zur Erfassung der deutschen Juden gegründet werden soll, um sie dann in die englischen Logen einzuführen. Das gleiche Verfahren soll für andere Länder nach dem Vorbild der russischen Judenorganisation im Auslande eingeführt werden. Aus dem Bericht erhellt ferner, daß in dieser Angelegenheit bereits mit London und Paris Verbindungen aufgenommen sind. Um die internationalen Verflechtungen noch inniger zu gestalten, soll den im Auslande lebenden deutschen Logenmitgliedern das Verbleiben in den bisherigen Logen gestattet werden, obwohl sie in außerdeutsche Logen eingetreten sind.

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